Neuregelung des Automatenglücksspiels und mehr Spielerschutz   

erstellt am
17. 06. 10

Nationalrat einstimmig für weitere Maßnahmen gegen die Spielsucht
Wien (pk) – Mit massiver Kritik an den beiden vorliegenden Novellenentwürfen zum Glücksspielgesetz eröffnete Abgeordneter Peter PILZ (G) am 16.06. die Plenardebatte über eine neue Ordnungspolitik und mehr Spielerschutz auf dem Glücksspielmarkt. Nach Ansicht des Abgeordneten werden die neuen Bestimmungen ausschließlich den Interessen der Glücksspielanbieter gerecht, während ein adäquater Spielerschutz fehle. Pilz forderte unter anderem einen Höchsteinsatz beim Automatenspiel von 50 Cent pro Spiel, eine langsamere Taktung der Spiele, klare Obergrenzen für Video-Lotterie-Terminals, ein Werbeverbot für Glücksspiel-Angebote sowie strengere Spielerschutz-Bestimmungen und legte einen entsprechenden Abänderungsantrag vor. Außerdem soll der Bund ihm zufolge den Ausgleich etwaiger Mindereinnahmen der Länder durch das Gesetz nicht garantieren.

Pilz räumte allerdings ein, dass bei den Verhandlungen über das Glücksspielgesetz im Rahmen des Finanzausschusses einige Verbesserungen gegenüber dem Regierungsentwurf erzielt wurden. So wertete er es als positiv, dass der Zutritt zu Automatenspielsalons künftig auf volljährige Personen beschränkt wird. Zudem legte er einen gemeinsamen Entschließungsantrag aller fünf Fraktionen vor. Darin wird der Finanzminister unter anderem ersucht, die Einführung einer betreiberunabhängigen Spielerkarte für alle SpielerInnen zu prüfen. Eine solche Karte könnte Pilz zufolge etwa verhindern helfen, dass jemand von einem Automatensalon einfach zu einem Video-Lotterie-Terminal wechselt, wenn er von einem Betreiber gesperrt wird, oder etwa auch zeitliche Spielbeschränkungen und persönliche Verlustlimits enthalten. Allerdings seien Datenschutzfragen penibel zu prüfen.

Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) hob die konstruktiven Verhandlungen im Finanzausschuss über das Glücksspielgesetz hervor und betonte, der Ausschuss habe sich bemüht, die Regierungsvorlage zu verbessern und nicht einfach "durchzuwinken". Er erwartet sich von den neuen ordnungspolitischen Vorgaben unter anderem eine Beendigung des bestehenden "unglaublichen Wildwuchses" im Glücksspielbereich. Kernpunkte der beiden Novellen sind laut Stummvoll mehr Spielerschutz, mehr Kontrolle und mehr Aufsicht. Positiv bewertete er außerdem die Vergabe einer eigenen Pokersalon-Konzession. In weiterer Folge für notwendig erachtet Stummvoll eine Regulierung des Online-Glücksspiels.

Abgeordnete Tanja WINDBÜCHLER-SOUSCHILL (G) gab zu bedenken, dass die vorliegenden Novellen zum Glücksspielgesetz nicht aus der Sorge heraus entstanden seien, Familien und Jugendliche vor Spielsucht und Beschaffungskriminalität zu schützen oder Wildwuchs im Glücksspielbereich einzudämmen, sondern durch die Lobbyarbeit eines privaten Unternehmers. Sie warf den Koalitionsparteien vor, in Bezug auf den Ausbau des Spielerschutzes "herumzulavieren". Ein von Windbüchler-Souschill eingebrachter Entschließungsantrag zielt auf die Einrichtung eines flächendeckenden Therapieangebots für SpielerInnen mit pathologischem oder problematischem Glücksspielverhalten ab.

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) hielt dem gegenüber fest, Ziel der vorliegenden Novellen sei es, den bestehenden Wildwuchs im Glücksspielbereich und die durch unterschiedliche gesetzliche Regelungen entstandenen Unklarheiten zu beseitigen. Auch der Spielerschutz spiele eine zentrale Rolle, ebenso die Ausweitung der ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen. Sollten die vorliegenden Spielerschutz-Bestimmungen nicht ausreichen, sind Krainer zufolge Nachjustierungen vorgesehen.

Abgeordneter Harald STEFAN (F) führte aus, die FPÖ habe sich entschlossen, der Gesetzesvorlage zuzustimmen, nachdem die Spielerschutz-Bestimmungen und die Spielsucht-Prävention verbessert worden seien. Als nach wie vor bestehende Kritikpunkte nannte er fehlende Regelungen für das Online-Glücksspiel und die Erhöhung des Einsatzes beim Automatenspiel auf 10 € pro Spiel. Dem gegenüber sind für ihn die neuen Zugangskontrollen zu Automatenspielsalons ein ausdrücklicher Pluspunkt. Auch über die gemeinsame Entschließung betreffend betreiberunabhängige Spielerkarte zeigte sich Stefan erfreut. "Alles in allem ein Weg in die richtige Richtung", so seine Conclusio.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) wies die Vorwürfe der Grünen gegen Novomatic scharf zurück und zeigte überdies kein Verständnis für den Ruf des Abgeordneten Pilz nach einem Glückspielverbot. Ein geordneter reglementierter Spielmarkt sei allemal besser als ein illegaler Spielbetrieb, der nicht kontrolliert werden könne, argumentierte Westenthaler, der das Gesetz als ordnungspolitischen Fortschritt begrüßte. Aufrecht hielt der Redner allerdings die Forderung seiner Fraktion nach einer Lizenzierung des On-line-Glückspiels.

