Bürgermeister-Umfrage: Gemeinden werden Leistungen kürzen müssen   

erstellt am
04. 08. 10

Bad Aussee (gemeindebund) - In Zeiten sinkender Einnahmen wird es zur Kürzung von kommunalen Leistungen und Services kommen. In einer von OGM durchgeführten Bürgermeister- und Bevölkerungsumfrage zeigt sich, dass das Verständnis für diese Kürzungen sowohl in der Kommunalpolitik, als auch unter den Menschen vorhanden ist. Lesen Sie hier alle Ergebnisse der Umfrage sowie die Schlussfolgerungen aus den fünften kommunalen Sommergesprächen in Bad Aussee.

Bei den 5. Kommunalen Sommergesprächen lautete das Motto "haben die Kleinen (noch) eine Chance? In Workshops wurden die Themen Finanzierungschancen bei knappen Budgets und die Bereitschaft zur Freiwilligenarbeit erörtert. Durch eine Befragung von Bürgermeistern und der Bevölkerung wurde festgestellt, dass durch die sinkenden Einnahmen, die Leistungen durch die Gemeinden gekürzt werden müssen.

5. Kommunale Sommergespräche - Bilanz
Zum mittlerweile 5. Mal haben zwischen 28. und 30. Juli 2010 die Kommunalen Sommergespräche in Bad Aussee stattgefunden. Rund 250 Teilnehmer - darunter mehr als ein Drittel Bürgermeister und zahlreiche weitere kommunale Entscheidungsträger aus den österreichischen Gemeinden sowie Ansprechpartner aus Land, Bund sowie aus der Wirtschaft - haben den Dialog im "kommunalen Alpbach" gesucht und zu intensiven Diskussionen, neuen Ideen und innovativen Lösungsansätzen insbesondere hinsichtlich der Gemeindefinanzen beigetragen.

Unter dem Motto "Haben die Kleinen [noch] eine Chance? Im Spannungsfeld zwischen Wohlfühlgemeinde und Sparbudget" referierten profilierte Persönlichkeiten wie u.a. Prof. Dr. Kurt Biedenkopf (ehemaliger Ministerpräsident von Sachsen), Dr. Veit Sorger (Präsident Industriellenvereinigung) und Magnus Staehler (langjähriger Bürgermeister der deutschen Stadt Langenfeld/NRW). Zudem diskutierten in einer engagierten Runde Innenministerin Mag. Dr. Maria Fekter und NR-Abg. Mag. Kurt Gaßner mit den Teilnehmern der Sommergespräche. In hohem Ausmaß wurde die gesellschaftspolitische Bedeutung der Kommunen herausgestrichen; intensiv und kontroversiell wurde das Thema Aufgaben- und Strukturrreform diskutiert.

Die vier gut besuchten Workshops widmeten sich vertiefend den Themen:

  • Finanzierungschancen bei knappen Budgets
  • Realitätscheck für energieautonome Gemeinden
  • Bereitschaft zur Freiwilligenarbeit
  • Zusammenlegung von Gemeinden als Alternative


Besonders augenscheinlich dabei war, dass die Gemeinden einem gegenläufigen Trend von Ausgaben und Einnahmen gegenüberstehen. Die Kernaussagen der Kommunalen Sommergespräche 2010, die auch durch die Ergebnisse der aktuellen OGM-Studie "Kommunale Leistungen in Zeiten sinkender Einnahmen" bestätigt werden, sind:

  • Von den Bürgermeister/innen nicht beeinflussbare steigende Ausgaben bei sinkenden Ertragsanteilen; kein Spielraum für die Bürgermeister/innen
  • Rund die Hälfte der Bürgermeister/innen erwartet Einnahmenrückgänge von bis zu 10 %
  • Struktur der Aufgabenverteilung muss überdacht werden; zu viele Aufgabenübertragungen von übergeordneten Gebietskörperschaften (Länder, Bund) ohne Finanzierung
  • Bereitschaft/Notwendigkeit, in bestimmten Bereichen zu investieren (Pflege, Gesundheit)
  • Kooperationen mit privaten Partnern werden begrüßt, um Infrastrukturprojekte umzusetzen
  • Verstärkte Kooperation mit anderen Gemeinden wird als sinnvoll gesehen; Gemeindezusammenlegungen werden hingegen mehrheitlich abgelehnt
  • Eigenverantwortung der Gemeinden ist wichtig; nicht alles muss von den Kommunen angeboten bzw. erledigt werden


Die Notwendigkeit der Kürzung kommunaler Leistungen ist sowohl den Bürgermeistern, als auch den Menschen sehr bewusst.

