ORF-Gesetz beschlossen  

erstellt am
17. 06. 10

Ostermayer: Wichtiger Beitrag zu rot-weiß-roter Zukunft des ORF
Gebührenrefundierung an Auflagen geknüpft
Wien (sk) - "Gerade bei einem demokratiepolitisch so wichtigen Bereich wie den Medien war es mein Ziel, eine möglichst breite Zustimmung und damit ein tragfähiges Ganzes zu erreichen", so Medienstaatssekretär Josef Ostermayer am 17.06. im Nationalrat zum Beschluss des neuen ORF-Gesetzes. Umfassend geändert werde nicht nur das ORF-Gesetz, sondern ein aus zehn Gesetzesnovellen bestehendes Gesamtpaket, darunter ein Bundesverfassungsgesetz, das erstmals eine verfassungsmäßig unabhängige Medienbehörde ermöglicht. "Das Gesetz ist ein großer Beitrag zu einer rot-weiß-roten Zukunft des ORF und anderer Medienunternehmen", betonte Ostermayer. Das Novellenpaket sei unter anderem deswegen so umfangreich, weil die EU-Richtlinie für audiovisuelle Medien damit umgesetzt wird.

Einige Kernpunkte des Gesetzes betreffen besonders die Hörer- und SeherInnen sowie die MitarbeiterInnen des ORF. Diskutiert wurde vor allem die Rückerstattung der ORF-Gebühren. In Zukunft werden dem ORF die Gebühren, die er Hörer- und SeherInnen aus sozialen Gründen erlassen hat, teilweise refundiert. Der ORF muss dafür aber bestimmte Leistungen erbringen. Beispiele dafür: Der ORF ist verpflichtet, einen Informationskanal anzubieten. Der Sportkanal muss aufrechterhalten bleiben und aktuelle Sportberichterstattung anbieten. Es besteht die Verpflichtung, mehr österreichische Produktionen zu senden und die Barrierefreiheit im Programm des ORF auszubauen. Das international anerkannte Radio-Symphonieorchester und "Rat auf Draht" sind fortzuführen. Auch eine Frauenquote von 45 Prozent ist im neuen Gesetz verankert. Der ORF ist außerdem verpflichtet, sich den technischen Veränderungen und zukünftigen Herausforderungen anzupassen. Neue Angebote werden in Zukunft einem "public value"-Test, der den Mehrwert im Sinne des öffentlich-rechtliches Auftrages prüfen wird, unterzogen. Durchgeführt wird das von der neu geschaffenen, unabhängigen Medienbehörde.

Duale Rundfunklandschaft unterstützen
Im Gesetz wurde fixiert, dass auch private kommerzielle und nicht kommerzielle Anbieter Unterstützung erhalten, in der Höhe von je fünf bzw. einer Million Euro pro Jahr. Bis zum Jahr 2013 wird dieser Betrag verdreifacht, kommerzielle Anbieter werden dann 15 Millionen Euro erhalten. "Das ist ganz wesentlich für die österreichische Medienlandschaft", betonte Ostermayer die Bedeutung der Medienvielfalt.

"All das würde nicht zustande kommen, all diese Chancen für die Seher, Höher und Leser, die Mitarbeiter der Medienunternehmen, die Filmschaffenden und für die Frauen wären gefährdet, würde dieses Gesetz nicht beschlossen. "Den heute nicht mitstimmenden Fraktionen des BZÖ und insbesondere jener der Grünen ist die Zukunft des österreichischen Films, der Regisseure, der Kameraleute, der Schauspieler und aller Filmschaffenden offensichtlich egal. Sie stellen die Musikerinnen und Musiker des Radio-Symphonie-Orchester in Frage und sprechen sich gegen höhere Barrierefreiheit für seh- und hörbehinderte Menschen im Programm des ORF aus", so der Medienstaatssekretär.

