Forschungs- und Technologiebericht 2010 liegt dem Parlament vor
Wien (pk) - Österreichs Investitionen in die Bereiche Forschung, Technologie und Innovation
(FTI) hätten in den letzten zehn Jahren zu einem überdurchschnittlichen Wachstum geführt, was nicht
zuletzt auf die Steigerung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) zurückzuführen sei,
so die positive Bilanz der Bundesministerinnen Beatrix Karl und Doris Bures im Vorwort zum österreichischen
Forschungs- und Technologiebericht, der nun dem Parlament vorliegt. Mit einem Plus von 0,63 % (als Anteil am Bruttoinlandsprodukt)
bei den F&E-Ausgaben habe man zwischen 2000 und 2007 im Vergleich der OECD-Länder sogar die Spitzenposition
eingenommen. Erfreulich sei aber auch die Entwicklung der F&E-Quote für 2010, die Schätzungen zufolge
bei 2,76 % des BIP liegen werde.
Doch gebe es trotz dieses beispielhaften Aufholprozesses noch Entwicklungspotenziale in den Bereichen Humanressourcen,
Mobilität und Forschungsinfrastruktur sowie bei der finanziellen Unterstützung der Grundlagenforschung.
Die österreichische Bundesregierung habe deshalb einen Prozess zur Ausarbeitung einer kohärenten gesellschafts-
und wirtschaftspolitischen FTI-Strategie initiiert, wobei u. a. das Bekenntnis zur wirkungsorientierten Weiterentwicklung
von FTI in Österreich den Ausgangspunkt für konkrete Zielformulierungen bilde, heißt es im Vorwort.
Der Forschungs- und Technologiebericht ermöglicht auf Basis aktueller Daten, Befunde und Einschätzung
einen Überblick über spezifische Entwicklungen im Bereich der (aus Bundesmitteln geförderten) Forschung,
Technologie und Innovation und positioniert Österreich im internationalen Vergleich. Ein beigefügter
weiterer Band gibt Auskunft über Forschungsförderungen und –aufträge 2009. Außerdem liegen
die Jahresberichte 2009 des Wissenschaftsfonds (FWF) und der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft
(FFG) bei.
Forschung und Entwicklung in Österreich – ein Überblick
Laut jüngster Globalschätzung der Statistik Austria liegen die gesamten durchgeführten Ausgaben
für Forschung und Entwicklung in Österreich 2010 bei 7,805 Mrd. €. Diese Prognose ist vor dem Hintergrund
der Wirtschafts- und Finanzkrise aber mit hoher Unsicherheit verbunden, heißt es im Bericht. Die Globalschätzungen
für die Jahre 2008 und 2009 hätten mittlerweile revidiert werden müssen, wodurch sich die Auswirkungen
der Krise auf den FTI-Bereich nunmehr anders darstellten als noch im Forschung- und Technologiebericht 2009. Demnach
ist es im Jahr 2009 doch zu einer geringfügigen Abnahme (von 0,14 %) der gesamten Ausgaben für Forschung
und Entwicklung gekommen.
Gegenüber dem Vorjahr wurde 2010 aber eine Steigerung der gesamten österreichischen F&E-Ausgaben
um 3,4 % verzeichnet, womit der krisenbedingte Rückgang des Jahres 2009 überwunden werden konnte. Absolut
gesehen erzielt man heuer sogar einen neuen Rekordwert bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung.
Im Zuge der Krise ist es überdies zur Veränderung in der Finanzierungsstruktur der F&E-Ausgaben gekommen:
So wird für 2010 eine Zunahme der Finanzierung durch den Bund um 10,9 % erwartet, während man für
den Unternehmenssektor eine Stagnation (+ 0,1%) und für den Auslandsbeitrag einen Rückgang prognostiziert.
Nachdem jahrelang der private Unternehmenssektor mit seinen hohen Wachstumsraten die treibende Kraft für die
Finanzierung von Forschung und Entwicklung in Österreich gewesen ist, ging diese Dynamik mit der Wirtschafts-
und Finanzkrise abrupt zu Ende, sodass die F&E-Finanzierung des Unternehmenssektors trotz Konsolidierung im
Jahr 2010 noch immer unter dem Niveau von 2008 liegt. Einen besonders hohen Rückgang hat laut Bericht aber
der Finanzierungssektor Ausland (mit einem Minus von 5,4 %) verzeichnet, der sich mit -0,6 % auch 2010 fortsetzen
wird. Der Bund übernimmt daher zunehmend die Vorreiterrolle bei der Entwicklung der F&E-Finanzierung,
wie die binnen weniger Jahre erzielte Erhöhung seines Anteils an der gesamten Forschungsfinanzierung (von
28 % auf 35 %) illustriert.
Im aktuellen European Innovation Scoreboard (EIS) nimmt Österreich unverändert zum Vorjahr den sechsten
Platz ein und führt damit die Gruppe der "Innovation Followers" an. Österreichs Stärken
liegen dabei vor allem im Unternehmensbereich, wo man bei den meisten innovationsbezogenen Indikatoren überdurchschnittlich
abgeschnitten hat. Schwächen würden aber bei den Humanressourcen und hier insbesondere bei den technisch-naturwissenschaftlichen
StudienabsolventInnen erkennbar.
