Brüssel (ec.europa.eu) - Die Europäische Kommission hat am 01.07. ein Programm fertig gestellt,
mit dem der Rechtsrahmen der EU für Investmentfonds verbessert werden soll. Bei den betreffenden Fonds handelt
es sich um so genannte „Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren“ (OGAW), die 2009 ein Gesamtvermögen
von über 5 Billionen EUR verwalteten - dies entspricht der Hälfte des BIP der EU. Mit den neuen Regeln,
die ein neues standardisiertes Dokument für die Fonds vorschreiben, wird die Stellung der Anleger gestärkt;
weiter werden im Einzelnen die strengen Wohlverhaltensregeln festgelegt, die OGAW-Fondsmanager erfüllen müssen.
Darüber hinaus wird durch die neuen Regeln die Effizienz des OGAW-Marktes in der EU erhöht, indem neue
Möglichkeiten für die Zusammenlegung des Vermögens verschiedener Fonds eingeführt und erleichtert
werden, der grenzüberschreitende Vertrieb von OGAW vereinfacht und die Arbeit der nationalen Aufsichtsstellen
besser koordiniert wird. Die neuen Regeln sollen ab dem 1. Juli 2011 gelten.
Dazu der für Binnenmarkt und Dienstleistungen zuständige Kommissar Michel Barnier: „Durch das heute vorgelegte
Paket wird der Anlegerschutz verbessert, Bürokratie abgebaut und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen
Investmentfonds auf dem Weltmarkt erhöht. Außerdem zeigen die Maßnahmen, die wir ergriffen haben,
um die Transparenz zu erhöhen und unsere Regeln wirksamer zu machen, dass Europa seine Lehren aus der Krise
gezogen hat. Ich hoffe, dass das hart erarbeitete Vertrauen der Anleger sich in der Zukunft noch weiter festigt.
Nachdem nun der Rahmen geschaffen wurde, müssen diese Regeln sowohl durch die Aufsichtsbehörden als auch
durch die Marktteilnehmer umgesetzt werden, und dies wird noch ein hartes Stück Arbeit sein.“
Die Kommission hat detaillierte Vorschriften in Form von vier Rechtsakten erlassen (zwei Richtlinien und zwei Verordnungen).
Die Mitgliedstaaten haben jetzt 12 Monate Zeit für die Durchführung der Richtlinien; die Verordnungen
finden ab dem 1. Juli 2011 Anwendung. Diese Rechtsakte betreffen folgende Bereiche:
- Wesentliche Informationen für den Anleger – ein neues standardisiertes und harmonisiertes Offenlegungsdokument,
durch das die Anleger in die Lage versetzt werden sollen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Inhalt und Form
dieses Dokuments sind in einer Durchführungsverordnung festgelegt; unter anderem muss die Sprache allgemein
verständlich sein und die Informationen über mögliche Risiken müssen anlegerfreundlich präsentiert
werden. Zur Anwendung der Durchführungsverordnung wurden detaillierte Methoden für die Berechnung der
mit einem Fonds verbundenen Risiken und Gebühren entwickelt, die heute vom Ausschuss der europäischen
Wertpapierregulierungsbehörden (CESR) veröffentlicht wurden.
- Verhaltensregeln für OGAW-Verwaltungsgesellschaften – in einer Durchführungsrichtlinie werden die
organisatorischen Anforderungen und Verhaltensregeln für Wertpapierfirmen an die Normen angeglichen, die aufgrund
der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente, die so genannte MIFiD-Richtlinie (siehe IP/07/1625),
bereits für viele Finanzdienstleistungen gelten. Diese Regeln umfassen auch die Vermeidung, Beilegung und
Offenlegung von Interessenkonflikten. Nach der Richtlinie müssen die OGAW-Manager ausreichend robuste und
wirksame Verfahren und Techniken anwenden, um den verschiedenartigen Risiken, mit denen OGAW konfrontiert sein
könnten, angemessen begegnen zu können.
- OGAW-Verschmelzungen und „Master-Feeder-Strukturen“ – in einer Durchführungsrichtlinie sind im Einzelnen
bestimmte Anlegerschutzmaßnahmen in Bezug auf diese Techniken der Zusammenlegung von Vermögenswerten
sowie ein einheitlicher Ansatz für den Austausch von Informationen zwischen Master- und Feeder-OGAW festgelegt.
Sie enthält weiter detaillierte Regeln für die Liquidation, Verschmelzung oder Spaltung eines Master-OGAW.
- Meldeverfahren und Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden – in einer Durchführungsverordnung sind die
Standarddokumente und –verfahren genau festgelegt, die für die elektronische Übermittlung im Meldeverfahren
vorgeschrieben sind (d.h. die ein OGAW zu verwenden/anzuwenden hat, um Zugang zum Markt eines anderen Mitgliedstaates
zu erhalten). Weiter sind darin einheitliche Verfahren zur Verbesserung der Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden
bei der Überwachung der grenzüberschreitenden Tätigkeit der Fondsmanager vorgesehen.
Nachdem der neue europäische Rechtsrahmen für OGAW nun also vollständig ist, sind die zuständigen
Behörden und Marktteilnehmer in den Mitgliedstaaten am Zug und müssen die Änderungen umsetzen und
dafür sorgen, dass tatsächlich entscheidende Verbesserungen in Bezug auf Transparenz, Effizienz und Wirksamkeit
erreicht werden.
Investmentfonds sind Anlageprodukte, die allein dem Zweck dienen, Kapital von Anlegern zu sammeln
und über ein Portfolio von Finanzinstrumenten wie Aktien, Anleihen und anderen Wertpapieren kollektiv zu investieren.
In der Richtlinie 2009/65/EG, die die vorhergehende OGAW-Richtlinie 85/611/EWG ersetzt, sind einheitliche Regeln
für die Errichtung und das Funktionieren von Investmentfonds in der EU festgelegt. Fondsmanager, die diese
Vorschriften erfüllen, können ihre Dienste grenzüberschreitend anbieten. Investmentfonds, die entsprechend
den Bestimmungen dieser Richtlinie zugelassen sind, können im Anschluss an ein genau festgelegtes Verfahren
zur Unterrichtung der entsprechenden zuständigen Behörden Anlegern in der gesamten EU zum Kauf angeboten
werden.
Diese Durchführungsmaßnahmen sind auf vier separate Rechtsinstrumente aufgeteilt und bilden zusammen
mit der Neufassung der OGAW-Richtlinie und den dazugehörigen Leitlinien des CESR ein Paket, das die Grundlage
für einen effizienten und wettbewerbsfähigen OGAW-Markt der Zukunft legt; die darin vorgesehnen Maßnahmen
zum Schutz der Anleger sind beispielhaft. Sie wurden auf der Grundlage der Beiträge des CESR erarbeitet und
von den Mitgliedstaaten sowie anschließend vom Europäischen Parlament und vom Rat genehmigt.
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