Grünes Licht für SWIFT II  

erstellt am
08. 07. 10

SWIFT-Anti-Terror-Abkommen angenommen
Straßburg (eiuroparl) - Das EP hat die neue Version des SWIFT-Anti-Terror-Abkommens über Bankdatenübermittlungen in die USA am 08.07. angenommen. Nach der Ablehnung der Vereinbarung in seiner ursprünglichen Version vor vier Monaten haben die Abgeordneten bestimmte Schutzklauseln für europäische Bürger ausgehandelt. Des Weiteren könne die EU mit den Arbeiten zu einem Europäischen Datenverarbeitungssystem, das die Massenübertragung von Daten in die USA ausschließt, in der zweiten Hälfte dieses Jahres beginnen.

Die von Alexander ALVARO (FDP, Deutschland) ausgearbeitete Empfehlung, in der das Europäische Parlament das Abkommen genehmigt, ist mit 484 Ja-Stimmen und 109 Nein-Stimmen bei 12 Enthaltungen angenommen. Das Abkommen soll zum 1. August dieses Jahres in Kraft treten.

"Im Februar hat das Parlament ein eindeutiges Signal ausgesendet. Wir haben deutlich gemacht, dass der Vertrag von Lissabon uns mehr Möglichkeiten und mehr Verantwortung gegeben hat", sagte Alexander Alvaro in der Debatte am Dienstag vor der Abstimmung im Plenum. "Während den Verhandlungen konnte das Parlament sicherstellen, dass Verbesserungen in das Abkommen aufgenommen wurden."

Alvaro betonte zudem, dass das Abkommen nicht die Übermittlung von Finanzen zwischen EU-Staaten, lediglich solche Daten umfasse, die in Verbindung zu Finanztransaktionen in außereuropäische Länder stehen. Artikel 4 der Übereinkunft schließe die Übertragung von jeglichen Daten im Zusammenhang mit dem Einheitlichen Europäischen Zahlungsverkehrsraums aus.

Der Kompromiss wird von den Fraktionen EVP, S&D, ALDE und EKR unterstützt. Die Grünen/EFA, VEL/NGL und Teile der EFD sind dagegen. Zwei Mindermeinungen sind dem Bericht beigefügt (siehe unten).

Abschaffung der Massenübertragung von Daten
Der Schlüssel für das Abkommen war für das Parlament die letztendliche Abschaffung von "Massen"-Übertragungen von Daten. Im Gegenzug für die Unterstützung des Abkommens haben die Abgeordneten das Projekt, mit den Arbeiten zur Einrichtung eines europäischen Äquivalents zum US-"Terror Finance Tracking Program (TFTP)" zu beginnen, gewonnen. Dieses würde die Notwendigkeit für Massenübertragungen von Daten ausschließen und soll innerhalb von 12 Monaten in Angriff genommen werden. Sobald Europa ein System hat, das es ermöglicht, Daten auf ihrem eigenen Gebiet zu analysieren, brauchen nur noch Daten im Zusammenhang mit bestimmten terroristischen Hinweisen übertragen werden.

Eine neue Rolle für Europol
Eine weitere Innovation des neuen Abkommens ist, dass es "Europol" - das in Den Haag befindliche Polizeiamt der EU - befähigt, Datentransfer in die USA zu blockieren. Europol wird überprüfen müssen, dass jeder Antrag auf Datenübermittlung des US-Finanzministeriums zur notwendigen Terrorismusbekämpfung gerecht fertigt ist. Des Weiteren müsse überprüft werden, dass das angeforderte Datenvolumen so klein wie möglich ist.

Überwachung der Datenverarbeitung durch einen Vertreter der EU in den USA
Die neue Version des Abkommens sieht vor, dass die Verwendung von Daten durch die USA von einer Gruppe von unabhängigen Inspektoren, einschließlich eines Vertreters, der durch die Kommission und das Europäische Parlament ernannt wurde, überwacht wird. Die Daten dürfen ausschließlich zur Bekämpfung von Terrorismus verwendet werden. Dieser Vertreter wird berechtigt sein, Rechtfertigungen zu verlangen, bevor jegliche Daten verwendet werden. Des Weiteren ist er berechtigt, jede Suchanfrage zu blockieren, die er für illegal erachtet.