Ein wichtiges, identitätsstiftendes, österreichisches Unternehmen, das Leitmedium Österreichs, wäre in Gefahr, appellierte der Medienstaatssekretär an die Kritiker. Abschließend bedankte sich Ostermayer bei allen Klubs für ihre konstruktive Zusammenarbeit, die zu einer der umfangreichsten Reformen des Mediengesetzes der letzten Jahre geführt haben. "Mein Dank gilt auch den verantwortlichen Mitarbeitern des ORF, den Vertretern des Zeitungsverbands und allen Verhandlungsführern", so der Staatssekretär.

 

Kopf: ORF-Gesetz schafft faire Wettbewerbsbedingungen für alle
Dieses Gesetz ist nicht nur ein ORF-Gesetz, sondern ein Mediengesetz, von dem alle tangiert sind…
Wien (övp-pk) - Der ORF ist zweifellos das Leitmedium in Österreich. Mit dem zum Beschluss stehenden Gesetz mussten wir die nicht einfache Aufgabe bewerkstelligen, diesem Leitmedium für die nächsten Jahre eine gute Zukunft sicherzustellen, gleichzeitig den Anspruch erfüllen, die Medienvielfalt in Österreich zu sichern, und Fairness zwischen den Marktteilnehmern ermöglichen - also sowohl für den öffentlich rechtlichen Rundfunk als auch für private Rundfunkanstalten und Printmedien. Das ist uns mit diesem Gesetz gut gelungen, dankte ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf heute, Donnerstag, im Plenum des Nationalrates allen, die am Zustandekommen dieses Gesetzes beteiligt waren und ihre Bereitschaft zu Kompromissen gezeigt haben.

Der ORF habe als einziger Anbieter das Privileg, Gebühren einheben zu dürfen. "Das erlegt dem ORF aber auch Verpflichtungen auf, was Inhalte und Werbebeschränkungen betrifft", fuhr Kopf fort und zeigte sich in diesem Zusammenhang überzeugt, dass es "richtig aber zu spät war, die österreichischen Medienmarkt im Sinne von mehr Wettbewerb und Vielfalt für Private zu öffnen."

"Dieses Gesetz ist nicht nur ein ORF-Gesetz, sondern ein Mediengesetz, von dem alle tangiert sind, weil es faire Wettbewerbsbedingungen für alle schafft. Es ist uns gelungen, bei den Beschränkungen für die ORF-Werbung ein Maß zu finden, das für das Unternehmen eine erträgliche, machbare Aufgabe darstellt", ist Kopf überzeugt. So seien die Auflagen für die Inhalte eine Herausforderung, "die wir als Politiker wollen: die besondere Konzentration auf ein unverwechselbares, heimisches Programm bei Information und Unterhaltung."

Der ORF erhalte nun 160 Millionen Euro aus Steuergeldern - aufgeteilt auf vier Jahre. "Das ist keine Selbstverständlichkeit", so Kopf. Aber der ORF sei aus seiner Monopolstellung heraus mit Kostenstrukturen gekommen, die so nicht weiterzuführen sind. Die 160 Millionen Euro seien somit eine Art Überbrückungsgeld, das dem ORF helfen soll, die notwendig gewordenen Umstrukturierungen auch finanzieren zu können. "Nach vier Jahren ist dieser Geldfluss zu Ende. Dann muss die Unternehmensführung das Unternehmen so fit gemacht haben, dass es auch ohne staatliche Zuschüsse wirtschaftlich lebensfähig ist." Mitgegeben werde diesem Projekt eine strenge Kontrolle, "die im Sinne eines sorgsamen Umganges mit Steuergeld zwingend notwendig ist", betonte der ÖVP-Klubobmann. "Eine weisungsfreie, unabhängige Medienbehörde muss über den öffentlichen Auftrag und über die sorgsame Verwendung der Steuergelder wachen."

Das ORF-Angebot sei im Online-Bereich hervorragend. "Es ist aber keine Selbstverständlichkeit, dass ein öffentlich rechtliches Unternehmen sich so stark abseits der Programmbegleitung bewegen darf. Daher sind - europarechtlich vorgegebene - Programmeinschränkungen zu akzeptieren. Es ist privaten Anbietern gegenüber nur fair, dass der ORF nur programmbegleitende Inhalte online stellen und nicht beliebig alles darf, was Private dürfen. Diese Balance ist nötig."