Staatssekretär Reinhold LOPATKA meinte ebenfalls, es sei besser, ordnungspolitisch einzugreifen, als das Glücksspiel im Wissen zu verbieten, dass dann rund um Österreich an den Grenzen Glücksspieltempel aus dem Boden schießen. Er verwies weiters auf die wirtschaftliche Bedeutung des Glücksspiels und den Umstand, dass 6000 bis 8000 Arbeitsplätze in Österreich vom Spielbetrieb abhängen. Wichtig waren für Lopatka der Schutz der Kinder und Jugendlichen sowie das nunmehr mögliche wirkungsvolle Vorgehen gegen illegale Automaten. Was das On-line-Glücksspiel betrifft, kündigte Lopatka eine österreichische Regelung an für den Fall, dass es nicht gelingen werde, auf europäischer Ebene eine Lösung zu finden.

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) interpretierte das Gesetz als ersten Schritt in Richtung Spielerschutz, mehr Kontrolle und mehr Aufsicht und zeigte sich vor allem erfreut darüber, dass es dadurch gelungen ist, die Bundessportförderung finanziell auf einer Basis von 80 Mill. € abzusichern und so auch ein Signal für den Sport zu setzen.

Abgeordneter Johann MAIER (S) würdigte die Kompromissbereitschaft der ÖVP und begrüßte insbesondere die Einsetzung einer eigenen Stelle im Finanzministerium, die sich mit der Prävention und der Bekämpfung der Spielsucht beschäftigt. Als zentralen Aspekt wertete Maier die Einziehungsbestimmung des Gesetzes, die bei Verstößen gegen die Regelungen eine Beschlagnahme und Vernichtung der Automaten ermöglicht.

Abgeordneter Christian HÖBART (F) hob insbesondere die klaren Regeln für das kleine Glücksspiel, den verbesserten Jugend- und Spielerschutz und die flächendeckenden Zutrittskontrollen als positiv hervor und wies mit Nachdruck die Anschuldigungen der Grünen gegen die Firma Novomatic zurück.

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass es mit diesem Gesetz gelingen werde, gegen die Spielsucht von Jugendlichen vorzugehen, und sah dabei die neuen Bestimmungen vor allem aus dem Blickwinkel des Spielerschutzes und des damit verbunden Familienschutzes.

Abgeordneter Peter Michael IKRATH (V) gab zu bedenken, nur durch die Aufrechterhaltung des Glückspielmonopols könne das Eindringen einer internationalen Glückspielmafia nach Österreich verhindert werden. Er zeigte sich auch zuversichtlich, dass bereits in absehbarer Zeit eine Regelung des Internet-Glückspiels beschlossen werde.

Abgeordneter Wilhelm HABERZETTL (S) stellte den Aspekt des Jugendschutzes und des Spielerschutzes sowie die Verpflichtung zur Vernetzung der Spielautomaten mit dem Bundesrechenzentrum in den Mittelpunkt seiner Ausführungen und meinte, dieses Gesetz sei ein Quantensprung in die richtige Richtung.

Abgeordneter Roman HAIDER (F) sah im Gesetz viele Forderungen seiner Fraktion verwirklicht, bezeichnete aber die Einsatzobergrenze von zehn Euro sowie die Nichtregelung des Internet-Glückspiels als Wermutstropfen.

Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) begrüßte das Gesetz ebenfalls aus der Sicht des Spielerschutzes und forderte nun eine wirkungsvolle Kontrolle der Bestimmungen.

Abgeordneter Hermann GAHR (V) betonte, ein Verbot löse die Probleme nicht, der bessere Weg sei es, Rahmenbedingungen zu erarbeiten, die eine saubere Regelung des Glückspiels ermöglichen.

Abgeordnete Marianne HAGENHOFER (S) sprach auch ihrerseits den Spielerschutz an und plädierte für verstärkte Suchtprävention und Spielerberatung durch die Glückspielinhaber.

Abgeordneter Konrad STEINDL (V) unterstützte das Gesetz und erinnerte daran, dass die neuen EU-konformen Bestimmungen nun auch das Glückspielmonopol absichern.

Abgeordneter Johann HECHTL (S) wertete das Gesetz als wichtigen Schritt in Richtung einer verstärkten Spielsuchtprävention und hob überdies die Gesichtspunkte der Kontrolle und der Sportförderung hervor.

Abgeordnete Anna HÖLLERER (V) erwartete sich von den neuen Bestimmungen eine Verstärkung des Spielerschutzes sowie ein wirksames Vorgehen gegen den Automatenwildwuchs.

