Brüssel (ec.europa) - Die Kommission hat heute Entwürfe von Beschlüssen über die Unterzeichnung
und den Abschluss von Abkommen über die Befreiung der Inhaber gewöhnlicher Reisepässe und der Inhaber
von Diplomaten-, Dienst- oder sonstigen amtlichen Pässen von der Visumpflicht bei kurzfristigen Aufenthalten
angenommen. Die bestehenden bilateralen Abkommen zwischen Brasilien und einigen EU-Mitgliedstaaten bleiben in Kraft.
"Diese Abkommen werden sich nach ihrem Inkrafttreten positiv auf den Alltag unserer Bürger, insbesondere
der Bürger Estlands, Lettlands, Maltas und Zyperns auswirken, die zurzeit für Brasilien noch ein Visum
benötigen", erklärte Cecilia Malmström, die für das Ressort Inneres zuständige EU-Kommissarin.
"Die Kommission wird alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, damit die Abkommen sobald wie möglich
unterzeichnet und ratifiziert werden können."
Die Abkommen EU-Brasilien befreien auf der Basis der Gegenseitigkeit alle brasilianischen Staatsangehörigen
und alle Unionsbürger, einschließlich der Staatsangehörigen der vier Mitgliedstaaten, die für
die Einreise nach Brasilien zurzeit noch ein Visum benötigen (Estland, Lettland, Malta und Zypern), von der
Visumpflicht.
Das Abkommen für Inhaber gewöhnlicher Reisepässe deckt die Zwecke Tourismus und Geschäftliches
ab. Es bestimmt außerdem, dass die bilateralen Abkommen zwischen Brasilien und den Mitgliedstaaten, die andere,
in dem Abkommen EU-Brasilien nicht erfasste Kategorien abdecken, weiterhin gelten. Somit sind Unionsbürger,
die wegen anderer als touristischer oder geschäftlicher Zwecke reisen, nach diesen bilateralen Abkommen weiterhin
von der Visumpflicht befreit.
Die Annahme der heute vorgelegten Vorschläge bedeutet einen weiteren wichtigen Schritt zum Abschluss dieser
EU-Brasilien-Abkommen zur Befreiung von der Visumpflicht für kurzfristige Aufenthalte. Nach dem Abschluss
der Abkommen können alle Unionsbürger ohne Visum nach Brasilien reisen und das Problem der mangelnden
Gegenseitigkeit, das schon lange zwischen Brasilien und vier Mitgliedstaaten besteht, wird aus der Welt geschafft
sein.
Die Beschlüsse über die Unterzeichnung müssen vom Rat genehmigt werden; sodann können die Vertragsparteien
die beiden Abkommen unterzeichnen.
Sachverhalt
Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates sind brasilianische Staatsangehörige bei der Einreise
in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union für kurzfristige Aufenthalte von der Visumpflicht befreit.
Brasilien sollte ebenfalls die Befreiung von der Visumpflicht gewähren. Bisher verlangt das Land aber noch
Einreisevisa von den Bürgern der vier Mitgliedstaaten Estland, Lettland, Malta und Zypern.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen kann Brasilien die Visumpflicht für diese Mitgliedstaaten nicht einseitig
aufheben; deshalb muss ein Abkommen über die Abschaffung der Visumpflicht geschlossen werden, das vom brasilianischen
Parlament zu ratifizieren ist.
Brasilien hat mit allen - außer den vier genannten - Mitgliedstaaten bilaterale Abkommen über die Befreiung
von der Visumpflicht geschlossen. Diese bilateralen Abkommen unterscheiden sich erheblich in Bezug auf den persönlichen
Anwendungsbereich (d. h. die Kategorien von Personen, die von der Visumpflicht befreit sind).
Es liegt in der Natur der gemeinsamen Visumpolitik und der diesbezüglichen ausschließlichen Außenkompetenz
der Europäischen Union, dass allein die Union, und nicht ein einzelner Mitgliedstaat, ein Abkommen über
die Befreiung von der Visumpflicht aushandeln und abschließen kann. Deshalb nahm der Rat am 18. April 2008
einen Beschluss an, mit dem die Kommission ermächtigt wurde, Verhandlungen über den Abschluss eines Abkommens
zwischen der Europäischen Union und Brasilien über die Befreiung von der Visumpflicht bei kurzfristigen
Aufenthalten aufzunehmen. Die Verhandlungen begannen am 2. Juli 2008.
Während der Verhandlungen vereinbarten die Vertragsparteien den Abschluss zweier eigenständiger Abkommen:
das eine für Inhaber gewöhnlicher Reisepässe, das andere für Inhaber von Diplomaten- oder Dienstpässen
(Letzteres muss nicht vom brasilianischen Kongress ratifiziert werden und kann deshalb schneller und getrennt von
dem Abkommen für Inhaber gewöhnlicher Reisepässe ratifiziert werden).
Bei der letzten Verhandlungsrunde vom 29. September bis zum 1. Oktober 2009 in Brasilia gelang es, den Wortlaut
eines Abkommens EU-Brasilien über die Befreiung der Inhaber gewöhnlicher Reisepässe von der Visumpflicht
bei kurzfristigen Aufenthalten fertig zu stellen und die Verhandlungen abzuschließen. Die Verhandlungen über
das Abkommen über die Befreiung der Inhaber von Diplomaten- oder Dienstpässen von der Visumpflicht wurden
Ende 2009 abgeschlossen.
Die beiden Abkommen wurden am 28. April 2010 förmlich paraphiert.
Neben dem Abkommen über die Visumbefreiung für Inhaber gewöhnlicher Reisepässe bleiben die
bilateralen Abkommen bestehen und ermöglichen Personengruppen, die nicht im EU-Brasilien-Abkommen erfasst
sind, visumfreies Reisen. Die Europäische Union könnte das Abkommen aussetzen, sollte Brasilien die derzeitigen
bilateralen Abkommen kündigen.
Aufenthaltsdauer
Das Abkommen berücksichtigt die Situation der Mitgliedstaaten, die die Schengen-Bestimmungen noch nicht in
vollem Umfang anwenden. Solange Bulgarien, Rumänien und Zypern dem Schengen-Raum ohne Binnengrenzen nicht
angehören, berechtigt die Befreiung von der Visumpflicht die Staatsangehörigen Brasiliens, sich unabhängig
von der für den gesamten Schengen-Raum berechneten Dauer jeweils drei Monate lang im Hoheitsgebiet jedes dieser
Mitgliedstaaten aufzuhalten.
Das Abkommen begrenzt die Aufenthaltsdauer im Schengen-Raum auf drei Monate je Sechs-Monats-Zeitraum. Folglich
bietet es brasilianischen Staatsangehörigen künftig nicht mehr die von den bilateralen Abkommen vorgesehene
Möglichkeit, einen dreimonatigen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat mit weiteren dreimonatigen Aufenthalten
in anderen Mitgliedstaaten im Schengen-Raum zu kumulieren.
Das endgültige Abkommen über die Befreiung der Inhaber von Diplomaten-, Dienst- oder sonstigen amtlichen
Pässen von der Visumpflicht entspricht dem für Inhaber gewöhnlicher Reisepässe, außer
dass es für alle Reisezwecke gilt. |