Schließlich bekannte sich Kopf zur Existenz und Funktion und damit zur Finanzierung der neun Landesstudios. "Für die Werbemöglichkeiten haben wir eine faire Lösung gefunden." Auch die Aufstockung der Filmförderung und die erhöhte Förderung für private Rundfunkveranstalter hob Kopf als Beitrag für die Filmwirtschaft und für die Dualität der Medienlandschaft positiv hervor.

"Dieses Gesetz ist ein guter Beitrag für eine gesicherte Zukunft des ORF. Und es ist für den ORF gleichermaßen Chance und Herausforderung. Geschätzte Damen und Herren im ORF: Sehen Sie die Chance und nehmen Sie die Herausforderung an, damit der ORF eine gute Zukunft hat", schloss Kopf.

 

Unterreiner: Bezüglich Kulturauftrag werden wir den ORF an seinen Taten messen
Neben dem Erhalt des RSO Wien muss der ORF sich wieder verstärkt der Kunst und Kultur widmen
Wien (fpd) - "In den letzten Jahren ist der im ORF-Gesetz vorgeschriebene Kulturauftrag schmählich vernachlässigt worden. Kultursendungen sind fast verschwunden, oder man hat sie in die späten Nachtstunden verbannt. Übertragungen aus unseren Theatern und Opernhäusern sind kaum wahrnehmbar und der Tiefstand der Kulturlosigkeit war das Ansinnen, das Radio Symphonieorchester aufzulösen. Dieses Vorhaben konnte nach monatelangem Betreiben meinerseits verhindert werden", so FPÖ-Kultursprecherin NAbg. Heidemarie Unterreiner.

Es sei erfreulich und erfülle sie mit Stolz, dass der Erhalt des Radio Symphonieorchesters nun durch das neue ORF Gesetz gesetzlich verankert sei. Auch ein Schritt in die richtige Richtung sei, dass das Film und Fernsehabkommen, welches für die Österreichische Filmwirtschaft notwendig sei, nun in das neue ORF- Gesetz aufgenommen wurde. Hier gebe es den Plan, Filme, Serien und Dokumentationen, in denen auf die kulturelle Eigenart unseres Landes eingegangen werde verstärkt zu produzieren, so Unterreiner.

"Was die Umsetzung des gesamten Kulturauftrages betrifft und auch meine Forderung an den ORF, heimisches Musikschaffen in Zukunft vermehrt zu fördern, wird die Zukunft weisen - und auch, ob der ORF sich seiner Verantwortung bewusst ist. Der ORF hat die Verpflichtung als öffentlich rechtliches Fernsehen, Kunst und Kultur an alle Österreich zu vermitteln, damit alle Österreicher wissen, was sich in diesem Bereich in Österreich wirklich tut. Außerdem wäre es eine Chance für den ORF, sich von der seichten Programmgestaltung der Privatsender abzuheben und sich ein neues Profil zu geben. Ob und wie der ORF dieser Verantwortung gerecht wird, können wir aber erst in nächster Zeit beurteilen, wobei ich mich als Kultursprecherin der Freiheitlichen dazu verpflichtet fühle, diese Entwicklung mit Argusaugen zu verfolgen", so Unterreiner abschließend.

