Gemeinsame Obsorge  

erstellt am
04. 08. 10

Bandion-Ortner forderte geteilte Obsorge auch für unverheiratete Paare
Mehr Rechte für Väter nach Trennungen und beim Besuchsrecht
Wien (oe24) - Justizministerin Claudia Bandion-Ortner fordert im "Österreich"-Interview (Mittwoch-Ausgabe) die geplante geteilte Obsorge nach Scheidungen auf unverheiratete Paare auszudehnen. "Wir müssen in weiterer Folge auch unverheiratete Paare ins Blickfeld rücken. Meine Meinung dazu ist, dass auch uneheliche Kinder ein Recht auf den Vater haben", so die Ministerin. Nicht festlegen will sich Bandion-Ortner auf das Ausmaß einer Verpflichtung. In jedem Fall sollte die geteilte Obsorge dann "erleichtert" werden, wenn etwa ein gemeinsamer Wohnsitz zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes bestehe.

Anlass ist die Reaktion des deutschen Verfassungsgerichtshofes auf ein Urteil des EU-Gerichtshofs für Menschenrechte, das die Rechtslage lediger Väter bei Obsorge-Verfahren kritisierte. Dazu Bandion-Ortner: "Deutschland wurde verurteilt, weil unverheiratete Väter ungleich behandelt wurden. Es läuft ein zweites Verfahren mit Österreich-Bezug. Das warten wir jetzt einmal ab."

Verbesserungsbedarf orte die Justizministerin auch beim geltenden Besuchsrecht: "Das Verfahren muss beschleunigt werden. Man muss überlegen, ob man nicht ein gesetzliches Besuchsrecht vorab einräumt, bevor man eines gerichtlich festsetzt. Weil es nicht sein kann, dass Eltern monatelang ihr Kind nicht zu Gesicht bekommt und Entfremdung stattfindet."

 

Jarolim: Karlsruhe-Urteil für Österreich nicht bindend
Rechtslage ist unterschiedlich
Wien (sk) - Dem Vorschlag von Justizministerin Bandion-Ortner nach einer verpflichtenden gemeinsamen Obsorge auch für ledige Eltern lehnte SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim ab. "In Österreich wird jeder einzelne Fall für sich geprüft und das Wohl des Kindes steht im Mittelpunkt. Daran sollte sich auch nichts ändern", so Jarolim, der darauf hinwies, dass ledige Eltern ohnehin künftig über die Tatsache, dass eine gemeinsame Obsorge beantragt werden muss, verpflichtend informiert werden. "Das Karlsruhe-Urteil in Deutschland ist für Österreich jedenfalls nicht bindend. Die Rechtslage ist hier zu unterschiedlich."

Jarolim führte aus, dass in Österreich ledige Mütter und Väter die Möglichkeit hätten, eine Entscheidung bei Gericht überprüfen zu lassen und die alleinige Obsorge beantragen zu können. Das Gericht müsste dann die Situation überprüfen und zum Wohle des Kindes entscheiden. "In Deutschland gab es bisher nicht die Möglichkeit, eine Entscheidung bei Gericht überprüfen zu lassen. Das heißt, ein lediger Vater konnte ohne Zustimmung der Mutter keinen Antrag auf Obsorge stellen und hatte auch nicht die Möglichkeit einer gerichtlichen Prüfung", so Jarolim.

"Darüber hinaus ist es verwunderlich, dass sich die Justizministerin in aktuellen Interviews zu einem laufenden Verfahren eines österreichischen Vaters beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte äußert und hofft, dass das Verfahren ähnlich wie in Deutschland ausgeht", sagte der SPÖ-Justizsprecher. Bandion-Ortners Aussage widerspräche nämlich genau der Stellungnahme ihres Ministeriums zu diesem Fall, die durch die Prozessvertretung der Republik Österreich an den EGMR übermittelt worden ist. Darin sei der Antrag gestellt worden, diese Beschwerde zurückzuweisen, erläuterte Jarolim abschließend.

