Hohe staatliche Auszeichnung für Paul Schulmeister – Auch im Schatten von Manifestationen
gegen die Politik der israelischen Regierung darf sich kein Antisemitismus entwickeln
Wien (pew) - Den Einsatz für das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religion
bezeichnete Kultusministerin Claudia Schmied bei der Überreichung des Großen Ehrenzeichens für
Verdienste um die Republik Österreich an Paul Schulmeister als „ständige Aufgabe“. Claudia Schmied würdigte
das Engagement des Publizisten – und früheren Präsidenten der Katholischen Aktion Österreichs (KAÖ)
wie des Katholischen Akademikerverbands Österreichs – für diese Aufgabe. Schulmeister betonte in seinen
Dankesworten, dass es im Dialog der Religionen um mehr gehe als um „sozialpolitische Fragen“. In Österreich
gebe es an sich ein gutes Gesprächsklima zwischen den Religionen, aber auch hier sei dieses Klima „Belastungen
ausgesetzt“. Diese Belastungen seien letztlich auf den Nahostkonflikt zurückzuführen. In diesem Zusammenhang
appellierte Schulmeister, „keine unkontrollierbaren Emotionen freizusetzen“, im Schatten von Manifestationen gegen
die Politik der israelischen Regierung dürfe sich kein Antisemitismus entwickeln.
Österreich soll sich nicht „abkapseln“, sondern für Offenheit optieren, unterstrich der Publizist und
frühere KAÖ-Präsident. Das sei für die „humanitas austriaca“ kennzeichnend. Schulmeister nannte
drei Autoren, die für die Analyse der Gegenwart wichtig sind: Wystan Hugh Auden, der in seinem am Ende des
Zweiten Weltkriegs entstandenen Poem „The Age of Anxiety“ (Das Zeitalter der Angst) die vielfachen Versuchungen
des „Kriegs, der wir sind“ nachzeichnete; der deutsche Verfassungsjurist Ernst Wolfgang Böckenförde („der
freiheitliche Staat lebt von Voraussetzungen, die er sich nicht selbst geben kann“) und Gilbert K. Chesterton,
der mit seiner Definition der Tradition als „Demokratie für die Toten“ einen Hinweis darauf gab, dass Europa
ohne Einsicht in sein Erbe nicht zukunftsfähig ist.
In seiner Laudatio hatte der Grazer Bischofsvikar Heinrich Schnuderl – früher geistlicher Assistent der Katholischen
Aktion – die Verdienste Paul Schulmeisters für den christlich-jüdischen Dialog und die christlich-islamische
Begegnung betont. Schnuderl erinnerte daran, dass Schulmeister am 12. Oktober 1986 bei der ersten christlich-jüdischen
„Stunde der Begegnung“ in der Nationalbibliothek das Wort des polnischen Historikers und späteren Außenministers
Wladyslaw Bartoszewski von der „Gefahr der Gleichgültigkeit und des Opportunismus“ in den Mittelpunkt gestellt
hatte. Mit den Veranstaltungen „Shalom für Österreich“ habe Schulmeister nicht nur mitgeholfen, das
Schweigen zwischen nichtjüdischen Österreichern und den jüdischen Mitbürgern aufzubrechen,
sondern vielen auch einen Erstzugang zur bahnbrechenden Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils über
das christlich-jüdische Verhältnis „Nostra Aetate“ erschlossen. Angesichts der antisemitischen Untertöne
im Zusammenhang des Präsidentschaftswahlkampfs 1986 seien diese Initiativen besonders bedeutsam gewesen.
Auch die Initiativen Schulmeisters für die christlich-islamische Begegnung – etwa im Rahmen der zivilgesellschaftlichen
Plattform „Christen und Muslime“ – seien ein bewusster Gegenakzent angesichts der weltweiten Auseinandersetzung
über die dänischen Mohammed-Karikaturen gewesen, betonte Schnuderl. Die Initiativen Schulmeisters seien
von der Überzeugung getragen, dass das „verletzende Wort“ eine „Vorform physischer Gewalt“ sein kann. Zugleich
sehe er im Auftrag zur Begegnung jenes „Lebensprinzip“ Österreichs, das der große Schriftsteller Reinhold
Schneider in seinem Werk „Winter in Wien“ eindrucksvoll beschrieben habe.
Das Amt des Präsidenten der Katholischen Aktion Österreichs habe Schulmeister 1986 in einer für
die katholische Kirche schwierigen Zeit übernommen, unterstrich Schnuderl. Damals sei es um das „Erbe von
Kardinal König“ gegangen, aber auch darum, die Markierungen des „Mariazeller Manifests“ von 1952 weiterzuschreiben
und die Impulse des Zweiten Vatikanischen Konzils fruchtbar zu machen. Schulmeister habe 1988 ganz bewusst das
Gespräch mit Rom gesucht und sei mit einer Delegation des Präsidiums der Katholischen Aktion in den Vatikan
gefahren. Damals habe es Gespräche mit führenden Kardinälen mit Joseph Ratzinger an der Spitze
gegeben.
An der Überreichungszeremonie im Unterrichtsministerium nahmen u.a. auch der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl
und der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Anas Schakfeh, teil. |