 

Grosz: Kämpfen Schulter an Schulter mit den Gebühren- und Steuerzahlern
Dieses Gesetz hätte der Anlass sein können, den ORF öffentlich-rechtlich neu aufzustellen.
Wien (bzö) - "Die Gebühren- und Steuerzahler, die schon jetzt monatlich 23,71 Euro Zwangsgebühren zahlen, erleben heute fassungslos mit, wie die rot-schwarze Bundesregierung mit den blauen Steigbügelhaltern dem ORF weitere 160 Millionen Euro in den Rachen wirft. Mit diesem ORF-Gesetz wird der ORF nicht saniert und erhält keinen öffentlich-rechtlichen Auftrag, sondern wird mit Unterstützung des Billigen Jakob, der blauen Fraktion als Handäffchen der Republik, weiter finanziert", kritisierte der stellvertretende BZÖ-Chef Abg. Gerald Grosz im Rahmen der Plenardebatte über das neue ORF-Gesetz. Grosz machte in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass FPÖ-Generalsekretär Vilimsky noch vor kurzem eine Online-Petition "Weg mit den ORF-Zwangsgebühren" durchgeführt habe. Der stv. BZÖ-Chef wies auch darauf hin, dass sich die ORF-Gebühren auf dem höchsten Stand seit der Gründung des ORF befinden, obwohl sich eine Million Menschen in der Armutsfalle und 400.000 Menschen in der Arbeitslosenfalle befinden.

Grosz betonte, dass BZÖ-Mediensprecher Stefan Petzner gut und im Interesse der Steuerzahler und der Landesstudios verhandelt habe. "Die erfolgreichen ORF-Landesstudios erbringen mit ihren Sendungen Rekordquoten, was der Wasserkopf und Zentralist ORF in Wien nicht zustande bringt. Dessen Programm - wie etwa "Mitten im Achten" - findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt", so Grosz.

"Das BZÖ ist auf der Seite der Gebührenzahler und kein Systembestandteil. Wir sind nicht die FPÖ, die den Menschen 160 Millionen Euro aus den Taschen zieht und das medienpolitische Chaos verlängert. Die FPÖ-Abgeordneten sind die Monschischis der Regierungsparteien Rot und Schwarz. Dieses Gesetz hätte der Anlass sein können, den ORF öffentlich-rechtlich neu aufzustellen. Jetzt herrscht eine unerträgliche Mischform, der ORF bekommt von allen Seiten Geld, wodurch die privaten Anbieter massiv benachteiligt werden", kritisierte der stv. BZÖ-Bündnisobmann.

Das BZÖ werde den sinnvollen Abänderungsanträgen zustimmen, nicht jedoch dem ORF-Gesetz. "Wir sind nicht der Steigbügelhalter und Billige Jakob von Rot und Schwarz, sondern kämpfen Schulter an Schulter mit den Gebühren- und Steuerzahlern", so Grosz.

 

 Mehr statt weniger Verbraucherschutz im ORF Web nötig
Dem Informationsgehalt auf den ORF-Webseiten drohen drastische Einschränkungen
Wien (ak) - Vor massiven Informationseinschnitten im ORF-Onlineangebot warnen die AK Konsumentenschützer. Wird der jüngste parlamentarische Abänderungsantrag zum ORF Gesetz umgesetzt, dann werden die gut besuchten ORF-Onlineseiten nur mehr weit dürftigere als die gewohnten Informationen anbieten können. Zum Beispiel auf den Seiten der ORF-Landesstudios nur noch ganz wenige oder gar keine Verbraucherinformationen, die gerade in Zeiten von rasanter Technikentwicklung und Finanzkrise unersetzlich sind. Daher sind solche Einschnitte für die AK völlig unbegreiflich. Auch die geplante Pflichtregistrierung von Usern in ORF-Foren widerspricht berechtigten Nutzerinteressen, so die AK.

Interessen der KonsumentInnen bleiben beim neuen ORF-Gesetz auf der Strecke - denn dem Infoportal "Futurezone" droht ein Aus. Auch andere ORF-Webangebote dürften in ihrer bewährten Form nicht weiterbestehen, wenn die ORF-Webinformationen nur noch "sendungsbegleitend" sein dürfen. Das heißt, Themen müssen in einem Radio- oder Fernsehbeitrag behandelt worden sein, damit sie - und ausdrücklich nicht "vertiefend" - auch im ORF-Internetangebot vorkommen dürfen. Dadurch wird viel thematisch Wichtiges das Publikum nicht mehr erreichen. Das könnte auch Infoangebote betreffen, die sich speziell an KonsumentInnen richten.