 

Steibl: Wohl des Kindes muss im Mittelpunkt stehen
Parteien gefordert, klare Schutzmechanismen zu schaffen
Wien (övp-pk) - ÖVP-Familiensprecherin Ridi Steibl unterstützt die Initiative von Justizministerin Bandion- Ortner zur gemeinsamen Obsorge: "Es ist wichtig, dass wir offen und ohne Scheuklappen an das Thema herangehen. Im Mittelpunkt der Diskussion muss dabei immer das Wohl des Kindes stehen." Die gemeinsame Obsorge ist eine sinnvolle Idee, die beide Elternteile, egal ob verheiratet oder nicht, in die Pflicht nimmt und den Kindern ein Höchstmaß an Schutz und Unterstützung garantiert. "Alle Parteien sind hier gefordert, klare Schutzmechanismen zu schaffen. Dazu wird es notwendig sein, sich auf neue Sicht- und Handlungsweisen einzulassen", erklärt Steibl.

"Ein Kind zu haben, bedeutet auch Verantwortung zu tragen, und dieser Verantwortung trägt die Justizministerin mit ihrem Modell der gemeinsamen Obsorge Rechnung", erklärt Steibl abschließend.

 

Hofer: Bandion-Ortner bewegt sich doch
Es sei höchste Zeit die gesetzliche Diskriminierung von Elternteilen- egal ob Väter oder Mütter, ledig oder verheiratet - einzustellen…
Wien (fpd) -
Durch den beharrlichen Druck der FPÖ und letztendlich auch dem Urteil des deutschen Verfassungsgerichtshofes, komme nun endlich Bewegung in die unendliche Geschichte der gemeinsamen Obsorge, stellte der freiheitliche Vizeparteichef NAbg. Norbert Hofer fest. "Langsam aber sicher scheinen sich nun auch die anderen Parteien der FPÖ-Meinung anzuschließen, wonach Kinder ein Recht auf beide Elternteile haben", so Hofer.

Das Recht der Kinder auf beide Elternteile müsse unabhängig vom Familienstatus sein, forderte Hofer, also gleichermaßen für verheiratete und unverheiratete Paare gelten. Das deutsche Urteil sei somit richtungsweisend für Österreich, denn dort sei festgestellt worden, dass die Rechtslage ledige Väter beim Obsorge-Verfahren benachteilige, so Hofer, der forderte dies bei der kommenden österreichischen Novelle mit zu berücksichtigen, zumal ohnehin ein ähnliches Verfahren im Laufen sei.

Es sei höchste Zeit die gesetzliche Diskriminierung von Elternteilen- egal ob Väter oder Mütter, ledig oder verheiratet - einzustellen und endlich die gemeinsame Obsorge zur Regel und nicht zur Ausnahme zu machen, forderte Hofer. Für die Einführung der gemeinsamen Obsorge brauche die Justizministerin politische Mehrheiten, so Hofer. Da werde sich im Parlament wieder einmal die Spreu vom Weizen trennen. "Österreichs Scheidungswaisen können jedenfalls mit den Stimmen der FPÖ rechnen", betonte Hofer.

Hofer begrüßte auch, dass die Justizministerin endlich überlege ein gesetzliches Besuchsrecht einzuführen, wobei sie sich bei dessen Umsetzung, wie etwa möglichen Geldstrafen, aber noch im Unklaren sei. Hofer: "Die FPÖ wäre sehr wohl für Geldstrafen als letze Konsequenz im Falle eines Besuchsboykotts, denn gerade wenn es um das Kindeswohl geht, müssen klare Regeln herrschen, an die sich jeder zu halten hat!" Der Besuchsboykott treffe Kinder in ihrer Seele und führe zu nachhaltigen psychosozialen Schäden. "Daher wäre ein einmalige Geldstrafe, wie man sie ja auch sonst bei Missachtungen von Regeln in diesem Lande erhält, das richtige Mittel, um unkooperative, Elternteile zur Vernunft zu bringen", so Hofer. Wer sich an die Besuchsregelungen halte, habe ja auch nichts zu befürchten, so Hofer.
     

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