Georgischer Präsident: "Wir sind das Österreich des Kaukasus"   

erstellt am
25. 06. 10

Saakaschwili findet, dass sein Land nach Mitteleuropa gehört
Tiflis (apa/bmeia) - Außenminister Spindelegger (V) ist am 24.06. im Zuge seiner Reise in die Schwarzmeer-Kaukasus-Region in der georgischen Hauptstadt Tiflis mit Staatspräsident Michail Saakaschwili zusammengekommen. Saakaschwili präsentierte sein Land dabei als fortschrittlich und reformorientiert. Georgien stelle sich heute dar, "als ob es in Zentraleuropa wäre, und und keine Ex-Sowjetrepublik" sagte der Präsident, der die Anbindung an die EU sucht und einen NATO-Beitritt anstrebt. "Wir sind das Österreich des Kaukasus".

Den Rivalen Russland, mit dem Georgien im August 2008 einen fünftägigen Krieg um die abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien geführt hatte, sieht Saakaschwili dagegen "dem 19. Jahrhundert verhaftet", wie er vor österreichischen Journalisten darlegte. Jede Modernisierung in Russland könne nur gut tun.

Zugleich kritisierte der Präsident Moskau wegen der Ankündigung Abchasiens, wonach sich die "sogenannten abchasischen Vertreter" aus den Genfer Gesprächen unter internationaler Schirmherrschaft zurückziehen. Das sei eine Entscheidung, die in Moskau gefällt worden sei. Russland hatte Abchasien und Südossetien nach dem Krieg als unabhängig anerkannt, der Genfer Dialog, der nach dem Waffenstillstand begonnen wurde, ist bisher ohne Erfolg geblieben.

Saakaschwili bekräftigte, Georgien in die NATO führen zu wollen. Die Aufnahme in das Militärbündnis sei bereits in Reichweite gewesen: "Wir wollen das nicht verlieren". Georgien wollte bereits 2009 NATO-Mitglied sein, das Bündnis hatte nach den bewaffneten Auseinandersetzungen mit Russland um Abchasien aber nur mehr einen Beitritt zu einem nicht näher präzisierten, späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt.

In der EU sieht Saakaschwili die Hauptperspektive für die gesamte Schwarzmeer-Kaukasus- Region. Im Juli will die EU mit Georgien, Armenien und Aserbaidschan Verhandlungen über Assoziierungsabkommen beginnen. Laut Angaben aus der Delegation von Außenminister Spindelegger strebt Georgien keinen EU-Beitritt an, allerdings eine umfassende Assoziierung, die lediglich die Teilnahme an den EU-Institutionen ausnimmt.

Während Spindelegger den neuen Präsidentenpalast in Tiflis mit Glaskuppel besuchte, wurde er von Ex-Präsident Eduard Schewardnadse in einem Teil der früheren Präsidentenresidenz empfangen, wo der 82-jährige heute lebt. Bei der sogenannten Rosenrevolution 2003/2004, als es zu Massenprotesten der Opposition nach manipulierten Parlamentswahlen kam, lenke Schewardnadse ein und trat zurück. Saakaschwili kam an die Macht. Bevor Schewardnadse Präsident wurde, war er der letzte Außenminister der Sowjetunion. Um die Erinnerungen Schewardnadses an die Zeiten der Wende kreiste auch das Gespräch mit Spindelegger.

Spindelegger bedachte Saakaschwili mit einer Sachertorte, auf die sich der Staatschef besonders freute, denn er hat sie für sich allein: "Gott sei Dank sind meine Frau und meine Kinder auf Urlaub", bemerkte Saakaschwili grinsend. (apa)
     
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