Verbraucherinformation und -bildung ist eine völlig unstrittige öffentliche Aufgabe und wird in Zeiten der Wirtschaftskrise, immer komplexerer Produktgestaltung und Technikentwicklung dringender und ausführlicher benötigt denn je, sagen die AK Konsumentenschützer.

Auch der Plan, Foren und Chatangebote auf der ORF-Webseite im Umfang zu beschränken, widerspricht dem Nutzerinteresse an einem - auch demokratiepolittisch wichtigen - freien Austausch über ein vielfältiges Themenspektrum. Dass sich Forennutzer künftig außerdem unter Angabe von Vor- und Nachname und der Wohnadresse registrieren müssen, ist in Zeiten wachsender Datenschutzsensibilität ebenfalls ein Rückschritt.

 

ORF-Redakteursrat: Das neue ORF-Gesetz ist eine Bankrotterklärung der Medienpolitik
Gefährdung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks - sogar verfassungsrechtlich bedenklich
Wien (orf) - Das neue ORF-Gesetz ist eine Bankrotterklärung sogenannter Medienpolitik, eine Verhöhnung des Publikums und der in Medien Arbeitenden. Da wurden eineinhalb Jahre lang von Kanzler, Vizekanzler, Staatssekretär, Landeshauptleuten, Klubobmännern, usw große Änderungen angekündigt, gab es sowohl in einer Parlamentsenquete als auch in teilweise sehr detaillierten und fundierten Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren (etwa von ÖGB und AK) etliche wesentliche Vorschläge, und jetzt kommen gesetzliche Regelungen, die teilweise sogar noch schlechter sind, als die bestehenden.

Dass die Verwirklichung einer Grundvoraussetzung eines wirklich unabhängigen ORF, eine völlig neue Konstruktion der ORF-Gremien, wie sie von den ORF-Journalisten, dem Rechnungshof, in der Parlamentsenquete, usw immer wieder gefordert wurde, am Unwillen von Politikern, die den ORF offenbar als ihr Eigentum betrachten, scheitern würde, war bald offenkundig. Dass aber selbst mit dem ORF-G 01 vorgenommene ökonomische Schwächungen des ORF nicht nur nicht zurückgenommen, sondern auch noch verstärkt werden, hätten selbst Skeptiker kaum erwartet. U. a. die - auch verfassungsrechtlich bedenkliche - Koppelung der teilweisen, befristeten Gebührenbefreiungsrefundierung an eine weitere "strukturelle Reduktion der Personalkosten" und eine "Reduktion der Pro-Kopf-Kosten" kann nur zu einer weiteren Vernichtung von (Qualitäts-)Arbeitsplätzen führen. Mit unvermeidlichen Konsequenzen für den Umfang und die Qualität der ORF-Berichterstattung, dem Kerngeschäft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Sogar noch zusätzliche Verschlechterungen statt Verbesserungen gegenüber der Regierungsvorlage sind die Amputationen des ORF-online-Angebots, die weder mit dem umfassenden - auch gesetzlichen - Informationsauftrag des ORF, noch mit journalistischer Professionalität und schon gar nicht mit zeitgemäßem Medienverständnis vereinbar sind. Dass "Berichterstattung nicht vertiefend" sein darf, ganze wesentliche Angebote, wie die besonders auch junge User erreichende Futurezone, überhaupt nicht mehr sein dürfen oder die Berichterstattung auf den ORF-Landesstudio-Seiten auf "80 Tagesmeldungen pro Bundesland pro Kalenderwoche" beschränkt wird, kann nur völliger medialer Ahnungslosigkeit oder Zerstörungswillen gegenüber öffentlich-rechtlichem Rundfunk entspringen. Dass man sich so etwas beim VÖZ wünschte ist noch irgendwie verständlich, dass diese Wünsche allerdings von einem Verhandler der ORF-Geschäftsführung und in der Folge von Medienpolitikern willfährig erfüllt werden, hätte man ursprünglich wohl selbst beim VÖZ kaum für möglich gehalten.

