Wien (universität / idw) - Eine Forschungsgruppe um Georg Kresse, Professor für Computational
Quantum Mechanics an der Universität Wien, hat eine neuartige Methode zur Beschreibung der Wechselwirkung
zwischen Elektronen entwickelt. Damit können chemische Prozesse an Oberflächen mit unübertroffener
Genauigkeit berechnet, sowie Struktur und Bindungsstärke von Materialien wesentlich genauer vorhergesagt werden.
Die ForscherInnen publizierten dazu in der aktuellen Ausgabe des renommierten Fachjournals "Nature Materials".
Verbesserte Beschreibung der Korrelationsenergie
Der verstärkte Einsatz von Computersimulationen zählt zu den bedeutendsten Entwicklungen der letzten
Jahrzehnte in den Materialwissenschaften. Für eine atomistische quantenmechanische Beschreibung kommen dabei
vor allem Methoden der Dichtefunktionaltheorie (DFT) zum Einsatz, wie das in der Gruppe an der Universität
Wien entwickelte Vienna Ab-initio Simulation Package (VASP).
Die Komplexität des quantenmechanischen Vielelektronenproblems erfordert allerdings eine genäherte Beschreibung
der Wechselwirkung zwischen den Elektronen. Die bisher üblichen Näherungen erlauben zwar häufig
eine gute Vorhersage von Trends, absolute Bindungsenergien sind aber mit Fehlern bis zu 20 Prozent behaftet. Weiters
werden viele Effekte, wie z.B. Van-der-Waals-Wechselwirkungen damit nur unzureichend wiedergegeben. Diese Van-der-Waals-Wechselwirkungen
sind aber essentiell, um die Bindung zwischen Molekülen und zwischen Molekülen und Oberflächen zu
beschreiben. Die ForscherInnen der Universität Wien fanden nun einen Weg, die Wechselwirkung zwischen den
Elektronen im Rahmen einer näherungsweisen Vielelektronentheorie genau zu berechnen. Laurids Schimka von der
Forschungsgruppe um Georg Kresse meint dazu: "Durch den nicht-lokalen Ansatz zur Beschreibung der Wechselwirkung
zwischen den Elektronen können wir jetzt Systeme simulieren, bei denen lokale DFT-Ansätze versagen."
Computergestützte Oberflächenphysik
Ein zentrales Thema der Oberflächenphysik ist die Beschreibung von Vorgängen an der Grenzfläche
zwischen einem Material und seiner gasförmigen Umgebung. Die Oberflächenphysik bildet damit die Grundlage
für das Verständnis von katalytischen Prozessen, wie der Oxidation von giftigem Kohlenmonoxid (CO) zu
ungiftigem Kohlendioxid in Fahrzeugkatalysatoren. Bei der Beschreibung der Adsorption von Kohlenmonoxid auf Metallen
zeigen alle bisherigen Ansätze in der Dichtefunktionaltheorie fundamentale Schwächen: Entweder wird die
Stabilität der Oberfläche oder die Wechselwirkung mit den adsorbierenden Molekülen überschätzt.
Erst mit dem neuen Ansatz können beide Eigenschaften korrekt beschrieben werden. Zusätzlich werden auch
wichtige Beiträge wie die Van-der-Waals-Wechselwirkung zwischen organischen Molekülen und metallischen
Oberflächen berücksichtigt. Mit dieser neuen Methode werden daher chemische Prozesse an Oberflächen
wesentlich genauer modelliert. Damit können Computersimulationen verstärkt zum Design von neuartigen
Materialen für die Katalyse oder den Korrosionsschutz eingesetzt werden.
Publikation in Nature Materials
Accurate surface and adsorption energies from man-body perturbation theory: Laurids Schimka, Judith Harl, Alessandro
Stroppa, Andreas Grüneis, Martijn Marsman, Florian Mittendorfer und Georg Kresse. 25.Juli 2010. DOI 10.1038/NMAT2806 |