Innsbruck (universität) - Francesca Ferlaino und Gregor Weihs vom Institut für Experimentalphysik
der Universität Innsbruck erhalten jeweils einen ERC Starting Grant. Der Europäische Forschungsrat (ERC)
stellt den beiden Nachwuchsforschern insgesamt über 2,3 Millionen Euro für ihre Forschungen in den nächsten
fünf Jahren zur Verfügung. Das Institut für Experimentalphysik und die Innsbrucker Quantenphysik
unterstreichen damit erneut ihre internationale Bedeutung.
Der Europäische Forschungsrat unterstützt grundlagenorientierte Pionierforschung von herausragenden Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern. Mit dem ERC Starting Grant werden erfolgreiche junge Forscherinnen und Forscher mit hoch
dotierten Projektbudgets gefördert. Das Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck
kann in diesem Jahr gleich zwei Preisträger vorweisen: Francesca Ferlaino und Gregor Weihs.
Dem Quantenmagnetismus auf der Spur
Quantengase haben außergewöhnliche Eigenschaften und bieten ideale Möglichkeiten, um grundlegende
Fragen der Physik im Detail zu studieren. Insbesondere sind sie als Modellsysteme für die Untersuchung der
Eigenschaften von Festkörpern gut geeignet. Die START-Preisträgerin des Vorjahres, Francesca Ferlaino,
wird mit Unterstützung des ERC ein neues, exotisches Element für Experimente mit quantenentarteten Gasen
und stark korrelierten Systemen verwenden: Erbium, ein sehr seltenes und bisher wenig beachtetes Metall. Es ist
ein vielversprechender Kandidat für die in enger Kooperation mit der Forschungsgruppe „Ultrakalte Atome und
Quantengase“ um Rudolf Grimm durchgeführten Experimente, weil es vergleichsweise schwer ist und einen stark
magnetischen Charakter besitzt. „Diese beiden Eigenschaften lassen ein extremes dipolares Verhalten solcher Quantensysteme
erwarten“, erklärt Ferlaino. Überdies existieren von diesem Element zahlreiche Isotope, von denen eines
fermionische Eigenschaften hat. Damit lassen sich auch stark wechselwirkende Fermi-Gase erzeugen. Kein anderes
Element, das bisher für Quantengas-Experimente eingesetzt wird, bietet diese einzigartige Kombination von
Eigenschaften. „Die Wahl von Erbium wird neue Einblicke in die komplexen Wechselwirkungseigenschaften stark korrelierter
Systeme ermöglichen und bietet vor allem neue Ansatzpunkte für die Untersuchung des Quantenmagnetismus
mit kalten Atomen“, sagt die junge Wissenschaftlerin.
Francesca Ferlaino wurde 1977 in Neapel, Italien, geboren. Sie hat an der dortigen Universität Physik studiert
und an der International School of Advanced Studies (ISAS) in Triest eine Masterarbeit abgeschlossen. Das Doktoratsstudium
absolvierte Ferlaino an der Universität Florenz und dem dortigen European Laboratory for Non-Linear Spectroscopy
(LENS). 2006 kam sie als Gastwissenschaftlerin in die Forschungsgruppe von Wittgenstein-Preisträger Rudolf
Grimm nach Innsbruck und arbeitet seit 2009 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Experimentalphysik
der Universität Innsbruck. Im Vorjahr erhielt Francesca Ferlaino den START-Preis, Österreichs höchste
Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftler.
Quantenphysik auf Halbleiterchips
Die Forschungsgruppe um Gregor Weihs beschäftigt sich mit der Konstruktion von Quellen für einzelne Photonen
und verschränkte Photonenpaare. Diese bilden eine wesentliche technologische Grundlage für zukünftige
Quantenkommunikation und Quantencomputer. Mit den Mitteln des Europäischen Forschungsrats will Weihs die Erzeugung
von verschränkten Photonen in Halbleiternanostrukturen auf eine neue Stufe heben: „Wir wollen Quellen bauen,
die effizient arbeiten und gut zu kontrollieren sind.“ Die Forschungsgruppe untersucht dazu zwei unterschiedliche
Halbleitersysteme, Exzitonen in Nanoresonatoren und Quantenpunkte. Es gilt dabei Wege zu finden, wie verhindert
werden kann, dass Verunreinigungen in diesen Nanostrukturen die Quanteneffekte zerstören. Das von den internationalen
Gutachtern überaus gut bewertete Forschungsvorhaben, könnte in einigen Jahren eine neue Technologie hervorbringen,
die konkrete Anwendungen der Quanteninformationsverarbeitung im Alltag noch näher rücken lassen. Innsbruck
bietet dafür ein ideales Forschungsumfeld, das sowohl experimentelle als auch theoretische Arbeitsgruppen
an der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften (ÖAW), an dem Gregor Weihs Assoziierter Wissenschaftlicher Direktor ist, umfasst.
Gregor Weihs wurde 1971 in Innsbruck geboren. Er hat an der Universität Innsbruck Physik studiert und hier
in der Forschungsgruppe von Anton Zeilinger seine wissenschaftliche Laufbahn begonnen. Nach der Promotion unter
den Auspizien des Bundespräsidenten im Jahr 2000 an der Universität Wien, ging er 2001 an die Stanford
University in Kalifornien. Gleichzeitig war er auch an der Universität Tokio tätig. 2005 wechselte Weihs
an die University of Waterloo in Kanada und folgte schließlich 2008 dem Ruf an die Universität Innsbruck,
wo er als Professor für Photonik am Institut für Experimentalphysik forscht und lehrt.
Europas Grundlagenforschung stärken
Die Europäische Union ist ein wichtiger Förderer der Grundlagenforschung in Europa. Als Teil des 7. Forschungsrahmenprogramms
hat die EU 2006 den Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) ins Leben gerufen. Er soll
Pionierforschung ohne unmittelbaren Anwendungsbezug fördern und damit die EU als Forschungsstandort attraktiver
machen. Kriterium für die Auswahl der Projekte ist ausschließlich die wissenschaftliche Exzellenz. 2008
erhielt bereits der Innsbrucker Chemiker Thomas Lörting einen ERC Starting Grant. Im gleichen Jahr wurde der
Quantencomputer-Pionier Rainer Blatt mit einem ERC Advanced Grant, einer Förderung für renommierte Wissenschaftler,
ausgezeichnet. |