Das Abkommen verbietet dem US TFT-Programm "Data mining" (gezielte Datensuche) oder jede andere Art von algorithmischer oder automatisierter Profilerstellung bzw. Computer-Filterung. Jede Suchanfrage von SWIFT-Daten muss auf vorhandenen Informationen basiert sein, die anzeigen, dass das gesuchte Objekt in Verbindung zu Terrorismus oder zur Finanzierung von Terrorismus steht.

Recht auf Beschwerde für europäische Bürger
Im Februar 2010 forderten die Abgeordneten, dass in jeder neuen Fassung des Abkommens die europäischen Bürger die gleichen juristischen Beschwerdeverfahren gewährleistet werden wie die für Daten, die auf dem Gebiet der Europäischen Union vorherrschen. Im neuen Vorschlag heißt es diesem Mal, dass das US-Gesetz ein Recht auf Beschwerde, unabhängig der Nationalität, vorsehen müsse.

Vorratsspeicherung von Daten und deren Löschung
Extrahierte Daten sollen nur für die Dauer von bestimmten Verfahren und Untersuchungen, für die sie verwendet werden, gespeichert werden. Jedes Jahr muss das US-Finanzministerium eine Bestandaufnahme aller Daten machen, die sie nicht extrahiert und damit individualisiert haben. Somit haben sie keinen weiteren Nutzen mehr zur Terrorismusbekämpfung und müssen deshalb gelöscht werden. Spätestens nach fünf Jahren müssen solche Daten gelöscht werden.

Zwei Mindermeinungen
Die erste der beiden Mindermeinungen, die von sechs Abgeordneten der VEL/NGL und den Grünen/EFA unterzeichnet ist, sagt, dass "Das EU-US-Abkommen zur TFTP nicht den Garantien entspricht, die vom EP in seinen vorherigen Resolutionen gefordert wurden", vor allem im Bereich zu "Massenübertragung von Daten". Darüber hinaus heißt es, "Die Rolle der Überwachung von Europol ist unklar und wird eine Anpassung seines Mandats nach sich ziehen. Europol ist keine Justizbehörde." Des Weiteren finden die Abgeordneten, dass "Solch ein Abkommen stellt eine klare Verletzung der EU-Gesetzgebung zu Datenschutz dar". Ferner fügen sie hinzu, dass die Dauer der Vorratsspeicherung von Daten "bei weiten zu lang" sei und die Bestimmungen über die Rechte der betroffenen Person überhaupt nicht den europäischen Kriterien entsprechen.

Die zweite Mindermeinung, unterzeichnet von Gerard BATTEN (EFD, Vereinigtes Königreich) hält den Gesetzesvorschlag für "demokratisch nicht legitim". Darüber hinaus sagt Batten, dass "der Entwurf des Abkommens erst am 27. Mai und nur für eine begrenzte Anzahl von Abgeordneten zur Verfügung stand. Ferner sagte er, dass "diese vertraulichen und privaten finanziellen Daten dem einzelnen und nicht der Europäischen Union oder dem Parlament gehören."

Nächste Schritte
Das Abkommen soll am 1. August 2010 in Kraft treten für einen Zeitraum von fünf Jahren und wird danach jährlich zu erneuern sein. Jedoch werden Europäer und Amerikaner die Funktionsweise der Schutzklauseln und die Kontrollsysteme des Abkommens bewerten müssen, spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Abkommens. Die Kommission soll in der zweiten Hälfte von 2010 mit den Arbeiten zu der Schaffung eines europäischen TFTP beginnen und müsse einen Fortschrittsbericht innerhalb von drei Jahren erstellen.

 

Strasser: SWIFT-Abkommen mit großer Mehrheit angenommen
Nächster Schritt: EU-USA Fluggastdaten-Abkommen
Straßburg (övp-pd) - "Das heutige klare JA zum Swift- Bankdatenabkommen mit den Amerikanern ist nicht nur ein inhaltlicher Erfolg für das Europäische Parlament, sondern vor allem auch ein politischer Erfolg. Es ist der erste klare Meilenstein in der Umsetzung des Vertrags von Lissabon", so Dr. Ernst Strasser als Swift-Chefverhandler der EVP-Fraktion, der größten Fraktion im Europäischen Parlament. Das Abkommen sei nötig, um im Kampf gegen den Terrorismus Fortschritte zu machen. "Das Parlament hat aber klar gemacht, dass dies nur auf europäischen Standards möglich ist. Wir sind der USA als ein Partner auf gleicher Augenhöhe gegenüber getreten und konnten für die europäischen Bürger viel erreichen", so Strasser nach der Swift-Abstimmung, die mit 484 Pro-Stimmen und 109 Gegenstimmen verabschiedet wurde.

