Klarere und schlüssigere Lebensmittelkennzeichnung für Verbraucher   

erstellt am
17. 06. 10

Brüssel (europarl) - Lebensmittelverpackungen sollen verpflichtende Informationen zum Nährwertgehalt der Lebensmittel und Tagesbedarf enthalten. Das Parlament hat am 16.06. über einen entsprechenden Gesetzesentwurf abgestimmt. Der Vorschlag zur Einführung eines "Ampel"-Systems um den Salz-, Zucker- und Fettgehalt in verarbeiteten Lebensmitteln anzugeben, wurde allerdings abgelehnt.

Mit 559 Ja-Stimmen, 54 Nein-Stimmen und 32 Enthaltungen haben die Abgeordneten den Bericht von Renate Sommer (CDU) angenommen. Verbraucher sollen dadurch eine gut überlegte Wahl treffen können, während gleichzeitig die administrativen und finanziellen Auswirkungen für die Lebensmittelbranche so weit wie möglich eingegrenzt werden sollen.

"Für die Hersteller und Händler von Lebensmitteln ist die Vielfalt der existierenden Gesetze mittlerweile nur noch schwer überschaubar. Alle diese Missstände soll der vorliegende Verordnungsentwurf durch eine EU-weit einheitliche Lebensmittelkennzeichnung beseitigen", kommentierte Renate Sommer die Problematik.

Verpflichtende umfangreiche Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite der Verpackung
Die Abgeordneten stimmen mit der EU-Kommission dahingehend überein, dass Schlüsselinformationen zum Nährwert, wie der Energiegehalt, Fette, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz im "Hauptblickfeld der Verpackung" angegeben werden müssen. Daher sei es unbedingt erforderlich, die Energie- und Nährstoffmenge stets pro 100 g oder 100 ml anzugeben. Diese Kennzeichnung soll auch für Proteine, Kohlenhydrate und Transfette gelten. Um die Lesbarkeit der Informationen zu gewährleisten, sollen nach Forderung der Abgeordneten dabei auch Kriterien wie Schriftgröße und Abhebung vom Hintergrund berücksichtigt werden.

Kein "Ampel"-System
Der Vorschlag zur Einführung des "Ampel"-Systems ist mit klarer Mehrheit abgelehnt worden. Ein "Ampel"-System sieht vor, rote, gelbe und grüne Farben zu verwenden, um den hohen, mittleren und geringen Gehalt von Salz, Zucker und Fett in verarbeiteten Lebensmitteln anzugeben.

Angabe des Herkunftslands
Angaben zum Herkunftsland sind für bestimmte Lebensmittel wie Rindfleisch, Honig, frisches Obst und Gemüse und Olivenöl bereits verpflichtend. Die Abgeordneten unterstützen daher die Ausweitung einer entsprechenden Kennzeichnung auf Fleisch, Geflügel, Molkereiprodukte und andere Erzeugnisse aus einer Zutat. Darunter fallen auch Fleisch, Geflügel und Fisch, wenn diese als Zutat in verarbeiteten Lebensmitteln vorhanden sind. Dies könnte durch eine umfassende Folgenabschätzung bewertet werden. Fleisch solle auf den Geburts-, Haltungs- und Schlachtungsort hinweisen, fordern die Abgeordneten. Fleisch aus Schlachtung ohne Betäubung (im Hinblick auf bestimmte religiöse Traditionen) sollte ebenfalls als solches gekennzeichnet sein.

Nährstoffprofile wieder aufgenommen
Mit nur einer Stimme ist die Empfehlung des Umweltausschusses von den EU-Abgeordneten abgelehnt worden, der vorsieht, Nährwertprofile von der Gesetzgebung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben auszunehmen. Kritiker sehen diese Regelung als irreführende Werbung an, die den Verbraucher täuschen oder den Lebensmitteln falsche medizinische Eigenschaften zuschreiben würden.

Ausnahmen für nicht-vorverpackte Lebensmittel und Alkohol
Nicht-vorverpackte Lebensmittel, wie Fleisch vom Metzger, sollen nach Ansicht der Abgeordneten von den Regeln der Nährwertkennzeichnung ausgenommen werden. Von Kleinstunternehmen und von Landwirten handwerklich hergestellte Erzeugnisse sollen ebenfalls davon ausgenommen werden. Die Mehrheit der Abgeordneten fordert dies auch für alkoholische Getränke. Wegen ihres Alkoholgehalts sollen insbesondere Mixgetränke oder "Alcopops" strengen Kennzeichnungsvorschriften unterliegen und in Geschäften von alkoholfreien Getränken eindeutig getrennt positioniert sein.

Inkrafttreten des Gesetzesentwurfs
Der Gesetzesentwurf ist in der Schlussabstimmung im Parlament mit 559 Ja-Stimmen, 54 Nein-Stimmen und 32 Enthaltungen angenommen worden. Allerdings wird keine schnelle Einigung mit dem Rat erwartet, so dass der Gesetzesentwurf mit großer Wahrscheinlichkeit im Parlament in die Zweite Lesung gehen wird. Nach seiner Verabschiedung hat die Lebensmittelbranche dann drei Jahre Zeit die Regeln anzunehmen. Für kleinere Unternehmen, die am Tag des Inkrafttretens weniger als 100 Beschäftigte haben und deren Jahresumsatz 5 Millionen EUR nicht überschreitet, gelten die neuen Regeln fünf Jahre nach Inkrafttreten.
     
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