Österreichs Lackindustrie erholt sich vom Krisenjahr   

erstellt am
01. 07. 10

Lackindustrie erwartet 2010 Zuwächse von 5-7% – Entwicklung in den einzelnen Bereichen sehr unterschiedlich
Wien (matrix) - Die österreichische Lackindustrie wurde 2009 voll von der Wirtschaftskrise erfasst und fiel auf das Niveau von 2006 zurück. Während im Industrielackbereich manche Unternehmen zu Kurzarbeit gezwungen waren, gab es im Bautenlackbereich Rückgänge von bis zu 10%. „Eine gewisse Entlastung stellte sich 2009 durch günstige Entwicklungen im Rohstoffbereich ein. Für heuer ist eine leichte Erholung zu spüren, die Kurzarbeit konnte zurückgenommen werden. Allerdings machen jetzt wieder die stark steigenden Rohstoffpreise und die teils mangelnde Verfügbarkeit von Rohstoffen Sorge“, analysiert KommR Ing. Hubert Culik, der neue Obmann der Österreichischen Lackindustrie. Die Rohstoffkosten haben für die Lackhersteller eine besondere Bedeutung, da 50% der Betriebskosten auf die Rohstoffe entfallen.

1. Quartal 2010 stimmt optimistisch
Insgesamt war die Branche 2009 von einem Rückgang von 17% (Menge) und 10% (Wert) betroffen. Deutlich war auch der Einbruch im Export: Die Exporte in die EU sanken um 29% (Menge) und 22% (Wert). Im 1. Quartal 2010 kam es im Hinblick auf die EU-Exporte zu einer deutlichen Erholung, es wurde um 17% mehr exportiert als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. „Die gesamten Exporte stiegen sogar um 27 % im Vergleich zum Vorjahr allerdings berechnet vom niedrigen Niveau 2009. Wir erwarten, dass sich dieser Trend bis Ende des Jahres fortsetzt“, erläutert Culik. Die Branche ist für 2010 etwas optimistischer und erwartet Umsatzzuwächse von 5-7% - trotzdem ist man von den Ergebnissen der Jahre 2007 und 2008 noch immer weit entfernt.

Die Lackindustrie fordert Rechtssicherheit
Im Bereich des Chemikalienrechts stand 2009 neben der Implementierung
und Umsetzung der REACH-Verordnung das neue Einstufungs- und Kennzeichnungssystem GHS und dessen europäische Umsetzung durch die CLP-Verordnung im Vordergrund. Durch diese Regulierungen werden für die Lackindustrie wichtige Stoffe wie Kobalttrockner schon mit Ende 2010 nicht mehr einsetzbar. „Gleichwertige Ersatzstoffe für den seit langem im Einsatz befindlichen Kobalttrockner gibt es aber noch nicht. Hier kommen auf unsere Industrie große Probleme zu, die technologisch noch einer Lösung bedürfen“, warnt Culik.

Als Belastung empfindet die österreichische Lackindustrie auch die gesetzlichen Regelungen bei Biozidprodukten. Als Beispiel seien hier die diclofluanidhältigen Holzschutzmittel angeführt, bei denen die Zulassungsanträge bis Ende 2009 gestellt werden mussten. Dieser Wirkstoff ist nach einer positiven Bewertung durch Großbritannien auf den Anhang I der Biozidprodukte-Richtlinie gelistet worden. Aufgrund neuer, nicht nachvollziehbarer Risikobewertungen wird Diclofluanid nun aber die Bewilligung wieder verweigert. Es ist nicht auszuschließen, dass eine negative Bewertung noch 2010 erfolgt und es keine Abverkaufsfristen für die Produkte geben wird. Für die Erstellung der Dossiers muss man mit Kosten von 120.000,- bis 150.000,- EUR (oder auch mehr) rechnen, die damit wohl verloren sind – woran vor allem Klein- und Mittelbetriebe leiden. Die Lackindustrie fordert daher einen Ersatz für diese „stranded costs“.

„Auch die EU hat aber erkannt, dass die derzeitigen Regelungen extrem teuer und für kleine und mittlere Unternehmen nicht leistbar sind. Deshalb wurde Anfang Oktober 2009 ein EU-Verordnungsvorschlag für die Neuregelung in diesem Bereich veröffentlicht“, erklärt DI Dr. Manfred Oberreiter, Obmann-Stellvertreter der Österreichischen Lackindustrie. Für den Bereich der Holzschutzmittel kommen diese geplanten Erleichterungen allerdings zu spät. Hauptkritikpunkt beim gegenwärtigen System ist die unpraktikable Handhabung der Rahmenformulierung durch einige Mitgliedsländer, insbesondere Deutschland. „Auf Antrag der Lack- und Anstrichmittelindustrie hat Österreich daher eine Binnenmarktbeschwerde gegen Deutschland eingebracht. Damit sollte erreicht werden, dass auch österreichische Hersteller Produkte in Deutschland ohne Behinderung auf den Markt bringen können“, so Oberreiter.

