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WKÖ-Wirtschaftsparlament |
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erstellt am
24. 06. 10
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Fischer: Europäische Schuldenkrise zum Anlass für überfällige Reformen nehmen
Rückendeckung für WKÖ-Forderung nach umfassender Staats- und Verwaltungsreform
- bei Budgetsanierung Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft unterstützen
Wien (pwk) -Der Ausbruch der Finanzkrise, der zunächst eine Krise der Realwirtschaft und dann
eine Staatsschuldenkrise folgten, müsse in der Eurozone zum Anlass für längst überfällige
Reformen und Vorkehrungen für die Zukunft genommen werden, forderte Bundespräsident Heinz Fischer beim
Wirtschaftsparlament der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) am 24.06., bei dem er WKÖ-Präsident
Christoph Leitl zu seiner Wiederwahl gratulierte. "Die EU steht vor der Entscheidung: Entweder verstärkte
Zusammenarbeit oder geringeres Wachstum und geringere Stabilität", betonte Fischer. Zudem müsse
die Regulierung des Finanzsystems dringend reformiert werden. "Die Wiedergewinnung des Primats der Politik
auf dem Gebiet der Finanzmarktregulierung ist von entscheidender - auch demokratiepolitischer - Bedeutung."
In Richtung Österreich verwies Fischer darauf, dass sich das Land bei der Bewältigung der Krise in den
letzten beiden Jahren gut behauptet habe. "Der wirtschaftliche Einbruch fiel 2009 geringer aus als im EU-Durchschnitt
und die Arbeitslosenrate ist nach wie vor die zweitniedrigste in der EU." Besonders wichtig seien nun die
kommenden Jahre, in denen angesichts der anstehenden schwieriger durchsetzbaren Entscheidungen "die Leistungsfähigkeit
unseres politischen Systems auf dem Prüfstand steht".
Konkret strich der Bundespräsident etwa die Konsolidierung des Staatshaushaltes hervor, wobei er für
die Bereiche Bildung, Forschung und Entwicklung sowie Klimaschutz eine "Sonderstellung" monierte. "Wichtig
bei der Rückführung der Schuldenquoten ist, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen
Wirtschaft nicht nur nicht zu gefährden, sondern bestmöglich zu unterstützen."
Budgetkonsolidierung sei nicht unbedingt mit Wachstumsverlusten verbunden, wie etwa die Erfahrung der skandinavischen
Länder zeige, betonte Fischer. Ein Schlüssel sei dabei die gezielte Investition in zukunftsrelevante
Faktoren. "Bei Bildung, Forschung und Entwicklung oder Klimaschutz einzusparen widerspräche ökonomischer
Vernunft."
Rückendeckung verlieh der Bundespräsident der langjährigen Forderung der Wirtschaft nach einer umfassenden
Verwaltungs- und Staatsreform und verwies darauf, dass der Rechnungshof in seinem Bericht zur Verwaltungsreform
im Jahr 2009 angemerkt hatte, dass ein Drittel seiner Vorschläge umgesetzt wurde. Fischer: "Das heißt
im Umkehrschluss, dass zwei Drittel nicht umgesetzt wurden. Es gibt hier noch ein beachtliches Potenzial."
Problematisch sei, dass gerade bei diesem Thema Sachfragen oft als Machtfragen missverstanden würden.
Abschließend strich Fischer die Notwendigkeit von Österreichs Mitgliedschaft in der Europäischen
Union hervor. "Der Beitritt war eine richtige und notwendige Entscheidung." Nun gehe es darum, die Europapolitik
mit dem Lissabon-Vertrag auf einer veränderten und verbesserten Grundlage wieder in Schwung zu bringen und
die Chancen der europäischen Zusammenarbeit bestmöglich zu nutzen, schloss der Bundespräsident.