So wie etliche Punkte des ORF-G 01 bis heute nicht ausjudiziert sind, wird auch das neue Gesetz mit seinen zahlreichen Unklarheiten eine Fülle von Beschwerden nach sich ziehen. Nun allerdings nicht vorwiegend Werbebestimmungen, sondern untaugliche Regelungen von Online-Inhalten - also journalistische Arbeit - betreffend. Und es wird auch zu prüfen sein, ob massive Eingriffe in journalistische Grundrechte verfassungsrechtlich haltbar sind.

 

Neues ORF-Gesetz ist ein Schock für österreichische Privatsender
Regelungen über regionale ORF-Werbung sind eine Bankrotterklärung der österreichischen Medienpolitik
Wien (vöp) - In der heutigen Sitzung des Nationalrats wurde ein ORF-Gesetz beschlossen, das vom Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) aufs Schärfste kritisiert wird. Einerseits lässt die Politik dem ORF damit mehr Gebührenmittel aus dem Staatshaushalt zukommen. Andererseits wurden die Werbemöglichkeiten des ORF dramatisch ausgeweitet: Regionale TV-Werbung, die dem ORF bisher aus Gründen des Wettbewerbsschutzes verboten war, wurde zugelassen. Dadurch wurde dem ORF Zugang zu einem Werbemarkt gewährt, der bisher regionalen Medien vorenthalten war. Die Einführung von regionaler Werbung für den ORF entspricht einer signifikanten Ausweitung der täglichen Werbezeit. Zudem soll der ORF im Bereich von Product Placement oder etwa bei Sportübertragungen mehr Werbung zeigen dürfen.

Im Ergebnis führt dies dazu, dass der ORF, der schon bisher über mehr als drei Mal so viel Mittel wie alle privaten Rundfunksender zusammen verfügte, in Zukunft auf noch mehr Gelder zurückgreifen kann: Zum einen bei den leistungsunabhängigen und krisenresistenten Gebührenmitteln, zum anderen auch bei den Werbegeldern, die die einzige Finanzierungsquelle für Privatsender sind. Dieses Gesetz führt somit zu einer noch stärkeren Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der österreichischen Privatsender, die vom VÖP scharf kritisiert wird. Eine genaue wettbewerbs- und beihilfenrechtliche Prüfung, die ggf. zu einer erneuten Beschwerde bei der Europäischen Kommission führen wird, ist bereits eingeleitet.

Völlig unverständlich ist für den VÖP zudem die gesetzliche Regelung, wonach ein Kunde, der im regionalen ORF-TV wirbt, in gleichem Ausmaß bei anderen, "zu Rundfunk komplementären Medienunternehmen" werben muss. Durch diese klar verfassungswidrige Formulierung werden Privatsender explizit ausgeschlossen und andere Medien, insbesondere Printmedien, klar gesetzlich bevorzugt.

Kritik übt der VÖP außerdem am Gesetzwerdungsprozess: Vor sechs Monaten wurde ein Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt, und buchstäblich in letzter Minute wurde dieser um einen derart wesentlichen Punkt mit extrem negativen Auswirkungen auf den gesamten Rundfunkmarkt ergänzt. Dies bestätigt, dass das Begutachtungsverfahren nicht mehr als ein Feigenblatt war.

"Die Privatsender sind zur Stunde fassungslos ob dieser medienpolitischen Katastrophe", kommentiert Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP). "Wir können nicht verstehen, warum die Medienpolitik unsere Warnungen schlicht ignoriert. Doch damit nicht genug: In den letzten 10 Tagen haben 15.000 Menschen unsere Petition ‚NEIN zu mehr Werbung im ORF! NEIN zum ORF-Gesetz!' unterzeichnet, 16.000 Menschen haben uns via Facebook unterstützt. Diese Menschen müssen - ebenso wie wir - zur Kenntnis nehmen, dass die Politik unabhängig davon ihre eigenen Ziele verfolgt.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
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