"Den Menschen ist die Wahrheit zumutbar", berichtet Gemeindebund-Präsident Bgm. Helmut Mödlhammer. "Der Bevölkerung ist genauso wie den Gemeindevertreter/innen völlig klar, dass es angesichts sinkender Einnahmen zur Kürzung von Leistungen kommen muss". Dies zeigt auch die im Vorfeld vom Österreichischen Gemeindebund und der Kommunalkredit Austria bei OGM beauftragte Bürgermeister- und Bevölkerungsumfrage.

"Die Gemeinden befinden sich in einer Zwickmühle", ergänzt Mag. Alois Steinbichler, Vorstandsvorsitzender der Kommunalkredit Austria. "Die Situation ist gekennzeichnet durch steigende, fix vorgeschriebene Ausgaben bei gleichzeitig sinkenden Einnahmen. Die Kommunen haben keine Kontrolle über diese Dynamik. Dieser Zustand reflektiert aber keinesfalls schlechtes Wirtschaften der Gemeinden oder mangelnde Finanzierbarkeit; es handelt sich vielmehr um die Frage der Leistbarkeit."

Sinkende Einnahmen auf kommunaler Ebene: "Gemeinden müssen Leistungen kürzen"
Einmal jährlich lassen der Österreichische Gemeindebund und die Kommunalkredit Austria eine Bürgermeisterbefragung zu aktuellen gemeinderelevanten Themen durchführen. Parallel dazu wird auch eine repräsentative Bevölkerungsumfrage durchgeführt, um zu vergleichen in welchen Bereichen sich die Einschätzung der Bürgermeister/innen und der Bevölkerung deckt oder auch unterscheidet. Beide Befragungen hat das renommierte Meinungsforschungsinstitut OGM im Juni/Juli 2010 durchgeführt.

Die Aufnahme neuer Schulden zum Erhalt bestehender Leistungen wird von Gemeindevertretern und Bevölkerung klar abgelehnt. Kommunale Leistungen sind künftig nicht mehr finanzierbar

"Die Ergebnisse der Umfrage sind in den relevanten Punkten sehr deutlich", berichtet Gemeindebund-Präsident Bgm. Helmut Mödlhammer. 83 Prozent der Bürgermeister/innen und 52 Prozent der Bevölkerung gaben an, dass kommunale Leistungen nicht im gleichen Ausmaß wie bisher finanzierbar seien. Nahezu deckungsgleich lauten die Antworten der Bürgermeister/innen und der Bevölkerung auf die Frage, ob zum Erhalt der bisherigen Leistungen neue Schulden aufgenommen werden sollen. 76 Prozent der Bürgermeister/innen und 75 Prozent der Bevölkerung lehnen es ab, dass sich ihre Gemeinde weiter verschuldet, um den derzeitigen Stand an kommunalen Leistungen aufrechtzuerhalten.

"Politik kann den Menschen nichts vorgaukeln"
"Das sind klare Ansagen", so Gemeindebund-Chef Mödlhammer. "Und sie widersprechen vielen Dingen, die auf Bundes- und Landesebene in den letzten Jahren politisch gewünscht wurden. Die Politik kann und soll den Menschen nichts vorgaukeln. Angesichts einer ernsthaften Wirtschaftskrise ist den Menschen völlig bewusst, dass der Sozialstaat an seine Grenzen geraten ist."