"Die Zukunft Europas ist eine zentrale Herausforderung, weil es um unsere eigene Zukunft geht." |
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Leitl fordert Wachstumsimpulse und setzt auf "Erneuern statt
besteuern"
Neuer und alter WKÖ-Chef verlangt Finanzmarktreformen und setzt auf nachhaltige Werte
statt Spekulation und Zockertum
Wien (pwk) - In seiner Antrittserklärung vor dem WKÖ-Wirtschaftsparlament bedankte sich
der neue und alte Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Christoph Leitl, an erster Stelle
bei den über 400.000 Betrieben in Österreich für die Leistungen, welche sie in den vergangenen schwierigen
Jahren erbracht haben: "Österreich hat heute die Hälfte der Arbeitslosenrate Europas. Und unser
Wachstum ist in den vergangenen Jahren um 3,6 Prozent höher ausgefallen als in der Eurozone. Das sind die
positiven Leistungen unserer Betriebe, welche sich um unser Land und seine Menschen verdient gemacht haben."
Leitl bedankte sich bei den PräsidentInnen der Landes-Wirtschaftskammern, bei den Spartenobleuten, den FunktionärInnen
sowie den GeneralsekretärInnen und MitarbeiterInnen für die Mithilfe bei der Verbesserung der wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen und die Bereitschaft, Verantwortung für die Wirtschaft und das Land zu übernehmen:
"Sie alle sind Problemlöser und wichtige Begleiter für unsere Unternehmen."
Der WKÖ-Präsident wies in seiner Rede auf die unverändert schwierigen Zeiten hin: "Europa und
die Welt ringen um ein Gleichgewicht im Finanzsystem und suchen nach Regeln. Die Realwirtschaft ist nicht schuld
an der Krise. Jetzt geht es darum, die Spekulation einzudämmen und die reale Wirtschaft zu stärken."
Leitl betonte, dass er sich derzeit keine Sorgen um Euro-Kurs und Inflation mache und betonte, dass die Einbindung
Österreichs in den Euro unser Land vor Schaden bewahrt habe. Nun müsse Europa aber eine koordinierte
und strategisch ausgerichtete Wirtschafts- und Budgetpolitik einrichten. Und bei der Realisierung der neuen Bankenregeln
von Basel III solle nun Amerika vorausgehen, aber nicht Europa. Eine Realisierung zur jetzigen Zeit schade den
Banken ebenso wie den Kreditnehmern.
Der WKÖ-Präsident warb um die Entwicklung und Förderung neuer Ideen ("Innovation und Qualifikation
sind die Chancen Österreichs") und darum, nachhaltige Werte wieder in den Vordergrund zu stellen: "Dienen
statt Verdienen, Kontinuität, Handschlagfestigkeit und Nachhaltigkeit machen sich bezahlt. Und wenn unfähige
Manager in staatsnahen Betrieben scheitern und trotzdem riesige Abfertigungen kassieren, dann stimmt etwas nicht.
Dann müssen wir die Verträge ändern. Ich bin aber auch gegen eine Neiddebatte. Wer eine ordentliche
Leistung erbringt, soll marktkonform entlohnt werden."
Als "wichtigste Strategie Österreichs" bezeichnete Leitl alle Bemühungen für mehr Wachstum:
"Derzeit sinken die Investitionen - wir haben deshalb eine Investitionszuwachsprämie vorgeschlagen. Wir
müssen Impulse setzen: Handwerkerbonus, thermische Sanierung und eine Investitionszuwachsprämie bringen
auch dem Budget etwas und tragen dazu bei, das Wirtschaftswachstum auf 2 Prozent plus zu steigern, die Beschäftigung
zu erhöhen und damit zusätzliche Steuern und Abgaben als wichtigsten Beitrag zur Budgetsanierung einzunehmen."
Unverändert setzte sich der WKÖ-Chef für umfassende Reformen etwa in der Verwaltung ein: "Hätten
wir das Bildungssystem Finnlands, das Pensionssystem Schwedens, die Budgetpolitik der Schweiz und die Arbeitsmarktpolitik
Dänemarks, dann bräuchten wir nicht über neue Steuern zu reden. Wir müssen erneuern statt besteuern,
wir müssen von den Besten lernen, um in fünf Jahren zu den Besten zu gehören. Daher unterstütze
ich auch den Pakt für Österreich, den WIFO-Chef Aiginger vorgeschlagen hat."
Wissend, dass Steuersenkungen in den kommenden Jahren kaum umsetzbar sind, forderte Leitl eine umfassende Steuervereinfachung
samt einer Pauschalierung der Lohnnebenkosten: "Wir wollen vom Staat nicht mehr einfordern als er hat, aber
wir haben das Recht, das Machbare einzufordern. Und wir fordern, dass das Machbare rasch gemacht wird. Wir wollen,
dass endlich gehandelt wird."
