Saakaschwili findet, dass sein Land nach Mitteleuropa gehört
Tiflis (apa/bmeia) - Außenminister Spindelegger (V) ist am 24.06. im Zuge seiner Reise in die
Schwarzmeer-Kaukasus-Region in der georgischen Hauptstadt Tiflis mit Staatspräsident Michail Saakaschwili
zusammengekommen. Saakaschwili präsentierte sein Land dabei als fortschrittlich und reformorientiert. Georgien
stelle sich heute dar, "als ob es in Zentraleuropa wäre, und und keine Ex-Sowjetrepublik" sagte
der Präsident, der die Anbindung an die EU sucht und einen NATO-Beitritt anstrebt. "Wir sind das Österreich
des Kaukasus".
Den Rivalen Russland, mit dem Georgien im August 2008 einen fünftägigen Krieg um die abtrünnigen
Regionen Abchasien und Südossetien geführt hatte, sieht Saakaschwili dagegen "dem 19. Jahrhundert
verhaftet", wie er vor österreichischen Journalisten darlegte. Jede Modernisierung in Russland könne
nur gut tun.
Zugleich kritisierte der Präsident Moskau wegen der Ankündigung Abchasiens, wonach sich die "sogenannten
abchasischen Vertreter" aus den Genfer Gesprächen unter internationaler Schirmherrschaft zurückziehen.
Das sei eine Entscheidung, die in Moskau gefällt worden sei. Russland hatte Abchasien und Südossetien
nach dem Krieg als unabhängig anerkannt, der Genfer Dialog, der nach dem Waffenstillstand begonnen wurde,
ist bisher ohne Erfolg geblieben.
Saakaschwili bekräftigte, Georgien in die NATO führen zu wollen. Die Aufnahme in das Militärbündnis
sei bereits in Reichweite gewesen: "Wir wollen das nicht verlieren". Georgien wollte bereits 2009 NATO-Mitglied
sein, das Bündnis hatte nach den bewaffneten Auseinandersetzungen mit Russland um Abchasien aber nur mehr
einen Beitritt zu einem nicht näher präzisierten, späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt.
In der EU sieht Saakaschwili die Hauptperspektive für die gesamte Schwarzmeer-Kaukasus- Region. Im Juli will
die EU mit Georgien, Armenien und Aserbaidschan Verhandlungen über Assoziierungsabkommen beginnen. Laut Angaben
aus der Delegation von Außenminister Spindelegger strebt Georgien keinen EU-Beitritt an, allerdings eine
umfassende Assoziierung, die lediglich die Teilnahme an den EU-Institutionen ausnimmt.
Während Spindelegger den neuen Präsidentenpalast in Tiflis mit Glaskuppel besuchte, wurde er von Ex-Präsident
Eduard Schewardnadse in einem Teil der früheren Präsidentenresidenz empfangen, wo der 82-jährige
heute lebt. Bei der sogenannten Rosenrevolution 2003/2004, als es zu Massenprotesten der Opposition nach manipulierten
Parlamentswahlen kam, lenke Schewardnadse ein und trat zurück. Saakaschwili kam an die Macht. Bevor Schewardnadse
Präsident wurde, war er der letzte Außenminister der Sowjetunion. Um die Erinnerungen Schewardnadses
an die Zeiten der Wende kreiste auch das Gespräch mit Spindelegger.
Spindelegger bedachte Saakaschwili mit einer Sachertorte, auf die sich der Staatschef besonders freute, denn er
hat sie für sich allein: "Gott sei Dank sind meine Frau und meine Kinder auf Urlaub", bemerkte Saakaschwili
grinsend. (apa) |