IV-GS Beyrer: IV-Konjunkturbarometer stößt weiter in positives
Terrain vor – Deutlich verbesserte Auftragslage – Allmähliche Erholung der Beschäftigungs- und Ertragslage
Wien (pdi) - Die konjunkturelle Erholung in der österreichischen Industrie gewinnt während
des Frühsommers an Dynamik. Das IV-Konjunkturbarometer, das als Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen
Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten bestimmt wird, steigt im 2.Quartal 2010 auf +23
Punkte nach +9 Punkten im Vorquartal.
„Die Sonne scheint – sie wärmt durchaus auch die Industrie: Seit dem zweiten Quartal partizipiert die Industrie
verstärkt am internationalen Aufschwung – neben der deutlich erholten Mengenkonjunktur spielt dabei auch die
bessere preisliche Wettbewerbsfähigkeit infolge der Euro-Abwertung eine Rolle“, so der Generalsekretär
der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Markus Beyrer, zum Hauptergebnis der IV-Konjunkturerhebung für
das 2. Quartal 2010. „Zwar wird die derzeitige Erholung zumindest bis in das dritte Quartal anhalten, dabei gegen
Ende des Jahres allerdings etwas an Kraft verlieren.“
Das zurückliegende Quartal war nicht zuletzt von einer zunächst witterungs-, später dann auch vulkanaschebedingten
Aufholbewegung zuvor eingetretener Produktionsausfälle gekennzeichnet. Im Ergebnis ist die Kapazitätsauslastung
in der österreichischen Industrie auf 79% gestiegen, bleibt aber gegenüber dem langjährigen Mittelwert
von 82% weiterhin unterdurchschnittlich.
Vor dem Hintergrund von Überkapazitäten wird die Sachkapitalbildung dementsprechend weiterhin stark eingeschränkt.
Die Ausrüstungsinvestitionen insbesondere bei Fahrzeugen, aber auch bei Maschinen gehen zurück, zugleich
verzeichnet der Wirtschaftsbau anhaltende Einbußen. Im Vordergrund der Investitionstätigkeit stehen
Ersatz- und Diversifikationsinvestitionen, während Kapazitätserweiterungen von nachrangiger Bedeutung
sind. „Ein Anspringen der Investitionsnachfrage ist erst im kommenden Jahr zu erwarten – mit der korrespondierenden
Ausweitung der Kreditnachfrage wird sich erweisen, inwieweit die rezessive Entwicklung des Kreditvolumens angebots-
oder nachfragebedingt ist“, betonte Beyrer.
Die Einschätzung der derzeitigen Geschäftslage in der Industrie hat sich von +2 Punkten auf +31 Punkte
deutlich verbessert. Erstmals im laufenden Konjunkturzyklus überwiegt damit die Zahl der Unternehmen mit positiver
Einschätzung jene mit negativer Einschätzung des aktuellen Geschäftsverlaufs klar. Allerdings liegt
der Anteil der Unternehmen mit gutem Geschäftsverlauf (36%) nach wie vor nicht nur unter dem langjährigen
Durchschnitt von 41%, sondern sogar markant unter dem Wert der letzten Halbdekade vor Beginn der Rezession mit
55%.
Bei der Erwartungskomponente mit Sechs-Monats-Horizont ist hingegen eine leichte Abschwächung zu verzeichnen
– der Saldo sinkt von +16 auf +14 Punkte. „Dementsprechend ist zu erwarten, dass die Erholungsdynamik im weiteren
Verlauf des Sommers ihren oberen Scheitelpunkt erreicht. Sowohl der Anteil der Unternehmen, die eine anhaltende
Verbesserung erwarten (22%) als auch der Anteil jener Unternehmen, die eine erneute Abschwächung erwarten
(8%), nimmt dabei ab – dies deutet auf eine bessere Planbarkeit des weiteren Geschäftsverlaufes bei insgesamt
geringer Dynamik hin“, sagte der IV-Generalsekretär.
