Forschungen Grazer BiophysikerInnen zum programmierten Zelltod sind „Research Highlight“ in „Biophysical
Journal“
Graz (öaw) - Dass ihre Forschungsergebnisse über den programmierten Zelltod (griechisch.
Apoptose) ein Hit sind, wussten die Forscherinnen und Forscher am Institut für Biophysik und Nanosystemforschung
(IBN) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ÖAW in Graz schon länger. Nun hat die renommierte
US-Fachzeitschrift Biophysical Journal die Arbeit als ‚Research Highlight’ veröffentlicht.
Im Rahmen ihrer Doktorarbeit hat Beate Boulgaropoulos unter der Leitung von Georg Pabst (IBN) einen Mechanismus
entdeckt, der bei der Apoptose, dem natürlichen, vorprogrammierten Tod der Zelle, offenbar eine zentrale Rolle
einnehmen könnte. Angelpunkt ist dabei die Zellmembran, die die lebenswichtigen Funktionsträger wie ein
dünnes Häutchen umschließt – etwa 1000-fach dünner als ein menschliches Haar, und auch als
die Zelle selbst. Eine Zelle stirbt nicht einfach zufällig, sondern erst dann, wenn sie das Signal dafür
erhält. Die Arbeiten zeigten, dass der finale Schritt des Zelltodes – wenn die Zellmembran durch Enzyme zerlegt
wird und platzt – durch die Membran bzw. die sie aufbauenden Lipide selbst gesteuert wird.
„Während die herkömmliche Zellbiologie Lipide nach wie vor als recht uninteressanten Kitt erachtet, der
die Proteine als die Hauptfunktionsträger irgendwie zusammenhält, zeigen diese Arbeiten ganz klar, dass
die Selbstorganisation der Lipide (ihr kooperatives Phasenverhalten) eine wesentliche Komponente biologischer Prozesse
ist“, erklärt Peter Laggner, Direktor des IBN.
Für die nun ausgezeichneten Experimente wurden künstliche Zellmembranen aus Phospholipiden nachgebaut
und dem Enzym Sphingomyelinase ausgesetzt. Der damit eingeleitete enzymatische Umbauprozess wurde dann in Echtzeit
mit schnellen Röntgenmethoden an der österreichischen Röntgenkleinwinkel SAXS-Messstation am Synchrotron
in Triest (Italien) verfolgt – ein nanoskopisches Video. Die Messungen lieferten den entscheidenden Hinweis: Der
Umbau der Membranlipide durch das Enzym verändert die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Membranen
so, dass sie die Aktivität des Enzyms selbst beeinflussen - ein Rückkoppelungsmechanismus also, der den
Abbau der Membran streng kontrolliert.
Dieser Mechanismus bzw. seine Aktivierung könnte für die Zerstörung von Krebszellen, die keine Apoptose
zeigen, sondern unkontrolliert weiterwuchern, von fundamentaler Bedeutung sein. Georg Pabst: „Ziel ist es, dieses
Wissen für die Entwicklung von Wirkstoffen einzusetzen, die Apoptose in Krebszellen auslösen.“ Auch daran
wird am Grazer Institut in einer Gruppe um Dagmar Zweytick und Karl Lohner schon gearbeitet. Laggner: „Die Zellen
wissen recht genau, wann sie sterben sollen, um dem Organismus nicht zu schaden. Wenn nicht, dann muss man ‚Sterbehilfe‘
leisten.“ |