Die unmittelbarste Form, mit politischen Maßnahmen die Nachfrage nach Innovationen zu stimulieren, liegt
laut Bericht in der öffentlichen Beschaffung selbst. Das Volumen der staatlichen Ausgaben für Güter
und Dienstleistungen in Österreich wird auf 50 Mrd. € bzw. 17 % des BIP geschätzt, weshalb man in diesem
Nachfragesegment ein erhebliches Potenzial für Innovationen sieht.
Forschung und Entwicklung im Unternehmenssektor
Was den Einfluss von F&E auf das Unternehmenswachstum anbelangt, so kann kein deterministischer Zusammenhang
zwischen diesen beiden Polen festgestellt werden. Die Wachstumswirksamkeit von F&E ist bei schnell wachsenden
Unternehmen aber am höchsten. Außerdem haben forschungsintensive Unternehmen bessere Aussichten auf
Umsatz- und Beschäftigungswachstum.
Die Auslagerung von Produktionskapazitäten ins Ausland hat laut Bericht nicht nur negative Effekte. Eine Verlagerung
kann vielmehr auch positive Auswirkungen auf die technologische Leistungsfähigkeit eines Landes haben: Verlagernde
Unternehmen investieren häufiger in moderne Produktionstechnologien, beschäftigen in höherem Maße
HochschulabsolventInnen und steigern dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit. Auch könnten durch Auslandsaktivitäten
österreichische Produktionsstätten abgesichert oder sogar ausgebaut werden, heißt es im Bericht.
Das Potenzial des Wissens- und Technologiebereichs "Life Sciences" wurde in Österreich erkannt,
sodass 2007 bereits 347 Unternehmen mit insgesamt 28.686 Beschäftigten auf diesem Gebiet tätig waren.
Das gesamte Umsatzvolumen betrug 8,6 Mrd. €, der wichtigste Finanzierungsträger für F&E-Aktivitäten
in diesem Bereich war der Bund.
Außeruniversitäre Forschungsorganisationen in Österreich
Außeruniversitäre Forschungsorganisationen (AUF) bilden eine wichtige Säule des österreichischen
Innovationssystems. 2007 investierten sie insgesamt 934 Mio. € in Forschung und Entwicklung, was einem Anteil von
13,6 % an den gesamten F&E-Ausgaben Österreichs entspricht. Den Hauptbeitrag für die Finanzierung
der AUF, bei denen über 12.200 Personen Beschäftigung finden, leistet mit 56 % der Bund.
Österreich im Europäischen Forschungsraum
Österreich konnte sich über die letzten Jahre gut im Europäischen Forschungsraum etablieren. In
Hinblick auf die Teilnahme Österreichs an den Rahmenprogrammen der EU lässt sich ebenfalls eine positive
Bilanz ziehen, zumal die Bewilligungsquote der von österreichischen Akteuren koordinierten Projekte mit 20,1
% über der durchschnittlichen Gesamtbewilligungsquote (15,6 %) liegt. Außerdem ist es gelungen, den
österreichischen Anteil an den bewilligten Gesamtfördermitteln zu steigern. Die Teilnahme am European
Research Council (ERC) und an den Europäischen Forschungsinfrastrukturen (ESFRI) diene außerdem der
Stärkung der internationale Sichtbarkeit und Profilbildung des Forschungsstandorts Österreich.
Humankapitalbasis und Wissensträger in Österreich
Entsprechend qualifizierte MitarbeiterInnen sind für die Entwicklung und Umsetzung von Innovationen
unabdingbar. Das stark berufsbezogene österreichische Bildungssystem weise jedoch im internationalen Vergleich
sowohl in der Spitze als auch in der Breite noch Potenzial auf, das es auszuschöpfen gelte, heißt es
im Bericht. Die Qualität der Breite ist durch hohe Leistungsstreuung und fehlende Aktivierung des Potenzials
von SchülerInnen mit Migrationshintergrund, die Quantität durch niedrige tertiäre Beteiligung an
zukunftsträchtigen, nachgefragten Lehrberufen charakterisiert. Die Qualität der Spitze wird durch uneinheitliche,
meist nicht internationalen Standards entsprechende Ausbildung der Forschenden beeinträchtigt. Was die Quantität
der Spitze anbelangt, verzeichne man aber ein relativ starkes Wachstum. Trotzdem treten Engpässe in einigen
Fächergruppen (v. a. den Ingenieurwissenschaften) auf, die auf die überaus geringe Beteiligung von Frauen
an solchen Studien zurückgeführt werden.
Was die Mobilität von WissensträgerInnen anbelangt, so weist die Auswertung der europäischen Arbeitskräfteerhebung
2007 auf eine Tendenz zur geringeren sektoralen Mobilität von Humanressourcen in den Bereichen Wissenschaft
und Technik (HRWT) hin, was u. a. auf die – im Vergleich zu anderen Arbeitskräften – hohe Arbeitsplatzsicherheit
zurückgeführt wird. Im Schnitt wandern jährlich zwischen 0,4 und 0,7 % der in Österreich beschäftigten
HWRT aus dem Ausland zu. Diese Humanressourcen stellen für Österreich eine wichtige Quelle des Wissenstransfers
dar. |