"Mit einem gemeinsamen Handeln, mit einer Bündelung der Kräfte, mit Mut, Optimismus und Zukunftsfreude",
so Leitl, könne "Österreich in fünf Jahren an der Spitze sein und müsse den Besten nicht
hinterherlaufen. Die Wirtschaftskammer wird auch in Zukunft daran mitwirken, Leistungen zu erbringen, die unserem
Land, unseren Menschen und unseren Betrieben zugute kommen." |
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Matznetter: Gute Zusammenarbeit in schwierigen Zeiten fortsetzen
Zahlreiche Herausforderungen, die echter Reformen bedürfen
Wien (pwk) - Der SPÖ-Wirtschaftssprecher und WKO-Vizepräsident betonte anlässlich
der Sitzung des Wirtschaftsparlaments die gute Zusammenarbeit aller Fraktionen in den vergangenen fünf Jahren.
"Diese Kooperation müssen wir fortsetzen, denn die zahlreichen Herausforderungen können wir nur
gemeinsam bewältigen." Bisher habe sich Österreich im internationalen Vergleich bei der Krisenbewältigung
sehr gut gehalten. Dies sei zu einem großen Teil den heimischen Klein- und Mittelbetrieben zu verdanken:
"Sie sind es, die auch in Krisenzeiten flexibel reagieren können und sich erfolgreich den geänderten
Rahmenbedingungen anpassen. Und sie sind es auch, die trotz rückgehender Aufträge ihre MitarbeiterInnen
halten, damit Beschäftigung und Wertschöpfung schaffen", so Matznetter.
Die Krise sei keinesfalls vorbei, die Herausforderungen zahlreich. Den Weg hin zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum
zu ebnen, sei nun die größte Aufgabe der Politik. Hierzu ist es dringend nötig, von fossilen Energieträgern
Abstand zu nehmen und neue Perspektiven der Ökologisierung zu schaffen. Österreich sei hier "ein
Vorreiterland, ein Motor für den gesamten Bereich der ,Green jobs'". Auch das Thema Budgetkonsolidierung
sei ein brennendes: Hier braucht es für Matznetter "mehr Mut zur Wahrheit, zum Beispiel bei der Umsetzung
von Empfehlungen des Rechnungshofes". Es gelte, "sich in den kommenden Jahren jedenfalls auf die Seite
der Reformer zu stellen. Denn alles, was jetzt scheitert, schadet Österreich auf Jahrzehnte hin", betonte
Matznetter.
Im Bezug auf Steuerpolitik unterstrich der WKO-Vizepräsident die Sinnhaftigkeit der Bankenabgabe. Denn obwohl
sich ihr Gewinn in den letzten Jahren vervielfacht hat, so zahlen Banken heute wesentlich weniger Ertragssteuer
als noch vor 15 Jahren. "Den kleinen Leuten und Betrieben vor diesem Hintergrund immer mehr wegzunehmen ist
daher zynisch und jedenfalls der falsche Weg", so Matznetter, der auch auf eine "Steuergerechtigkeit"
zwischen Real- und Finanzwirtschaft pochte: "Jeder Unternehmer, der heute seinen Betrieb verkauft, zahlt volle
Länge Steuer. Es ist völlig uneinsichtig, warum beim Verkauf von Firmenanteilen oder Aktienpaketen Millionenbeträge
unversteuert über den Tisch gehen." Faire Verhältnisse und eine Entlastung jener Betriebe gelte
es zu schaffen, die der Realwirtschaft dienen. In diesem Zusammenhang seien auch Weiterführung und Ausbau
der Investitionsbegünstigung von derzeit 20% zentral.
Abschließend wies Matznetter auf die Wichtigkeit einer weiteren Investitionstätigkeit hin: "Wir
brauchen Lösungen, die Wachstum induzieren. China oder Lateinamerika machen uns das vor: Dort werden Milliardenbeträge
in Infrastrukturprojekte finanziert, die ein hohes Wachstum und dadurch auch ein höheres Steueraufkommen für
den Staat zur Folge haben. Diesen Weg sollte auch Europa beschreiten", so Matznetter. |
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