Med Uni Graz Koordinator des EU-Projekts DALI   

erstellt am
25. 06. 10

Mit Vitamin D und Lebensstiländerung gegen Schwangerschaftsdiabetes
Graz (med-uni) - Eines der großen medizinischen Probleme, die mit der weltweiten Zunahme der Fettleibigkeit einhergehen, ist der Anstieg der Blutzuckerwerte. Besonders fatal kann das für Frauen im gebärfähigen Alter sein: In manchen Ländern wird bereits bei 20% der werdenden Mütter ein Schwangerschaftsdiabetes diagnostiziert. Da pathologisch erhöhte Blutzuckerwerte in der Schwangerschaft nicht nur die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen vor, während und nach der Geburt erhöhen, sondern auch langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit von Mutter und Kind haben können, soll nun in einem großen EU-Projekt die Wirksamkeit von drei verschiedenen Interventionsstrategien zur Verhinderung von Schwangerschaftsdiabetes untersucht werden. Koordiniert wird das Projekt DALI (Vitamin D And LIfestyle Intervention for Gestational Diabetes Mellitus Prevention), an dem Zentren und Unternehmen aus 11 europäischen Ländern beteiligt sind, von der Medizinischen Universität Graz.

Die europäische Diabetic Pregnancy Study Group (DPSG) beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit der Frage, wie verhindert werden kann, dass adipöse Frauen in der Schwangerschaft einen Diabetes entwickeln. Als erfolgversprechendste Therapieansätze gelten derzeit Änderungen der Ernährung, verstärkte körperliche Aktivität und die Verabreichung von Vitamin D. Bisher gibt es allerdings keinen Standard für derartige Interventionen und auch keine Daten darüber, welche dieser Strategien am effektivsten ist. Um diese Fragen zu beantworten, entwickelte Univ.-Prof. Dr. Gernot Desoye, Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Graz, im Auftrag der DPSG das Projekt DALI, das von der Europäischen Kommission in einem kompetitiven Verfahren für das 7. EU-Forschungsrahmenprogramm ausgewählt wurde. Das Gesamtprojektvolumen beträgt 4 Millionen Euro, der geförderte Anteil beträgt 3 Millionen Euro, und rund 700.000 Euro entfallen auf die Med Uni Graz. Das Kickoff- Meeting - also das Auftakt-Treffen für das neue Projekt - fand am 19. März dieses Jahres in der steirischen Landeshauptstadt statt.

Eines der Ziele des Projektes ist es, verlässliche Daten über die Häufigkeit von Schwangerschaftsdiabetes in den teilnehmenden Ländern zu erheben. Bisher standen die Forscher vor der Schwierigkeit, dass es sehr unterschiedliche Diagnosekriterien gab und die epidemiologischen Zahlen daher nicht wirklich vergleichbar waren. Im Rahmen von DALI werden nun erstmals in allen Ländern einheitliche diagnostische Kriterien angewendet, die auf den Ergebnissen der HAPO-Studie beruhen (Hyper Glycemia and Adverse Perinatal Outcome; dabei wurde weltweit untersucht, welchen nachteiligen Effekt erhöhte Glykosewerte auf das Neugeborene hat). Damit ist es auch möglich, die Kosten, die durch den Schwangerschaftsdiabetes verursacht werden, zu erheben und evidenzbasierte Grundlagen für gesundheitspolitische Entscheidungen zu liefern.

