Land Tirol übernimmt Verantwortung für Opfer von sexueller, physischer und psychischer
Gewalt
Innsrbuck (lk) - Die Tiroler Landesregierung hat in ihrer Sitzung am Hohen Frauentag auf Antrag von
LR Gerhard Reheis ein umfangreiches Maßnahmenpaket für die Opfer von physischer, psychischer und sexueller
Gewalt beschlossen. Ein Augenmerk soll auch auf Gewaltprävention gelegt werden.
„Es gibt viele Menschen, denen Leid zugefügt wurde, Leid, das auch durch einen Hinweis auf die Zeitumstände
nicht ungeschehen wird. Ich bitte im Namen des Landes Tirol die Opfer um Verzeihung für erlittenes Unrecht,
für Gewalt und seelische Schmerzen, die von Menschen im Dienst des Landes verursacht wurden. Geschädigte
brauchen Hilfe und Unterstützung. Dafür wird das Land Tirol auch finanziell gerade stehen und damit seiner
Verantwortung nachkommen“, sagt LH Günther Platter, betont aber: „Es gab auch viel Gutes, was in Heimen und
Schulen des Landes geleistet wurde, viel Engagement und Einsatz von Erzieherinnen und Erziehern, von Lehrerinnen
und Lehrern. Viele junge Menschen genossen eine liebevolle und qualitätvolle Ausbildung und Erziehung."
Seit März dieses Jahres haben sich 118 Opfer mit 130 Beschwerden über physische und psychische Gewalt
sowie mit weiteren 18 Beschwerden über sexuelle Gewalt bei der Anlaufstelle des Landes Tirol gemeldet. Von
den insgesamt 148 Beschwerden betreffen 32 Fälle Landeseinrichtungen. Betroffen sind auch kirchliche und städtische
Einrichtungen, Schulen, die Klinik und Vereine.
„Wir sind von Landesseite seit Bekanntwerden der Vorfälle sehr offen und transparent mit dem Thema umgegangen.
Nun geht es darum, unserem Mitgefühl konkrete Taten folgen zu lassen und alles daran zu setzen, dass die Vergangenheit
aufgearbeitet wird und derartige Übergriffe in Zukunft nicht mehr passieren“, sagt LR Gerhard Reheis. Basis
für die weiteren Schritte ist der Endbericht der Steuerungsgruppe „Opferschutz“, der von der Landesregierung
zur Kenntnis genommen wurde.
Vorrang für therapeutische Aufarbeitung
Konkret werden seitens des Landes Tirol für die Opfer in Landeseinrichtungen die notwendigen Therapien zur
Verfügung gestellt. „Die therapeutische Aufarbeitung der traumatischen Geschehnisse hat absoluten Vorrang“,
so Reheis. Die Therapieform wird für jeden Einzelfall von einer Expertengruppe festgelegt. In Anlehnung an
das Entschädigungsmodell der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft soll das erlittene Unrecht durch eine
einmalige Entschädigungsleistung in Form von Schmerzengeld materiell abgegolten werden. Die Höhe der
Abgeltung soll ebenfalls eine Kommission vorschlagen.
Ein wesentlicher Teil des beschlossenen Opferschutzpaketes betrifft die Prävention. Um Übergriffe in
Zukunft zu verhindern, wird eine Arbeitsgruppe mit VertreterInnen aus den Bereichen Jugendwohlfahrt, Soziales,
Psychologie und Pädagogik vorbeugende Maßnahmen erarbeiten. Zur Diskussion stehen Bildungsangebote zur
Gewaltprävention ebenso wie der Ausbau von Beratungsangeboten.
Als weiterer Ausdruck dafür, dass das Land Tirol die historische Verantwortung für die Geschehnisse übernimmt,
wird ein Auftrag zur Aufarbeitung der Geschichte der Heimerziehung vergeben.
„Das vorliegende Maßnahmenpaket ist ein guter Anfang für die Aufarbeitung der physischen, psychischen
und sexuellen Gewalt, die Bürgerinnen und Bürger in einigen unserer Einrichtungen erleben mussten. Wir
haben aber noch viel Arbeit vor uns“, ist sich LR Gerhard Reheis bewusst. |