Bad Aussee (gemeindebund) - In Zeiten sinkender Einnahmen wird es zur Kürzung von kommunalen Leistungen
und Services kommen. In einer von OGM durchgeführten Bürgermeister- und Bevölkerungsumfrage zeigt
sich, dass das Verständnis für diese Kürzungen sowohl in der Kommunalpolitik, als auch unter den
Menschen vorhanden ist. Lesen Sie hier alle Ergebnisse der Umfrage sowie die Schlussfolgerungen aus den fünften
kommunalen Sommergesprächen in Bad Aussee.
Bei den 5. Kommunalen Sommergesprächen lautete das Motto "haben die Kleinen (noch) eine Chance? In Workshops
wurden die Themen Finanzierungschancen bei knappen Budgets und die Bereitschaft zur Freiwilligenarbeit erörtert.
Durch eine Befragung von Bürgermeistern und der Bevölkerung wurde festgestellt, dass durch die sinkenden
Einnahmen, die Leistungen durch die Gemeinden gekürzt werden müssen.
5. Kommunale Sommergespräche - Bilanz
Zum mittlerweile 5. Mal haben zwischen 28. und 30. Juli 2010 die Kommunalen Sommergespräche in Bad Aussee
stattgefunden. Rund 250 Teilnehmer - darunter mehr als ein Drittel Bürgermeister und zahlreiche weitere kommunale
Entscheidungsträger aus den österreichischen Gemeinden sowie Ansprechpartner aus Land, Bund sowie aus
der Wirtschaft - haben den Dialog im "kommunalen Alpbach" gesucht und zu intensiven Diskussionen, neuen
Ideen und innovativen Lösungsansätzen insbesondere hinsichtlich der Gemeindefinanzen beigetragen.
Unter dem Motto "Haben die Kleinen [noch] eine Chance? Im Spannungsfeld zwischen Wohlfühlgemeinde und
Sparbudget" referierten profilierte Persönlichkeiten wie u.a. Prof. Dr. Kurt Biedenkopf (ehemaliger Ministerpräsident
von Sachsen), Dr. Veit Sorger (Präsident Industriellenvereinigung) und Magnus Staehler (langjähriger
Bürgermeister der deutschen Stadt Langenfeld/NRW). Zudem diskutierten in einer engagierten Runde Innenministerin
Mag. Dr. Maria Fekter und NR-Abg. Mag. Kurt Gaßner mit den Teilnehmern der Sommergespräche. In hohem
Ausmaß wurde die gesellschaftspolitische Bedeutung der Kommunen herausgestrichen; intensiv und kontroversiell
wurde das Thema Aufgaben- und Strukturrreform diskutiert.
Die vier gut besuchten Workshops widmeten sich vertiefend den Themen:
- Finanzierungschancen bei knappen Budgets
- Realitätscheck für energieautonome Gemeinden
- Bereitschaft zur Freiwilligenarbeit
- Zusammenlegung von Gemeinden als Alternative
Besonders augenscheinlich dabei war, dass die Gemeinden einem gegenläufigen Trend von Ausgaben und Einnahmen
gegenüberstehen. Die Kernaussagen der Kommunalen Sommergespräche 2010, die auch durch die Ergebnisse
der aktuellen OGM-Studie "Kommunale Leistungen in Zeiten sinkender Einnahmen" bestätigt werden,
sind:
- Von den Bürgermeister/innen nicht beeinflussbare steigende Ausgaben bei sinkenden Ertragsanteilen; kein
Spielraum für die Bürgermeister/innen
- Rund die Hälfte der Bürgermeister/innen erwartet Einnahmenrückgänge von bis zu 10 %
- Struktur der Aufgabenverteilung muss überdacht werden; zu viele Aufgabenübertragungen von übergeordneten
Gebietskörperschaften (Länder, Bund) ohne Finanzierung
- Bereitschaft/Notwendigkeit, in bestimmten Bereichen zu investieren (Pflege, Gesundheit)
- Kooperationen mit privaten Partnern werden begrüßt, um Infrastrukturprojekte umzusetzen
- Verstärkte Kooperation mit anderen Gemeinden wird als sinnvoll gesehen; Gemeindezusammenlegungen werden
hingegen mehrheitlich abgelehnt
- Eigenverantwortung der Gemeinden ist wichtig; nicht alles muss von den Kommunen angeboten bzw. erledigt werden
Die Notwendigkeit der Kürzung kommunaler Leistungen ist sowohl den Bürgermeistern, als auch den Menschen
sehr bewusst.
