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Fehlende Nachfrage und weniger der Wechselkurs dominiert den Außenhandel Österreichs in der Krise |
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FIW-Policy Brief Nr. 5 "Wechselkurse und österreichischer Außenhandel" als
kostenloser Download unter www.fiw.ac.at erschienen Wien (fiw/wifo) - Zuerst war es die Hartwährungspolitik, dann die Mitgliedschaft im Euro-Raum, die den Zusammenhang zwischen Wechselkursen und österreichischem Außenhandel in Vergessenheit geraten ließen. Der massive Einbruch des Welthandels im Zuge der Finanzmarktkrise und der niedrigere Wechselkurs des Euro gegenüber dem USD rückten ihn jedoch wieder ins Blickfeld. Tatsächlich reagierte der Außenhandel in Österreich in der Krise wesentlich stärker als das BIP, wobei der Handel mit EU-Partnern deutlich stärker einbrach als der Handel mit Drittstaaten. Ausschlaggebend dafür war primär der Nachfrageeinbruch auf den österreichischen Exportmärkten, insbesondere jener bei dauerhaften Konsumgütern, Maschinen und Fahrzeugen. Angesichts des massiven Nachfrageausfalls blieb die Wechselkursentwicklung nur von untergeordneter Bedeutung. Offensichtlich haben der Vertrauensverlust in der Krise, aber auch unterschiedliche Reaktionen von Produzenten und Konsumenten oder auch auf Firmenebene die preislich bedingten Reaktionsmechanismen stark gedämpft. Tiefer Einbruch des Außenhandels im Krisenjahr 2009 stellt Frage nach der Rolle der Wechselkursentwicklung des Euro neu Angesichts der jüngsten Kursschwankungen des Euro gegenüber dem US-Dollar sowie des steigenden Handelsanteils mit Nicht-Euro-Ländern (vor allem mit Mittel- und Osteuropa) gewinnt die Diskussion über den Einfluss von Wechselkursschwankungen für den österreichischen Außenhandel an Bedeutung. Der Euro verlor gegenüber den meisten für die österreichischen Exporteure wichtigen Währungen seit November 2009 an Wert. Diese Entwicklung zeigte sich besonders deutlich gegenüber dem US-Dollar und dem daran gekoppelten Yuan, aber etwa auch gegenüber dem Schweizer Franken. Im Unterschied zur vorhergehenden Aufwertungsphase profitiert davon potentiell die Exportentwicklung. Im Krisenjahr 2009 verringerte sich der Gesamtwert der österreichischen Warenexporte um 20,2% auf 93,7 Mrd. Euro, die Warenimporte lagen mit 97,4 Mrd. Euro um 18,4% unter ihrem Vorjahresniveau. Damit verschlechterte sich das Handelsbilanzdefizit auf 3,7 Mrd. Euro oder 1,4% des BIP. Das Volumen des Außenhandels fiel durch diesen außergewöhnlich starken Einbruch auf das Niveau des Jahres 2005 zurück. Das I. Quartal 2010 brachte erstmals wieder eine leichte Erholung der Exporte um 3,9% (Importe: 3,8%) gegenüber dem Vorjahresquartal mit sich. Die stärkste Dynamik wies der Monat März 2010 mit einem Zuwachs von beinahe 10% gegenüber dem Vorjahr auf. Bedeutung des real-effektiven Wechselkurses für Österreich Der Anteil des Euro-Raums an den österreichischen Gesamtexporten liegt seit dem Jahr 2000 relativ konstant bei 55%. Das ist jedoch großteils auf die Erweiterung des Euro-Raumes um osteuropäische Mitgliedsländer zurückzuführen. Der Anteil der 12 ursprünglichen Euro-Länder fiel im selben Zeitraum von 55% auf 50%. Somit ist etwas mehr als die Hälfte der österreichischen Exporte von nominellen Wechselkursschwankungen unberührt, die meisten Märkte im Euro-Raum wachsen aber tendenziell schwächer als die anderen Exportmärkte. Wesentlich dynamischer hingegen entwickeln sich die zunehmend wichtiger werdenden Exportmärkte in Osteuropa. Der Anteil der 10 zentral- und osteuropäischen EU-Mitgliedsländer an den österreichischen Exporten stieg in den vergangenen 10 Jahren von 13% auf 17%. Neben bilateralen Wechselkursen spielt für die Gesamtbetrachtung der Wettbewerbsfähigkeit eines Landes jedoch auch der Wechselkurs zur Gesamtheit der wichtigsten Handelspartner eine wesentliche Rolle. Den sogenannten effektiven oder multilateralen Wechselkurs erhält man, wenn man den Wechselkurs zwischen einer Währung und einem Währungskorb, der aus den Währungen der wichtigsten Handelspartner gebildet wird, berechnet. Dieser wird in Form eines Index zusammengefasst. Der nominell-effektive Wechselkursindex ist das gewogene geometrische Mittel der Wechselkurse zu den Haupthandelspartnern des jeweiligen Landes. Der real-effektive Wechselkurs stellt eine handelsgewichtete Zusammenfassung aller bilateralen Wechselkurse unter Berücksichtigung der Inflationsdifferenziale zu den wichtigsten Handelspartnern dar. Von April bis November 2008 wertete Österreich gegenüber seinen wichtigsten Handelspartnern um rund 3% real-effektiv ab. Dieser Zugewinn an preislicher Wettbewerbsfähigkeit wurde jedoch durch die darauf folgende Aufwertung bis November 2009 wettgemacht. Seither fallen der reale Außenwert des Euro und auch der real-effektive Wechselkursindex für Österreich wieder. Im Vergleich mit dem Euro-Raum, Deutschland oder Italien fiel die Abwertung in Österreich bis April 2010 mit weniger als 3% relativ schwach aus (Euro-Raum: 8,3%, Deutschland: 5%, Italien: 4%). Verglichen mit anderen wichtigen Handelspartnern außerhalb des Euro-Raums (Schweiz, Tschechien, Polen, USA) stellt sich die Entwicklung des real-effektiven Wechselkurses in Österreich als langfristig sehr stabil dar, sowohl vor als auch während und nach der Krise. Seit der Verschärfung der Krise im September 2008 hat sich der real-effektive Wechselkursindex für Österreich so gut wie nicht verändert. Geringe makroökonomische Handelseffekte von Wechselkursen - größere Bedeutung auf der Firmenebene Eine real-effektive Aufwertung führt tendenziell zu einer Reduktion der Ausfuhren und einer Erhöhung der Einfuhren bzw. umgekehrt bei einer Abwertung. Schon am Beginn der Wirtschaftskrise brach dieser Zusammenhang jedoch zusammen, der ausgeprägten realen Abwertung folgte aufgrund des abrupten Wegfalls der externen Nachfrage ein massiver Einbruch der Handelsströme. Erst im Spätherbst 2008 stellte sich der gegenläufige Effekt zwischen dem real-effektiven Wechselkurs und dem Handelsvolumen wieder ein, seit November 2009 wird die Abwertung von einem kräftigen Zuwachs der Exporte begleitet. Freilich ist davon auszugehen, dass die reale Wechselkursentwicklung in diesen Phasen von den Nachfrageffekten deutlich dominiert worden ist. Trotzdem ist der Zusammenhang zwischen realen Wechselkursveränderungen und Marktanteilen tendenziell vorhanden, er ist jedoch geringer als zwischen Auslandsnachfrage und Exportmarktanteil. Neuere Erklärungsansätze (der "new new trade theory") heben insbesondere die Heterogenität auf Firmenebene in ihrer Bedeutung für das Handelswachstum hervor. Dadurch lässt sich erklären, warum auf der Makroebene keine oder nur sehr geringe Handelseffekte von Wechselkursveränderungen beobachtet werden, während einzelne Firmen sehr wohl auf solche Preisveränderungen reagieren. Einfluss der Wechselkurse auf den Außenhandel wird tendenziell überschätzt Was bedeuten nun die jüngsten Entwicklungen des Euro-Wechselkurses für die österreichische Exportwirtschaft? Wirkt sich ein "schwacher" Euro, wie er im 1. Halbjahr 2010 zu beobachten war, positiv auf Österreichs Handelsaktivitäten aus? Tendenziell unterstützt ein niedriger Euro-Kurs die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Exporte, auch wenn sich das Ausmaß in relativ engen Grenzen hält. Umgekehrt spricht die quantitativ schwache Reaktion des Außenhandels auf den Wechselkurs dagegen, dass ein relativ starker Euro Österreichs Exportwirtschaft allzu negativ beeinflusst. Vielmehr spielt die Wirtschaftsentwicklung in den Handels-partnern, sowie die Produktivitäts- und Lohnstückkostenentwicklung im Inland eine stärkere Rolle. Der Euro wird im Gegensatz zu dem USD und vielen anderen Währungen nicht als handelspolitisches Instrument verwendet. Die Kursschwankungen des Euro reflektieren somit die fundamentalen wirtschaftlichen Bedingungen im Euro-Raum oder auch das berühmte, oft spekulativ bedingte "Spiel der Märkte". In der zehnjährigen Geschichte des Euro schwankte der Wechselkurs gegenüber dem USD beträchtlich. Derzeit scheint sich der nominelle Wechselkurs in der Nähe der Kaufkraftparität zwischen den beiden Wirtschaftsräumen zu befinden, kann also als "angemessen" bezeichnet werden. Auch aus währungspolitischer Sicht ist kein Anlass zu Sorge gegeben, da derzeit und auch auf mittlere Sicht keine sich beschleunigenden Inflationsraten erkennbar sind und die Preisstabilität im Euro-Raum damit gewährleistet ist. Neben dem EUR-/USD-Wechselkurs spielt für Österreich freilich die Entwicklung des Euro gegenüber den osteuropäischen Währungen eine immer wichtigere Rolle. Durch die intensivierte Handelsverflechtung wirken sich diese Wechselkursveränderungen immer stärker auf die österreichischen Exporte und Importe aus. Aber nicht alle osteuropäischen Länder nutzen den Wechselkurs "aktiv", einige haben den Euro bereits eingeführt, andere verfolgen ein fixes Wechselkursregime. Der vollständige FIW-Policy Brief sowie weitere Informationen können kostenlos von der FIW-Webseite heruntergeladen werden: http://www.fiw.ac.at/index.php?id=462. Die FIW-Policy Briefs erscheinen in unregelmäßigen Abständen zu aktuellen außenwirtschaftlichen Themen. Herausgeber ist das Kompetenzzentrum "Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft" (FIW). Das FIW wird im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ) im Rahmen der Internationalisierungsoffensive der Bundesregierung von drei Instituten (WIFO, wiiw, WSR) betrieben. Es bietet den Zugang zu internationalen Außenwirtschafts-Datenbanken, eine Forschungsplattform und Informationen zu außenwirtschaftsrelevanten Themen. Für die Inhalte der Policy Briefs sind die Autorinnen und Autoren verantwortlich. Die von den Autorinnen in diesem Policy Brief zum Ausdruck gebrachte Meinung gibt nicht notwendigerweise die Meinung der Oesterreichischen Nationalbank oder des Euro-Systems wieder. |
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