Wien (universität) - Eine neuartige Quelle von verschränkten Lichtteilchen haben Wiener PhysikerInnen
um Philip Walther und Anton Zeilinger von der Fakultät für Physik der Universität Wien und vom Institut
für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften entwickelt.
Diese erlaubt es erstmals nachzuweisen, dass ein verschränkter Zustand vorliegt ohne diesen zu messen. Sie
publizieren dazu in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals "Nature Photonics".
Zufällige Erzeugung von verschränkten Lichtteilchen
Bisher hatte die Standardquelle für verschränkte Photonen einen entscheidenden Nachteil: Der
Emissionszeitpunkt war unbekannt und es ließ sich damit nicht feststellen, wann die Teilchen die Quelle verlassen.
Diese spontane Emission der Teilchenpaare führte zu diversen Problemen bei experimentellen Realisierungen.
Möchte man z.B. einen Quantencomputer auf der Basis von Photonen bauen, hieße das, dass man nicht genau
weiß, wann die sogenannten Quantenbits, in diesem Fall in Form von Photonen, vorhanden sind. In der Praxis
bedeutet dies, dass nach jedem vermuteten Rechenschritt Photonen gemessen werden müssen, um festzustellen,
ob dieser erfolgreich war.
Eine Messung in der Quantenmechanik heißt im Allgemeinen auch eine Zerstörung des quantenmechanischen
Zustandes - die Teilchen können für keine weitere Quantenrechnung verwendet werden. Die Anwendbarkeit
eines optischen Quantencomputers war dadurch bisher stark begrenzt.
Signalisierte Emission von Verschränkung
Die von Wiener ForscherInnen realisierte Quelle von verschränkten Photonenpaaren, bei der die Emission
der Paare angekündigt wird, macht eine Messung zur Anwesenheit der Teilchen überflüssig und ermöglicht
eine Erweiterung des derzeitigen optischen Quantencomputers. Das Konzept dieser Quelle basiert auf zusätzlichen
Hilfsteilchen, deren Messung eine Aussage über den Zustand der verbleibenden Teilchen ermöglicht. Im
konkreten Fall des Wiener Experiments präparieren die ForscherInnen sechs Photonen in einem speziellen quantenmechanischen
Zustand. Misst man nun vier dieser Photonen in einer festgelegten Konfiguration, so befinden sich die übrigen
beiden Photonen in einem verschränkten Zustand. "Vier gleichzeitige Detektorklicks der vier Hilfsphotonen
signalisieren also die Aussendung eines Paares verschränkter Photonen", erklärt die am Experiment
beteiligte Physikerin Stefanie Barz.
Für die Realisierung von auf Verschränkung basierenden Technologien, wie optischen Quantennetzwerken
und photonischen Quantencomputern, ist diese wissenschaftliche Arbeit der Wiener PhysikerInnen ein wichtiger Schritt.
Verschränkung in der Quantenmechanik
Verschränkung ist eine Eigenschaft der Quantenmechanik, die kaum mit dem alltäglichen, makroskopischen
Verständnis der Welt vereinbar ist und kein Gegenstück in der klassischen Physik besitzt. Sind zwei Lichtteilchen
(Photonen) miteinander verschränkt, so bleiben sie über beliebige Distanzen verbunden. Führt man
eine Messung, z.B. des Polarisationszustandes, an einem der beiden Teilchen durch, so ändert sich auf "spukhafte
Weise" auch der Zustand des anderen Teilchens.
Neben der fundamentalen Bedeutung von verschränkten Systemen, liefern diese auch vollkommen neue Ansätze
zur Informationsverarbeitung und zur abhörsicheren Kommunikation unter Ausnutzung von quantenmechanischen
Prinzipien. Verschränkte Photonen bilden daher seit vielen Jahren einen Ausgangspunkt für zahlreiche
Grundlagenexperimente zur Quantenmechanik und sind die Basis für experimentelle Realisierungen von Konzepten
zur Quanteninformationsverarbeitung. So wurden bereits einfache Quantencomputer realisiert, die die Gesetze der
Quantenmechanik ausnutzen, um eine schnellere und sicherere Informationsverarbeitung zu ermöglichen.
Publikation in "Nature Photonics"
Heralded generation of entangled photon pairs. Stefanie Barz, Gunther Cronenberg, Anton Zeilinger, Philip Walther.
27. Juni 2010. DOI 10.1038/NPHOTON.2010.156 |