Nachdem das Parlament das Abkommen im Februar abgelehnt hatte, konnten seither wesentliche Verbesserungen durch die Europaabgeordneten im Datenschutz und in den Bürgerrechten erreicht werden. Diese Haltung solle auch in den anstehenden Neuverhandlungen des Fluggastdaten-Abkommens, dem sogenannten PNR- Abkommen, mit den USA beibehalten werden. "Im September wird die Kommission die Verhandlungsleitlinien dazu vorlegen. Die EVP- Fraktion wird auch hier datenschutzrechtlich hohe Anforderungen an das Abkommen zum Schutz der Bürger stellen", erklärt Strasser als Berichterstatter für die Stellungnahme im Auswärtigen Ausschuss zum neuen PNR-Abkommen ist.

 

Leichtfried und Swoboda: Ja oder Nein zu Swift ist Gewissensentscheidung
Das Europäische Parlament zeichnet sich dadurch aus, dass es keinen Fraktionszwang gibt
Wien (sk) - Am 08.07. wurde im Europäischen Parlament über das Swift-Bankdatenabkommen entschieden. Es wurde mit großer Mehrheit angenommen. Die Delegation der SPÖ-EU-Abgeordneten hat in der Frage von Swift kein geschlossenes Abstimmungsverhalten gezeigt. Hannes Swoboda, Vizepräsident der S&D-Fraktion, hat für das neue Abkommen gestimmt, Delegationsleiter Jörg Leichtfried, Evelyn Regner und Karin Kadenbach dagegen. "Das Europäische Parlament zeichnet sich dadurch aus, dass es keinen Fraktionszwang gibt. In der S&D-Fraktion gibt es unterschiedliche Stimmen zum Swift-Abkommen, diese Meinungsvielfalt spiegelt sich auch in der Delegation der SPÖ-EU-Abgeordneten wieder", erläutert Leichtfried, der auch darauf verweist, dass die Abstimmung über Swift eine Gewissensentscheidung sei.

Alle vier SPÖ-EU-Abgeordneten sind sich darüber einig, dass im Vergleich zum ersten Abkommen, welches vom EU-Parlament abgelehnt wurde, in der Frage des Datenschutzes Fortschritte gemacht wurden. Dies ist auf die intensiven Verhandlungen des EU-Parlaments zurückzuführen. Dennoch, so Leichtfried, sind für ihn weitere Zweifel angebracht, es gehe dabei nicht nur um den Inhalt des Abkommens, sondern um eine prinzipielle Ablehnung von Maßnahmen, die dazu beitragen, den Überwachungsstaat noch weiter auszubauen. Hannes Swoboda betont, dass mit dem neuen Abkommen sowohl dem Kampf gegen den Terrorismus als auch dem Schutz der Privatsphäre genüge getan wird und er deshalb die Zustimmung erteilt hat.

 

Obermayr: Privatsphäre der Bürger wird verraten
Vertreter der österreichischen Regierungsparteien als Umfaller
Wien (fpd) - "Wer am lautesten protestiert, der kauft bekanntlich als Erster. Noch im Februar wurde das "Nein" zum SWIFT-Abkommen als Meilenstein für den Schutz der Bürgerrechte und als Machtdemonstration des EU-Parlaments gefeiert, und heute öffnen dieselben Parlamentarier alle Schleusen für einen Bankdatentransfer in die USA", kommentiert FPÖ-Europaabgeordneter Mag. Franz Obermayr die Abstimmung über das SWIFT-Abkommen im EU-Parlament.