Abgeordneter Franz KIRCHGATTERER (S) meinte, es sei völlig unbestritten, dass das Glücksspiel Regelungen brauche. Jugend- und Spielerschutz, Kontrollmöglichkeiten und Evaluierung bis 2014 hob er als drei wesentliche Bereiche der Novelle hervor. Erfreut zeigte sich der Redner vor allem über die breite Zustimmung für die Gesetzesänderung. Kirchgatterer kam aber auch auf das Überhandnehmen der Wettbüros zu sprechen, die in die Kompetenz der Bundesländer fielen. Hier gelte es zeitgemäßere und praktikablere Lösungen zu finden.

Abgeordneter Johann HÖFINGER (V) begrüßte, dass die Mehrheit dem ausgehandelten Kompromiss zustimme. Es sei wichtig, in diesem Bereich Fortschritte zu erzielen, da Spielsucht nicht nur den Spielenden, sondern sein auch sein nächstes soziales Umfeld betreffe. Der Kontrolle der Geräte und Spieler müsse man ebenso Augenmerk schenken wie der Betreuung von Menschen, die spielsüchtig zu werden drohten. Die mit der Novelle einhergehenden Verschärfungen könnten ihm zufolge durchaus eine Eindämmung dieses Phänomens bewirken.

Abgeordneter Hermann KRIST (S) bezeichnete die Novelle auch als Erfolg in Hinblick auf die nachhaltige Finanzierung des österreichischen Sports. Ihre Sicherung und Reformierung sei ein großes Anliegen gewesen, wobei das Bekenntnis zum Glücksspielmonopol die Grundlage der Finanzierung bilde. Er danke daher dem Sportminister und allen Verhandlern, die diese Lösung möglich gemacht haben.

Abgeordneter Hubert KUZDAS (S) ging davon aus, dass ein guter Mittelweg im Finanzausschuss gefunden wurde. Das Spielen selbst könne man nicht verbieten, da es ein menschliches Grundbedürfnis sei, doch bestehe die Notwendigkeit, SpielerInnen – und hier vor allem Jugendliche – zu schützen. Die Novelle verbessere diesen Schutz etwa durch Einrichtung einer Suchtpräventions- und -beratungsstelle beim Finanzministerium und durch Zertifizierung von Teilen der Software der Spielautomaten. Kuzdas drängte außerdem auf die rasche Regelung des Internetglücksspiels.

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) meinte, dass es über Regelungen in den Casinos gelungen sei, das Phänomen Spielsucht beim großen Glücksspiel einzudämmen. Sich ausweisen zu müssen und gesperrt werden zu können, stelle für die Spielenden eine deutliche Hemmschwelle dar. Dies habe aber zu Steigerungen beim Automatenspiel geführt, das man nun Beschränkungen unterwerfe. Matznetter sprach sich jedoch auch für einen raschen Beschluss von Regelungen zum Internetglücksspiel aus.

Abgeordneter Martin STRUTZ (o.F.) erklärte seine Zustimmung zur vorliegenden Novelle. Es sei zwar nicht "der Stein der Weisen", aber doch ein Fortschritt zum Status-quo. Das Spielsuchtverhalten könne so zwar nicht beseitigt werden, aber in geordnete und kontrollierbare Bahnen gelenkt werden. Dass Kontrollen erleichtert und die Transparenz gesteigert würde, sei auf jeden Fall zu begrüßen. Nun gelte es aber auch, jenen Bereich zu regeln, wo der höchste Anteil an den gesamten Glücksspielausgaben pro Haushalt zu verzeichnen sei: dem Internetglücksspiel.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) qualifizierte die Novelle zwar als Verbesserung zum Status-quo, doch bleibe das Gesetz in Summe hinter den Erwartungen zurück, weshalb die Grünen es nicht mittragen würden. Die Verdoppelung des Spieleinsatzes werde von Experten als nicht zielführend betrachtet, sondern vervielfache die Probleme nur. Die Legalisierung des Glücksspiels führe – wie der Fall Kärnten zeige – zu einem Anstieg bei den Spielsüchtigen. Moser sprach sich daher für das norwegische Modell aus: Hier habe man zwar legalisiert, doch den Wochenverlust mit 250 € limitiert, während man in Österreich den Zwei-Stunden-Verlust mit 72.000 € beschränke.

Die Glücksspielgesetz-Novelle 2008 und die Glücksspielgesetz-Novelle 2010 wurden vom Nationalrat in Dritter Lesung mehrheitlich verabschiedet. Zuvor hatte es in Zweiter Lesung zu einzelnen Bestimmungen des Gesetzes einhellige Zustimmung gegeben. Der Abänderungsantrag der Grünen blieb in der Minderheit.

Einstimmig nahm der Nationalrat den Fünf-Parteien-Entschließungsantrag zur Verbesserung des Spielerschutzes an. Der Entschließungsantrag der Grünen betreffend Finanzierung von Therapieangeboten für SpielerInnen mit pathologischem oder problematischem Spielverhalten blieb in der Minderheit.
     
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