Jugendliche mit Migrationshintergrund als "Sorgenkinder"
Wien (pk) - Trotz internationaler Finanz- und Wirtschaftskrise konnte Österreich seine EU-weit
hervorragende Position im Bereich der Jugendbeschäftigung halten, heißt es im aktuellen Bericht des
Wirtschaftsministeriums zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung. Dennoch sei aber unübersehbar,
dass die Krise bei der Jugendbeschäftigung auch in Österreich Spuren hinterlassen hat und die österreichische
Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik vor besondere Herausforderungen gestellt ist, geben die Verfasser
gleichzeitig zu bedenken.
2009 lag Jugendarbeitslosigkeit bei 10 %
Wie aus einem Vergleich der EU-27 hervorgeht, liegt Österreich mit einer Jugendarbeitslosigkeit von
10 % im Jahr 2009 deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 19,6 % und nimmt damit hinter den Niederlanden die zweitgünstigste
Position ein. Auch der Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit fiel in Österreich (+ 2 Prozentpunkte) im vergangenen
Jahr geringer aus als in der EU insgesamt (+ 4,2 Prozentpunkte).
Der Bericht begründet diese vergleichsweise gute Integration der Jugendlichen am Arbeitsmarkt mit dem hoch
entwickelten System der beruflichen Erstausbildung und stellt fest, vor allem die duale Lehrlingsausbildung verschaffe
Österreich eine besonders gute Position im internationalen Vergleich. Trotzdem dürfe allerdings, wie
der Bericht zu bedenken gibt, nicht übersehen werden, dass von der Krise besonders die Jugendlichen betroffen
waren, deren Arbeitslosenquote wesentlich stärker gestiegen ist als jene der Älteren. Als Ursache für
diesen überproportionalen Anstieg wird dabei der Umstand angesehen, dass viele Unternehmen auch bei fehlender
Auslastung versuchen, nach Möglichkeit ihr bestehendes älteres Personal zu halten, während die Zahl
der Neueinstellungen von Jüngeren zurückgeht.
Handlungsbedarf bei Jungendlichen mit Migrationshintergrund
Eine der größten Herausforderungen für das System der österreichischen Berufsausbildung liegt
nach Einschätzung des Berichts in der Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Es sei davon
auszugehen, dass rund ein Drittel bis maximal die Hälfte der Jungendlichen mit Migrationshintergrund ohne
weiterführenden Bildungsabschluss aus dem Bildungssystem ausscheiden, während bei den Jugendlichen ohne
Migrationshintergrund dieser Anteil deutlich unter 10 % liegt, heißt es dazu. Dabei gelte es gerade auch
angesichts des bis 2016 zu erwartenden Rückgangs der 15-Jährigen und somit der Lehranfängerzahlen,
dieses besondere Potential an qualifizierten und talentierten zukünftigen Fachkräften zu nutzen, mahnt
der Bericht und verweist in diesem Zusammenhang auf die Mehrsprachigkeit als wichtige Humanressource und Wettbewerbsvorteil.
Bericht fordert weiterführende Ausbildung für alle Jugendliche
Der Bericht empfiehlt nun vor allem auch vor dem Hintergrund der als Folge der aktuellen Krise stark gestiegenen
Jugendarbeitslosigkeit eine Fortsetzung und allenfalls auch einen Ausbau der österreichischen Politik der
"Ausbildungsgarantie" mit dem Ziel, allen Jugendlichen den Abschluss einer weiterführenden
(Berufs-)Ausbildung zu ermöglichen. Der Schwerpunkt dieser Politik sollte dabei neben einem ausreichendem
und hochwertigen Angebot von berufsbildenden mittleren und höheren Schulen auf der Förderung der dualen
betrieblichen Lehrausbildung liegen.
"Berufsorientierung" als Unterrichtsgegenstand
Unmittelbaren Handlungsbedarf ortet der Bericht hinsichtlich der unzureichenden Integration von Jugendlichen mit
Migrationshintergrund in das System der beruflichen Erstausbildung. Zur Vermeidung eines frühen Ausscheidens
aus dem Bildungssystem schlagen die Verfasser vor allem den Ausbau und die Intensivierung der Berufsorientierung,
Bildungs- und Berufsberatung und die Sicherstellung eines niederschwelligen Zugangs vor. Der Bericht stellt in
diesem Zusammenhang die Einführung eines eigenen Unterrichtsgegenstands "Berufsorientierung" in
der 7. Und 8. Schulstufe zur Diskussion und gibt zu bedenken, die bisherige integrierte Form der Berufsorientierung
habe sich für benachteiligte Jugendliche als unzureichend herausgestellt. Stärker gefördert sollten
überdies auch außerschulische Berufsorientierungsangebote wie die "Schnupperlehre" werden.
Um Jugendlichen mit Migrationshintergrund einen besseren Zugang zu einer betrieblichen Lehrausbildung zu ermöglichen,
empfiehlt der Bericht auch noch weitere Maßnahmen, etwa die rechtliche und bürokratische Vereinfachung
der Beschäftigung von Lehrlingen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft, Beschäftigungsbewilligung
bzw. Arbeitserlaubnis für junge Asylwerber, spezielle Beratungs- und Coaching-Angebote sowie die Ausweitung
von Kursen zur Verbesserung der Deutschkenntnisse. |