Die Forderungen der Lack –und Anstrichmittelindustrie hinsichtlich des Biozid-Rechts lassen sich in vier Punkte fassen:

  1. Planbare Regelungen und Rechtssicherheit
  2. Risikobewertung auf wissenschaftlicher Basis
  3. Vereinfachung und Zentralisierung der Produktzulassung
  4. Hilfestellung für KMU


Nationaler Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung
Ein Schwerpunkt der Arbeit der österreichischen Lack- und Anstrichmittelindustrie 2009 betraf den nationalen Aktionsplan für eine nachhaltige ökologische Beschaffung. Insbesondere die dort angeführte baubook-Datenbank war ein wichtiger Kritikpunkt. „Die Lackindustrie fordert daher die Streichung der Produktdatenbank „baubook“ im Aktionsplan Nachhaltige Beschaffung“, so Oberreiter.

Darüber hinaus fordert die Lack- und Anstrichmittelindustrie auch ein Ende der Umweltzeichenflut und der hohen Zertifizierungskosten, die der Umwelt nichts bringen. „Wir sprechen uns für ein einheitliches europäisches Umweltzeichen aus, mit vernünftigen Grenzwerten, die mit Einbindung der Industrie auf wissenschaftlicher Basis erstellt werden“, erklärt Oberreiter.

Forschungsförderung aufrecht halten
Mit Blick auf die Stärkung der Forschung und Entwicklung in der heimischen Lackindustrie fordert der Fachverband ein Bekenntnis zu weiterer öffentlicher Unterstützung. „In einem Branchengespräch haben wir Vorschläge für mögliche Forschungsvorhaben an die Entscheidungsträger im BMVIT herangetragen. Wir fordern nun aber konkrete Umsetzungsschritte und die Zusicherung, dass bei den zukunftsträchtigen Technologien nicht gespart wird“, so Culik.

VOC-Richtlinie 2. Stufe: Große Herausforderung gemeistert
Die zweite Stufe der europäischen VOC-Produkt-Richtlinie 2004/42/EG, die auch als Decopaint-Richtlinie bezeichnet wird, ist am 1. Jänner 2010 in Kraft getreten. Dazu Dr. Klaus Schaubmayr vom Fachverband der Chemischen Industrie, Berufsgruppe Lackindustrie: „Die österreichische Lack- und Anstrichmittelindustrie hat sich auf die Änderungen gut eingestellt. Die neuen Grenzwerte sind zwar sehr anspruchsvoll, aber machbar.“

Im Auftrag der EU-Kommission wurde kürzlich eine Ökopol-Studie zur Auslotung weiterer VOC-Reduktionspotentiale in der Lack- und Anstrichmittelindustrie veröffentlicht. Diese Studie wird die Grundlage für eine noch strengere VOC Produkt-Richtlinie sein, die 2015 in Kraft treten soll. Die in manchen Bereichen überschießenden Forderungen bzw. die vorgeschlagene Ausdehnung des Geltungsbereichs der neuen VOC-Produkt-Richtlinie werden von der Lackindustrie stark kritisiert. Dazu Schaubmayr: „Wir bekennen uns zur Reduktion von organischen Lösungsmitteln. Es wird aber immer Bereiche geben, wo organische Lösungsmittel eingesetzt werden müssen. Dies ist auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu sehen: Eine Beschichtung, die 3-mal so lange hält, ist auch dann nachhaltiger, wenn sie etwas mehr an organischen Lösungsmitteln enthält.“

Über den FCIO
Der Fachverband FCIO ist die gesetzliche Interessenvertretung der chemischen Industrie in Österreich und vereint rund 280 Mitgliedsunternehmen mit über 41.400 Mitarbeitern unter einem Dach. Der FCIO fördert die wirtschaftliche Entwicklung, indem er sich bemüht, die Rahmenbedingungen positiv zu beeinflussen. Er begutachtet Gesetze, vertritt die gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder gegenüber Behörden, Politik und Öffentlichkeit. Zugleich ist der Fachverband Kollektivvertragspartner und vertritt die Arbeitgeberinteressen der chemischen Industrie gegenüber den Gewerkschaften. Energiepolitik, Forschung & Entwicklung sowie die Förderung der naturwissenschaftlichen Bildung zählen ebenfalls zu wichtigen Themenfeldern der Fachverbandsarbeit im Interesse der gesamten chemischen Industrie.

     
Informationen: http://fcio.at.    
     
zurück