Beschluss einstimmig, weitergehende Oppositionsforderungen
abgelehnt
Wien (pk) – Bezüge und Pensionen der Politiker des Bundes und der Länder bleiben auch 2011
unverändert. Einen entsprechenden Gesetzentwurf beschloss der Nationalrat am 08.07. mit der erforderlichen
Verfassungsmehrheit auf Antrag der Regierungsparteien. Weitergehende Anträge von BZÖ und Grünen
sowie ein Entschließungsantrag der FPÖ blieben – wie schon im Verfassungsausschuss – in der Minderheit
und wurden abgelehnt.
Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) forderte die österreichischen PolitikerInnen dazu auf, sich ihres privilegierten
Status, was Bezüge und Pensionen anbelange, klar zu werden. Es gelte daher, sensibel mit diesen Materien umzugehen.
Wer in die Politik gehe, um hohe Gehälter zu kassieren, sei außerdem "fehl am Platz", denn
er habe nicht verstanden, was es bedeute, Volksvertreter zu sein. Die Qualität der Politik hänge auch
nicht mit der Höhe der Bezüge von PolitikerInnen zusammen. Das zeige das Beispiel Kenias, wo VolksvertreterInnen
die höchsten Netto-Bezüge erhielten und dennoch ein korruptes System herrsche, mehr als deutlich.
Abgeordneter Josef CAP (S) sprach sich dafür aus, eine Grundsatzdebatte über das Selbstverständnis
von PolitikerInnen zu führen. Was VolksvertreterInnen wert sind und leisten, könne man außerdem
nicht an quantitativen Faktoren wie der Zahl der Debattenbeiträge oder der Ausschussmitgliedschaften festmachen,
zeigte er sich überzeugt. Cap hielt es auch für "nicht in Ordnung", wenn Abgeordnete die Tätigkeit
des Parlaments öffentlich in ein negatives Licht rückten, weil sie eigene Interessen dort nicht zu 100
% durchsetzten könnten. Es wäre daher sinnvoll, zu "Sprachregelungen" zu kommen. Die geplante
Nulllohnrunde mache in Zeiten der Krise Sinn, doch dürfe sie nicht als Zeichen dafür verstanden werden,
dass PolitikerInnen "ihr Geld nicht wert sind", schloss er.
Bezugnehmend auf die Forderungen ihres Vorredners sprach sich Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) dafür aus, auch
die Usance der Regierungsparteien, Oppositionsanträge zu vertagen, um nicht Stellung beziehen zu müssen,
zu diskutieren. Die Grünen stimmen der Nulllohnrunde zu, doch sei diese nur eines von vielen notwendigen Signalen
in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise. Einsparungspotential sah Musiol nämlich auch bei den Informationskampagnen
von Regierungsmitgliedern, die ihr zufolge häufig nur zur Stützung von Parteipolitik und zum Zelebrieren
eines "Personenkults" in Auftrag gegeben würden.
Abgeordneter Wilhelm MOLTERER (V) meinte, man wolle die parlamentarischen Aufgaben auch in der europäischen
Dimension wahrnehmen, weshalb er die diesbezügliche Ausweitung der Kompetenzen des Parlaments begrüße.
Die Mandatare hätten allen Grund, selbstbewusst zu agieren, sie leisteten wichtige Arbeit, die auch ihren
Wert habe. Darauf gelte es in allfälligen Gehaltsdebatten Bedacht zu nehmen.
Abgeordneter Ewald STADLER (B) sagte, er gehe davon aus, dass Konsens darüber herrsche, dass man in der gegenwärtigen
Situation niemanden erklären könnte, dass sich ausgerechnet die politische Kaste selbst ihre Gehälter
erhöht. Der Redner erläuterte die Intentionen seiner Fraktion in dieser Frage und kritisierte das diesbezügliche
Verhalten der Regierungsparteien. Der Antrag der Regierungsfraktionen sei von einem BZÖ-Antrag abgeschrieben
worden, was beweise, dass in diesem Hause erst dann etwas beschlossen werden dürfe, wenn sich der Name von
Regierungsabgeordneten auf dem Dokument finde.
Abgeordneter Peter PILZ (G) zählte zunächst die Aufgaben des Parlaments auf und kritisierte die Regierungsparteien
dafür, dass sie stets dann, wenn es brisant werde, das Parlament an der Ausübung seiner Aufgaben hindere.
Dies illustrierte der Redner anhand konkreter Beispiele, so etwa das abrupte Ende von Untersuchungsausschüssen,
die Verwässerung von Gesetzesinitiativen und die mutwillige Verschiebung der Budgetberatungen.
Die Nulllohnrunde für Politiker wurde einstimmig angenommen, die diesbezüglichen Oppositionsanträge
mehrheitlich abgelehnt.
Änderung des Signaturgesetzes
Nach dem Beschluss zur Politiker-Nulllohnrunde 2011 verabschiedeten die Abgeordneten eine Änderung des Signaturgesetzes
zur Behebung von Umsetzungsproblemen bei der Weiterführung qualifizierter Zertifikate einstimmig. Positive
Wortmeldungen kamen von den Abgeordneten Sonja STESSL-MÜHLBACHER (S) und Johann SINGER (V).