In der Frage, wo genau gekürzt werden soll, beginnen sich die Geister zu scheiden. Außer Frage steht die Unterstützung von Hilfs- und Rettungsorganisationen.Sehr differenziert ist das Meinungsbild auch in der Frage, inwiefern die Menschen die Kürzung von Leistungen akzeptieren würden. In beiden befragten Gruppen (Bürgermeister/innen und Bevölkerung) ist man dagegen, dass pauschal alle Leistungen gekürzt werden. Jeweils große Mehrheiten befürworten allerdings Leistungskürzungen in einzelnen Bereichen. "Außer Frage stehen etwa die Zuschüsse für Hilfs- und Rettungsorganisationen", berichtet Mödlhammer. "Der Wert, den Feuerwehren und Rettungsdienste für das Leben der Menschen haben, wird also lückenlos erkannt. Auch das steht in klarem Widerspruch zu den immer wiederkehrenden Wortmeldungen von Bundes- und Landespolitikern sowie auch dem Rechnungshof, die immer wieder kritisieren, dass es in jeder Gemeinde eine Feuerwehr gibt. Das sind Einrichtungen, die die Menschen brauchen und auch wollen. Hier einzusparen wäre nicht im Sinne der Menschen und des Sicherheitsgefühls", so der Gemeindebund-Chef.

Kürzungen bei Infrastruktur und Nachmittagsbetreuung von Schülern
Nicht gänzlich deckungsgleich sind die Meinungen beim Sparpotenzial im Bereich der Sozialleistungen oder der Infrastruktur. Während nur 48 Prozent der Bürgermeister sich eine Reduktion der Aufwendungen für Sozialleistungen vorstellen können, lehnen 58 Prozent der Menschen Einsparungen im Sozialbereich ab. Umgekehrt würden 48 Prozent der Bürgermeister keine Einschränkungen bei der Infrastruktur hinnehmen wollen, 69 Prozent der Bevölkerung hätten damit keine Probleme. "Am interessantesten für mich ist aber das Umfrageergebnis im Bereich der Nachmittagsbetreuung von Pflichtschülern", so Mödlhammer. "Während die Bundes- und Landespolitik uns glauben machen wollen, dass die Nachmittagsbetreuung so intensiv gewünscht wird, stellt sich nun heraus, dass hier die Kürzung von Leistungen und Angeboten durchaus die Akzeptanz der Menschen finden würde. 69 Prozent der Bürgermeister/innen und 80 Prozent der Bevölkerung können sich hier Einschränkungen vorstellen."

Die Zusammenlegung von Gemeinden ist für Bürgermeister keine akzeptable Option. Klare Ablehnung von Gemeindezusammenlegungen

Klar abgelehnt wird von den Bürgermeister/innen die Zusammenlegung von Gemeinden. Vielmehr setzen die Ortschefs auf auf stärkere Kooperation mit anderen Gemeinden.

"Die Bürgermeister/innen und die Bevölkerung haben ein klares und realistisches Bild der Budgetsituation", so Steinbichler. "Bei steigenden, weitgehend gesetzlich vorgeschriebenen Ausgaben und sinkenden Einnahmen ist es sicher richtig, über die Struktur der Aufgabenverteilung nachzudenken; ansonsten werden die Gemeinden zum Financier der von übergeordneten Gesetzgebern beschlossenen Maßnahmen." Zudem wird es in den kommenden Jahren in manchen Bereichen zu einem hohen Investitionsbedarf kommen, insbesondere bei Pflege und Gesundheit sowie bei der Energie (Alternativenergien, moderne, stromsparende Beleuchtungsinfrastruktur). Hier gibt es Lösungsansätze, die nicht nur die Finanzierung über öffentliche Budgets, sondern auch Lösungen unter Einbindung privater Partner anbieten.

"Derartige projektbezogene Ansätze werden bereits umgesetzt und sich in den nächsten Jahren sicher ausweiten. Die Kommunalkredit ist auf diesem Gebiet sehr leistungsfähig. Zudem gilt es, das gegenwärtig tiefe Zinsniveau für die Zukunft zu sichern. Auch dabei hat die Kommunalkredit kundenspezifische Lösungsansätze", so Steinbichler.

     
Informationen: http://www.gemeindebund.at    
     
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