„Das Ausstoßniveau des letzten Vorkrisenjahres 2008 wird somit frühestens im Jahr 2012 wieder erreicht
werden“, stellt IV-Chefökonom Dr. Christian Helmenstein fest. „Der Erholungsprozess kommt voran, ein selbsttragender
Aufschwung ist noch nicht in Sicht.“
Die Ergebnisse im Detail
Die Auftragsbestände weisen derzeit einen Saldo von +40 Punkten nach +11 Punkten auf – knapp die Hälfte
(44%) der Unternehmen bezeichnet ihren Auftragsbestand wieder als gut. Der nunmehr deutlich günstigere Verlauf
der Mengenkomponente der Konjunkturerholung wird in den kommenden Monaten produktions- und beschäftigungsstabilisierend
wirken – und zwar in einem Ausmaß, dass das Szenario eines erneuten Abgleitens in die Rezession im weiteren
Verlauf des heurigen Jahres für die österreichische Wirtschaft als minimal anzusehen ist. Der Erholungspfad
erscheint trotz der nach wie vor hohen Volatilität auf den Finanzmärkten somit einstweilen intakt.
Hierzu beigetragen haben wesentlich die Bestellungen aus dem Ausland, doch liegt der Saldo dieses Aggregates mit
+32 Punkten nach +7 Punkten hinter der Dynamik der Inlandsaufträge zurück. Die den Export begünstigende
Abwertung des Euro gegenüber anderen wichtigen Fakturawährungen wirkt hier erst mit Verzögerung,
sodass diese Komponente auf Sicht der kommenden Quartale noch weiteres Verbesserungspotenzial bergen sollte, es
sei denn der Welthandel insgesamt würde erneut einen negativen Schock erfahren.
Die verbesserte Auftragslage übersetzt sich auf Sicht der kommenden drei Monate in eine neuerliche Ausweitung
der Produktionstätigkeit in der Industrie. Dabei wirkt der zyklische Lageraufbau noch unterstützend,
sodass der Saldo von +15 auf +23 Punkte zunimmt.
Im Vorquartal setzte sich der über einen Zeitraum von insgesamt sechs Quartalen zu beobachtende Beschäftigungsabbau
nicht mehr fort, obwohl die Arbeitsproduktivität im Vorjahr erheblich zurückgegangen ist. Auf Sicht der
kommenden drei Monate hellen sich die Arbeitsmarktperspektiven allmählich weiter auf (Saldo von +12 nach +6)
– nur noch jedes zwanzigste Unternehmen erwartet einen fallenden Beschäftigtenstand. Allerdings geht auch
die Einstellungsneigung der Unternehmen zurück – beabsichtigten im Vorquartal noch 21% der Unternehmen, zusätzliche
Beschäftigte aufzunehmen, sinkt dieser Anteil auf 17% im laufenden Quartal.
Auf der Erlösseite rechnen die Unternehmen weiterhin mit einer hohen Wettbewerbsintensität bei den Verkaufspreisen
(Saldo +8 nach -1). Anteilsmäßig sehen 72% der Respondenten keine Veränderung der Absatzbedingungen,
während knapp ein Fünftel (18%) der Respondenten erwartet, bessere Verkaufspreise erzielen zu können.
Aufgrund der weiter zunehmenden, aber noch unterdurchschnittlichen Kapazitätsauslastung ist erstmals seit
eineinhalb Jahren trotz anhaltend hohen Kostendrucks eine Stabilisierung der Ertragslage auf niedrigem Niveau zu
verzeichnen (Saldo von +10 nach -5). Eine tiefgreifende Verbesserung der finanziellen Stabilität der Unternehmen
ist angesichts der geringen Erholungsdynamik auf Sicht von sechs Monaten allerdings nicht zu erwarten (Saldo +8
nach +12).
Zur Befragungsmethode
An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten sich 463 Unternehmen mit mehr
als 280.300 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: den Unternehmen
werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten)
Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver
und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet. |