Anerkennung von Vordienstzeiten im öffentlichen Dienst
In weiterer Folge berücksichtigte der Nationalrat ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Anrechnung
von Vordienstzeiten im öffentlichen Dienst, die vor dem 18. Lebensjahr erworben wurden. Die diesbezüglichen
Gesetzesanpassungen passierten das Plenum mit der Mehrheit von SPÖ und ÖVP.
Abgeordneter Werner HERBERT (F) nannte die Vorlage ein Beispiel dafür, wie man Politik nicht machen dürfe.
Der Entwurf sei voll inhaltlicher Fehler und zudem moralisch äußert fragwürdig. Der Redner zeigte
sich überzeugt, dass bei Umsetzung dieses Entwurfes mit einschneidenden Verschlechterungen für die Betroffenen
zu rechnen wäre, weshalb er sich dafür ausspreche, ihn abzulehnen.
Abgeordneter Otto PENDL (S) widersprach seinem Vorredner. Von Verschlechterungen könne nicht die Rede sein,
vielmehr gehe es um eine faire Lösung im Sinne der Konsolidierung des Rechtsbestandes. In weiterer Folge brachte
der Redner einen Abänderungsantrag ein, der legistische Präzisierungen der in Rede stehenden Materie
beinhaltete. Schließlich bedankte sich der Redner bei den Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes und
insbesondere bei denen der Parlamentsdirektion für ihre hervorragende Arbeit.
Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) sprach hingegen von einer "Verhinderung einer Verbesserung", denn in
dieser Vorlage sei keine Besserstellung für die Betroffenen zu erkennen. Vielmehr handle es sich um eine "Husch-Pfusch-Aktion",
wie man sie nicht brauchen könne. Was man wirklich brauche, sei eine Staats- und Verwaltungsreform.
Abgeordnete Gabriele TAMANDL (V) meinte, von einer Verschlechterung für die betroffenen Beamten könne
keine Rede sein. Auch könne man nicht von einer "Husch-Pfusch-Aktion" sprechen, denn die Novelle
sei ein Jahr lang sorgfältig vorbereitet worden. Sie trete daher für deren Annahme ein.
Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) signalisierte die Zustimmung ihrer Fraktion zum in Rede stehenden Entwurf. Sodann
befasste sich auch Musiol mit Aspekten der Verwaltungsreform, dabei eine Forcierung der diesbezüglichen Aktivitäten
einmahnend.
Bundesministerin Gabriele HEINISCH-HOSEK ging auf die Details der Vorlage ein und zeigte sich überzeugt, dass
man mit Bedacht eine ansprechende Lösung erarbeitet habe, sodass sie den Vorwurf, der Entwurf bringe Verschlechterungen,
nicht nachvollziehen könne. Die Neuregelung sei gut und bringe dem Staat zudem konkrete Einsparungen, betonte
das Regierungsmitglied.
Abgeordnete Angela LUEGER (S) unterstrich gleichfalls die Gründe, die zu diesem Entwurf geführt hätten
und zeigte sich mit diesem zufrieden.
In einer zweiten Wortmeldung präzisierte Abgeordneter Werner HERBERT (F) seinen Standpunkt.
Die Vorlage wurde in der Fassung des Abänderungsantrages der Regierungsfraktionen mehrheitlich angenommen.
Vermeidung der Staatenlosigkeit bei BürgerInnen aus Nachfolgestaaten
Schließlich stimmten die Abgeordneten einstimmig einem Übereinkommen des Europarates zur Vermeidung
der Staatenlosigkeit im Zusammenhang mit der Staatennachfolge zu.
Abgeordnete Karin HAKL (V) erinnerte an die seinerzeitige Trennung zwischen den Staaten Tschechien und Slowakei,
in deren Zuge einige ehemalige Bürger der Tschechoslowakei Schwierigkeiten gehabt hätten, eine neue Staatsbürgerschaft
zu erlangen. Ähnliches habe für die Krim-Tataren gegolten. Diese Beispiele belegten die Notwendigkeit
der Regierungsvorlage, für deren Annahme sie warb, da mit dieser eine neue rechtliche Dimension geschaffen
werde. Diese Entwicklung sei außerordentlich wichtig und werde den Europarat stärken, zeigte sich die
Rednerin überzeugt.
Abgeordnete Gisela WURM (S) hob auch ihrerseits die Bedeutung des Europarats und dessen Rolle im Kampf für
die Menschenrechte hervor und unterstützte mit Nachdruck das vorliegende Übereinkommen zur Vermeidung
der Staatenlosigkeit.
Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) begrüßte ebenfalls das Abkommen, warnte aber vor einer "Europarats-Euphorie"
und sprach von Fehlentwicklungen und Skurrilitäten in der Menschenrechtspolitik der Straßburger Organisation.
Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G) zeigte sich irritiert über den Umstand, dass es Auslandsösterreichern
nicht ohne weiteres möglich ist, Doppelstaatsbürgerschaften anzunehmen.
Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) sah den Europarat in einer Sinnkrise, kündigte aber die Zustimmung seiner
Fraktion zum Abkommen an.
Abgeordnete Marianne HAGENHOFER (S) unterstrich bei dem Abkommen vor allem die Aspekte der Nichtdiskriminierung
und der Verantwortung des Nachfolgestaates und interpretierte die Vorlage insgesamt als Ausbau der Menschenrechte.
Das Übereinkommen wurde einstimmig genehmigt. |