Noch vor einem halben Jahr übte der österreichische Ex-Innenminister Ernst Strasser scharfe Kritik am Entwurf der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft für das SWIFT-Abkommen. Demnach sei ein nahezu unbegrenzter Zugriff der USA auf Daten europäischer Bankkunden absolut abzulehnen, solange nicht Grundvoraussetzungen wie ein glasklarer Datenschutz und vollständige Reziprozität erfüllt seien. Heute spricht Strasser hingegen von einem Meilenstein, erreichten Forderungen, strengen Kontrollmechanismen, dem Klagsrecht für EU-Bürger und einem "vollen Verhandlungserfolg für das Europäische Parlament". Mit dem Ergebnis, zum Schutz der Privatsphäre der Bürger sei er sehr zufrieden.

Diese "Ergebnisse in Sachen Datenschutz" lauten im Detail: Sensible Daten werden ausnahmslos fünf Jahre lang gespeichert anstatt bloß auf Verdacht im Einzelfall. Europol, obwohl selbst als Exekutivorgan an den Daten interessiert, soll diese überwachen, und der vielgepriesene Rechtsschutz sieht so aus, dass EU-Bürger ihre Rechte nur vor US-Gerichten einklagen werden können.

"Während die Vertreter der österreichischen VP im EU-Parlament in ihrer Argumentation also eine 180 Grad Kehrtwende vollzogen haben und unkontrollierbare Datenübermittlung an die USA nun als Schutz der Privatsphäre der Bürger verkaufen, ist die Delegation der SPÖ im Liegen umgefallen!", so Obermayr. Immerhin habe deren Delegationsleiter Leichtfried noch vor wenigen Tagen von "angebrachter Skepsis" gesprochen, die Grundfreiheiten strapaziert, eine Herabsetzung der Dauer des SWIFT-Abkommens auf drei Jahre verlangt und darauf plädiert, das Abkommen nochmals sorgfältig zu prüfen und nicht überhastet zuzustimmen.

"Nachdem diese Forderungen ungehört blieben, hat die SPÖ-Delegation dem SWIFT-Abkommen heute trotzdem zugestimmt", kritisiert Obermayr. "Wieder einmal versuchen die Vertreter der österreichischen Regierungsparteien im EU-Parlament die Bevölkerung für dumm zu verkaufen. In Österreich spuckt man große Töne und in Straßburg wird dann reihenweise umgefallen. Hier muss man wirklich annehmen, dass die Kollegen von SPÖ und ÖVP ihre Rechtschaffenheit beim check-in in Österreich abgegeben und vergessen haben, sie am Flughafen Frankfurt wieder abzuholen", so Obermayr abschließend.

 

 Lichtenberger: Rückschlag für internationalen Grundrechtsschutz
Es ist äußerst schade, dass die EU mit der Parlamentsabstimmung ihre Einflussmöglichkeiten auf die US-Seite erheblich schwächt.
Wien (grüne) - Zur Verabschiedung des so genannten SWIFT-Abkommens über die Weitergabe von europäischen Bankdaten an US-Behörden im Straßburger Plenum des EU-Parlaments erklärt Eva Lichtenberger, Europaabgeordnete der Grünen:

"Die mehrheitliche Zustimmung des EU-Parlaments zum neuen SWIFT-Abkommen stellt einen Rückschlag für die Verhandlungen um einen verbindlichen Grundrechtsschutz in der internationalen Sicherheitszusammenarbeit dar. Zwar wurden im Vergleich zum vorherigen Entwurf richtige Korrekturen erreicht, der grundsätzlichen Kritik an der massenweisen verdachtsunabhängigen Datenweitergabe und den viel zu langen Speicherfristen wurde allerdings nicht nachgekommen. Die ganz große Koalition aus Konservativen, Sozialdemokraten und auch Liberalen akzeptiert damit eine Absenkung bisher geltender Rechtsstaatsprinzipien und riskiert eine EU-rechtswidrige Regelung.

Als Grüne haben wir daher das neue Abkommen abgelehnt und wollen als progressive Kraft für höhere Datenschutz- und Rechtsschutzstandards vor allem zwischen der EU und den USA eintreten. Es ist äußerst schade, dass die EU mit der Parlamentsabstimmung ihre Einflussmöglichkeiten auf die US-Seite erheblich schwächt. Ein echter Wandel im Sinne der Bürgerrechte im Anti-Terror-Kampf benötigt mehr Mut und Durchhaltevemögen."
 
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