"Den Menschen ist die Wahrheit zumutbar", berichtet Gemeindebund-Präsident Bgm. Helmut Mödlhammer.
"Der Bevölkerung ist genauso wie den Gemeindevertreter/innen völlig klar, dass es angesichts sinkender
Einnahmen zur Kürzung von Leistungen kommen muss". Dies zeigt auch die im Vorfeld vom Österreichischen
Gemeindebund und der Kommunalkredit Austria bei OGM beauftragte Bürgermeister- und Bevölkerungsumfrage.
"Die Gemeinden befinden sich in einer Zwickmühle", ergänzt Mag. Alois Steinbichler, Vorstandsvorsitzender
der Kommunalkredit Austria. "Die Situation ist gekennzeichnet durch steigende, fix vorgeschriebene Ausgaben
bei gleichzeitig sinkenden Einnahmen. Die Kommunen haben keine Kontrolle über diese Dynamik. Dieser Zustand
reflektiert aber keinesfalls schlechtes Wirtschaften der Gemeinden oder mangelnde Finanzierbarkeit; es handelt
sich vielmehr um die Frage der Leistbarkeit."
Sinkende Einnahmen auf kommunaler Ebene: "Gemeinden müssen Leistungen kürzen"
Einmal jährlich lassen der Österreichische Gemeindebund und die Kommunalkredit Austria eine Bürgermeisterbefragung
zu aktuellen gemeinderelevanten Themen durchführen. Parallel dazu wird auch eine repräsentative Bevölkerungsumfrage
durchgeführt, um zu vergleichen in welchen Bereichen sich die Einschätzung der Bürgermeister/innen
und der Bevölkerung deckt oder auch unterscheidet. Beide Befragungen hat das renommierte Meinungsforschungsinstitut
OGM im Juni/Juli 2010 durchgeführt.
Die Aufnahme neuer Schulden zum Erhalt bestehender Leistungen wird von Gemeindevertretern und Bevölkerung
klar abgelehnt. Kommunale Leistungen sind künftig nicht mehr finanzierbar
"Die Ergebnisse der Umfrage sind in den relevanten Punkten sehr deutlich", berichtet Gemeindebund-Präsident
Bgm. Helmut Mödlhammer. 83 Prozent der Bürgermeister/innen und 52 Prozent der Bevölkerung gaben
an, dass kommunale Leistungen nicht im gleichen Ausmaß wie bisher finanzierbar seien. Nahezu deckungsgleich
lauten die Antworten der Bürgermeister/innen und der Bevölkerung auf die Frage, ob zum Erhalt der bisherigen
Leistungen neue Schulden aufgenommen werden sollen. 76 Prozent der Bürgermeister/innen und 75 Prozent der
Bevölkerung lehnen es ab, dass sich ihre Gemeinde weiter verschuldet, um den derzeitigen Stand an kommunalen
Leistungen aufrechtzuerhalten.
"Politik kann den Menschen nichts vorgaukeln"
"Das sind klare Ansagen", so Gemeindebund-Chef Mödlhammer. "Und sie widersprechen vielen Dingen,
die auf Bundes- und Landesebene in den letzten Jahren politisch gewünscht wurden. Die Politik kann und soll
den Menschen nichts vorgaukeln. Angesichts einer ernsthaften Wirtschaftskrise ist den Menschen völlig bewusst,
dass der Sozialstaat an seine Grenzen geraten ist."
