Tendenzielle Erholung des österreichischen Finanzsystems bei weiterhin schwierigen Rahmenbedingungen   

erstellt am
25. 06. 10

Wien (oenb) - Im Frühjahr 2010 haben sich die Unsicherheiten in Hinblick auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen einiger Länder des Euroraums markant erhöht. „Die österreichischen Banken sind in diesen Ländern allerdings im internationalen Vergleich nicht in besonders hohem Ausmaß exponiert, da sie stärker in Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CESEE) engagiert sind, wo jedoch gemäß den aktuellen Prognosen von IWF und Europäischer Kommission bereits ein moderater Aufschwung eingesetzt hat“, erklärte Gouverneur Nowotny anlässlich der Präsentation der 19. Ausgabe des Finanzmarktstabilitätsberichtes der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Dennoch bleibt das Umfeld für das österreichische Finanzsystem schwierig. Die Ertragssituation der Banken hat sich zwar verbessert, ist jedoch weiterhin Risiken ausgesetzt. Die gestiegenen Kreditwertberichtigungen werden aufgrund des scharfen Wirtschaftseinbruchs weiterhin auf einem hohen Niveau bleiben.

Finanzierung von Unternehmen und privaten Haushalten weiterhin unter dem Einfluss der Krise
Nach wie vor beeinträchtigt die Krise die Finanzierung der österreichischen Unternehmen, obwohl sich die Lage seit Herbst 2009 leicht entspannt hat. Die Kreditzinsen befinden sich nach den Leitzinssenkungen 2008/09 aktuell auf einem historisch niedrigen Niveau. Die Kreditvergabe der Banken wies seit Ende 2009 negative Jahreswachstumsraten auf. Diese Abschwächung der Finanzierungsvolumina dürfte sowohl angebots- als auch nachfrageseitige Ursachen gehabt haben. Zum einen verminderte die rückläufige Investitionstätigkeit den Finanzierungsbedarf der Unternehmen, zum anderen blieb die Kreditvergabepolitik der Banken infolge der konjunkturbedingt verschlechterten Bonitätseinschätzungen im Frühjahr 2010 vorsichtig.

Die privaten Haushalte weiteten ihre Kreditaufnahme bis zuletzt nur sehr verhalten aus. Die geringe Neuverschuldung des Haushaltssektors und die niedrigen Zinsen haben die Verschuldungsquote und den Zinsaufwand der Haushalte reduziert. Der Fremdwährungsanteil am Bestand der Haushaltskredite ist immer noch sehr hoch, auch wenn zuletzt eine sehr deutliche Zurückhaltung der Banken bei Fremdwährungskrediten zu verzeichnen war, die nicht zuletzt auch auf von Finanzmarktaufsicht (FMA) und OeNB festgelegten ergänzenden Mindeststandards zur Vergabe von Fremdwährungs- und Tilgungsträgerkrediten an private Haushalte in Österreich zurückzuführen war. Die jüngsten Kursbewegungen des Euro zum Schweizer Franken bestätigten einmal mehr das Risiko dieser Kreditart. Auch Stresstests für die privaten Haushalte zeigen, dass Zinsentwicklungen absolut zwar den größten Einfluss auf die Zahlungsfähigkeit der Haushalte haben, relativ gesehen aber Fremdwährungskredite mit besonderen Risiken verbunden sind.

Schwieriges Umfeld für Österreichs Banken bleibt trotz Verbesserungen bestehen
Das österreichische Bankensystem hat in der Krise an Ertragskraft eingebüßt, blieb allerdings insgesamt weiterhin profitabel, gleichzeitig erhöhte sich die Streuung der Profitabilität unter den einzelnen Instituten. Die jüngsten Verbesserungen der Ertragskraft sind jedoch auch von einer historisch steilen Zinskurve, starken Handelserträgen und reichlicher Zentralbankliquidität getragen. Zudem ist die Kreditqualität weiter zurückgegangen und der Wertberichtigungsbedarf somit gestiegen. „In Anbetracht des derzeitigen konjunkturellen Umfeldes ist davon auszugehen, dass der Wertberichtigungsbedarf anhaltend hoch bleiben wird“, merkte Direktor Ittner an.

Die österreichischen Tochterbanken in CESEE konnten im Jahr 2009 trotz der anhaltenden Unsicherheiten in der Region einen positiven Ergebnisbeitrag liefern. Das Periodenergebnis nach Steuern aller CESEE-Auslandstochterbanken betrug 2009 rund 1,8 Mrd EUR (2008: 4,2 Mrd EUR). Auch hier hat sich die Heterogenität der Entwicklung deutlich erhöht. Die erwarteten konjunkturellen Erholungstendenzen in dieser Region lassen durchaus Verbesserungen bei den Tochterbanken österreichischer Konzerne erwarten, wenngleich auch hier durch allfälliges Auslaufen von internationalen Stützungsmaßnahmen erhöhte Risiken bestehen.

Die konsolidierte Kernkapitalquote der österreichischen Banken stieg seit ihrem Tiefpunkt 2008 dank privater und staatlicher Kapitalzuführungen um rund 2 Prozentpunkte auf 9,3%. „Dieser Anstieg erhöhte zweifellos auch die Risikotragfähigkeit der Banken. Allerdings ist angesichts der laufenden Regulierungsinitiativen mittelfristig ein weiterer Eigenmittelbedarf des öster­reichischen Bankensektors zu erwarten“, ergänzte Direktor Ittner.

Die aktuellen Frühjahrs-Stresstest der OeNB zeigen eine Verbesserung gegenüber dem Herbst 2009, jedoch bleibt die Kapitalausstattung der österreichischen Banken vergleichsweise niedrig. Darüber hinaus müssen bereits laufende Strukturanpassungsprozesse im österreichischen Bankensektor weiter vorangetrieben werden.

Der halbjährlich erscheinende Finanzmarktstabilitätsbericht der OeNB enthält regelmäßige Analysen finanzmarktstabilitätsrelevanter Entwicklungen in Österreich und im internationalen Umfeld. Daneben werden im Rahmen von Schwerpunktartikeln zusätzlich auch Spezialthemen behandelt, die im Zusammenhang mit der Stabilität der Finanzmärkte stehen. In der aktuellen Ausgabe sind dies die Stresstests der privaten Haushalte in Österreich, die Auswirkungen des Zahlungsdienstegesetzes auf den österreichischen Finanzmarkt, die Relevanz österreichischer Kapitalanlagegesellschaften und Investmentfonds für die Finanzmarktstabilität sowie der Bankensektor Kasachstans.
     
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