Für die drei Hauptinterventionsstrategien - Ernährung, körperliche Aktivität und Vitamin D - werden in einer ersten Phase geeignete Empfehlungen erarbeitet. Basis dafür ist die umfangreiche Literatur zu diesem Thema. In einer Pilotphase wird dann in allen beteiligten Zentren an einer kleinen Zahl von übergewichtigen Schwangeren getestet, ob die Abläufe auch in der Praxis so funktionieren, wie geplant. Wenn diese Vorarbeiten abgeschlossen sind, kann mit der Rekrutierung der Teilnehmerinnen für die Interventionsstudie begonnen werden. Dafür werden europaweit insgesamt 880 Schwangere mit einem Body Mass Index über 30 kg/m² gesucht. Die Intervention besteht im Wesentlichen aus Beratung und Motivation: In jedem Zentrum gibt es entsprechend ausgebildete Coaches, die die Schwangeren begleiten und dazu motivieren, ihr Verhalten zu ändern. "Der Erfolg des Projekts hängt sehr stark von der Qualität dieser Intervention ab", betont Prof. Desoye. Die Coaches werden daher fortlaufend trainiert und supervidiert. Die drei Interventionsstrategien werden dabei sowohl allein als auch in allen möglichen Kombinationen getestet. Der Erfolg der einzelnen Programme wird dann in der 36. Schwangerschaftswoche gemessen: Studienendpunkte sind Gewichtszunahme oder -verlust, Nüchternblutzucker und Insulinresistenz.

Mit Grazer Biobank Informationen für spätere, weiterführende Untersuchungen
Teil des Projekts ist auch eine eigene Biobank, in der mütterliches Serum, Plazentagewebe und Nabelschnurblut untersucht und gespeichert werden. Diese Biobank wird an der Med Uni Graz errichtet, die bereits ein großes Biobankprojekt in europäischem Rahmen betreibt. Um einheitliche Qualitätsstandards zu gewährleisten, stellt die Grazer Biobank das Abnahme- und Lagermaterial für das gesamte DALI-Projekt zur Verfügung und führt das Training für die Biobank-Experten der einzelnen Zentren durch. An zwei Standorten wird darüber hinaus untersucht, welchen Beitrag bildgebende Verfahren (Magnetresonanztomographie und Ultraschall) zur Bestimmung der fetalen Fettakkumulation und des Blutflusses in der Plazenta liefern können. Alle im Laufe der Schwangerschaft erhobenen Daten werden in einer eigenen Datenbank gespeichert, die höchste Qualitäts- und Sicherheitskriterien erfüllt. Mit diesen gesammelten Informationen wäre es auch möglich, Fragen zu beantworten, die über den Rahmen des DALI-Projekts hinausgehen. So könnte etwa zu einem späteren Zeitpunkt untersucht werden, welche mittel- und langfristigen Auswirkungen die verschiedenen Interventionen in der Schwangerschaft auf die Kinder haben.

Med Uni Graz forscht seit über 30 Jahren an Schwangerschaftsdiabetes
Die Univ.-Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe forscht seit über 30 Jahren an dem komplexen Thema Schwangerschaftsdiabetes. Aufgrund der jahrelangen, interdisziplinären Zusammenarbeit mit verschiedensten Instituten und Kliniken, wurden bereits 5 große, EUgeförderte Forschungsprojekte durchgeführt. Damit hat sich die Med Uni Graz zu einem renommierten Zentrum auf diesem Gebiet entwickelt. Nicht zuletzt war das bestehende Knowhow mit ein Grund für die Auswahl von DALI aus 7 eingereichten Projekten.

Facts & Figures

  • In manchen Ländern wird bereits bei 20% der werdenden Mütter Schwangerschaftsdiabetes diagnostiziert
  • In Österreich leiden ca. 7% an Gestationsdiabetes, diese Zahl steigt seit Jahren kontinuierlich
  • Komplikationen bei Schwangerschaftsdiabetes können u.a. sein: Zunahme der Fruchtwassermenge, große Gewichts- und Größenzunahme des Babys und damit verbundene Probleme bei der Geburt, eine gestörte Entwicklung der Plazenta; Für Mutter und Kind gibt es ein erhöhtes Risiko für Diabetes Typ 2 oder Gefäß- oder Herzkreislauferkrankungen.
     
Informationen: http://www.medunigraz.at.    
     
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