Die Kunst der Budgetkonsolidierung   

erstellt am
25. 06. 10

Stellungnahme von Prof. Karl Aiginger anlässlich der Tagung der National Economic Research Organisation (NERO) bei der OECD
Wien (wifo) - Die OECD hat parallel zum G-20-Treffen zu einer Konferenz über die "richtige" Strategie zur Budgetkonsolidierung eingeladen. An der Tagung nehmen die Leiter der führenden europäischen Wirtschaftsforschungsinstitute teil, aber auch Vertreter des National Bureau of Economic Research (NBER, USA), des National Council of Applied Economic Research NCAER (Indien), des Japan Center for Economic Research (JCER), des ANU Centre for Applied Macroeconomic Analysis (CAMA) und des Tokyo Centre for Economic Research (TCER). Das WIFO ist als einziges österreichisches Institut Mitglied dieser von der OECD gegründeten Gruppe (NERO National Economic Research Organisation). Themen der Tagung sind Zeitpunkt und Taktik der Konsolidierung, makroökonomische Aspekte der Regulierung von Finanzmärkten und Herausforderungen für die Arbeitsmarktpolitik.

Karl Aiginger spricht im Rahmen der Budgetsanierungsstrategie über die besondere Bedeutung der strukturellen Aspekte der Konsolidierung:

  • Auf der Abgabenseite ist es besonders wichtig, die Besteuerung des Faktors Arbeit zu verringern, weil dies die Beschäftigung während der schwierigen Konsolidierungsphase hoch hält.
  • Im Gegenzug sollten primär Finanztransaktionen höher besteuert werden, aber auch die CO2-Emission, und Lücken in der Besteuerung von Vermögenserträgen sollten geschlossen werden.
  • Eine Anhebung des Umsatzsteuersatzes wird üblicherweise als weniger problematisch für Wachstum und Beschäftigung gesehen. Derzeit ist jedoch der private Konsum in vielen Ländern die stabilisierende Kraft und sollte daher nicht durch eine generelle Erhöhung belastet werden.
  • Mittelfristig sollte der Beitrag der Abgaben zur Schließung der Haushaltslücke gering sein. Wenn dennoch eine Abgabenerhöhung nötig ist etwa weil eine ausgabenseitige Konsolidierung zu langsam erfolgen würde dann sollten die Mehreinnahmen später besonders zur Entlastung des Faktors Arbeit und der Niedrigeinkommen genutzt werden.
  • Eine ausgabenseitige Konsolidierungsstrategie sollte vor allem bei Förderungen ansetzen. So bestehen weltweit z. B. erhebliche Förderungen für Energieträger, die CO2-Emissionen verursachen (von Kohle bis Mineralöl). Transferausgaben sollten auf ihre Zielsicherheit untersucht werden, aber nicht der erste Kandidat für Kürzungen sein.

Diese Vorschläge stehen in deutlichem Gegensatz zur geplanten Konsolidierung in Großbritannien. Hier wird die Besteuerung des realen Konsums (Umsatzsteuer) drastisch erhöht, auf eine Besteuerung von Finanztransaktionen aber verzichtet. Auf der Ausgabenseite werden vor allem Sozialtransfers gekürzt, eine aktive wachstumsfördernde Komponente während der Konsolidierung ist nicht gegeben. Aus diesem Grund und auch wegen der Unterschiede zwischen der Auffassung in den USA und etwa in Deutschland ist eine interessante Konferenz zu erwarten.

     
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