In der Frage, wo genau gekürzt werden soll, beginnen sich die Geister zu scheiden. Außer Frage steht
die Unterstützung von Hilfs- und Rettungsorganisationen.Sehr differenziert ist das Meinungsbild auch in der
Frage, inwiefern die Menschen die Kürzung von Leistungen akzeptieren würden. In beiden befragten Gruppen
(Bürgermeister/innen und Bevölkerung) ist man dagegen, dass pauschal alle Leistungen gekürzt werden.
Jeweils große Mehrheiten befürworten allerdings Leistungskürzungen in einzelnen Bereichen. "Außer
Frage stehen etwa die Zuschüsse für Hilfs- und Rettungsorganisationen", berichtet Mödlhammer.
"Der Wert, den Feuerwehren und Rettungsdienste für das Leben der Menschen haben, wird also lückenlos
erkannt. Auch das steht in klarem Widerspruch zu den immer wiederkehrenden Wortmeldungen von Bundes- und Landespolitikern
sowie auch dem Rechnungshof, die immer wieder kritisieren, dass es in jeder Gemeinde eine Feuerwehr gibt. Das sind
Einrichtungen, die die Menschen brauchen und auch wollen. Hier einzusparen wäre nicht im Sinne der Menschen
und des Sicherheitsgefühls", so der Gemeindebund-Chef.
Kürzungen bei Infrastruktur und Nachmittagsbetreuung von Schülern
Nicht gänzlich deckungsgleich sind die Meinungen beim Sparpotenzial im Bereich der Sozialleistungen oder
der Infrastruktur. Während nur 48 Prozent der Bürgermeister sich eine Reduktion der Aufwendungen für
Sozialleistungen vorstellen können, lehnen 58 Prozent der Menschen Einsparungen im Sozialbereich ab. Umgekehrt
würden 48 Prozent der Bürgermeister keine Einschränkungen bei der Infrastruktur hinnehmen wollen,
69 Prozent der Bevölkerung hätten damit keine Probleme. "Am interessantesten für mich ist aber
das Umfrageergebnis im Bereich der Nachmittagsbetreuung von Pflichtschülern", so Mödlhammer. "Während
die Bundes- und Landespolitik uns glauben machen wollen, dass die Nachmittagsbetreuung so intensiv gewünscht
wird, stellt sich nun heraus, dass hier die Kürzung von Leistungen und Angeboten durchaus die Akzeptanz der
Menschen finden würde. 69 Prozent der Bürgermeister/innen und 80 Prozent der Bevölkerung können
sich hier Einschränkungen vorstellen."
Die Zusammenlegung von Gemeinden ist für Bürgermeister keine akzeptable Option. Klare Ablehnung von Gemeindezusammenlegungen
Klar abgelehnt wird von den Bürgermeister/innen die Zusammenlegung von Gemeinden. Vielmehr setzen die Ortschefs
auf auf stärkere Kooperation mit anderen Gemeinden.
"Die Bürgermeister/innen und die Bevölkerung haben ein klares und realistisches Bild der Budgetsituation",
so Steinbichler. "Bei steigenden, weitgehend gesetzlich vorgeschriebenen Ausgaben und sinkenden Einnahmen
ist es sicher richtig, über die Struktur der Aufgabenverteilung nachzudenken; ansonsten werden die Gemeinden
zum Financier der von übergeordneten Gesetzgebern beschlossenen Maßnahmen." Zudem wird es in den
kommenden Jahren in manchen Bereichen zu einem hohen Investitionsbedarf kommen, insbesondere bei Pflege und Gesundheit
sowie bei der Energie (Alternativenergien, moderne, stromsparende Beleuchtungsinfrastruktur). Hier gibt es Lösungsansätze,
die nicht nur die Finanzierung über öffentliche Budgets, sondern auch Lösungen unter Einbindung
privater Partner anbieten.
"Derartige projektbezogene Ansätze werden bereits umgesetzt und sich in den nächsten Jahren sicher
ausweiten. Die Kommunalkredit ist auf diesem Gebiet sehr leistungsfähig. Zudem gilt es, das gegenwärtig
tiefe Zinsniveau für die Zukunft zu sichern. Auch dabei hat die Kommunalkredit kundenspezifische Lösungsansätze",
so Steinbichler.
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