Tirol: Umfassendes Maßnahmenpaket für Opferschutz beschlossen   

erstellt am
16. 08. 10

Land Tirol übernimmt Verantwortung für Opfer von sexueller, physischer und psychischer Gewalt
Innsrbuck (lk) - Die Tiroler Landesregierung hat in ihrer Sitzung am Hohen Frauentag auf Antrag von LR Gerhard Reheis ein umfangreiches Maßnahmenpaket für die Opfer von physischer, psychischer und sexueller Gewalt beschlossen. Ein Augenmerk soll auch auf Gewaltprävention gelegt werden.

„Es gibt viele Menschen, denen Leid zugefügt wurde, Leid, das auch durch einen Hinweis auf die Zeitumstände nicht ungeschehen wird. Ich bitte im Namen des Landes Tirol die Opfer um Verzeihung für erlittenes Unrecht, für Gewalt und seelische Schmerzen, die von Menschen im Dienst des Landes verursacht wurden. Geschädigte brauchen Hilfe und Unterstützung. Dafür wird das Land Tirol auch finanziell gerade stehen und damit seiner Verantwortung nachkommen“, sagt LH Günther Platter, betont aber: „Es gab auch viel Gutes, was in Heimen und Schulen des Landes geleistet wurde, viel Engagement und Einsatz von Erzieherinnen und Erziehern, von Lehrerinnen und Lehrern. Viele junge Menschen genossen eine liebevolle und qualitätvolle Ausbildung und Erziehung."

Seit März dieses Jahres haben sich 118 Opfer mit 130 Beschwerden über physische und psychische Gewalt sowie mit weiteren 18 Beschwerden über sexuelle Gewalt bei der Anlaufstelle des Landes Tirol gemeldet. Von den insgesamt 148 Beschwerden betreffen 32 Fälle Landeseinrichtungen. Betroffen sind auch kirchliche und städtische Einrichtungen, Schulen, die Klinik und Vereine.

„Wir sind von Landesseite seit Bekanntwerden der Vorfälle sehr offen und transparent mit dem Thema umgegangen. Nun geht es darum, unserem Mitgefühl konkrete Taten folgen zu lassen und alles daran zu setzen, dass die Vergangenheit aufgearbeitet wird und derartige Übergriffe in Zukunft nicht mehr passieren“, sagt LR Gerhard Reheis. Basis für die weiteren Schritte ist der Endbericht der Steuerungsgruppe „Opferschutz“, der von der Landesregierung zur Kenntnis genommen wurde.

Vorrang für therapeutische Aufarbeitung
Konkret werden seitens des Landes Tirol für die Opfer in Landeseinrichtungen die notwendigen Therapien zur Verfügung gestellt. „Die therapeutische Aufarbeitung der traumatischen Geschehnisse hat absoluten Vorrang“, so Reheis. Die Therapieform wird für jeden Einzelfall von einer Expertengruppe festgelegt. In Anlehnung an das Entschädigungsmodell der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft soll das erlittene Unrecht durch eine einmalige Entschädigungsleistung in Form von Schmerzengeld materiell abgegolten werden. Die Höhe der Abgeltung soll ebenfalls eine Kommission vorschlagen.

Ein wesentlicher Teil des beschlossenen Opferschutzpaketes betrifft die Prävention. Um Übergriffe in Zukunft zu verhindern, wird eine Arbeitsgruppe mit VertreterInnen aus den Bereichen Jugendwohlfahrt, Soziales, Psychologie und Pädagogik vorbeugende Maßnahmen erarbeiten. Zur Diskussion stehen Bildungsangebote zur Gewaltprävention ebenso wie der Ausbau von Beratungsangeboten.

Als weiterer Ausdruck dafür, dass das Land Tirol die historische Verantwortung für die Geschehnisse übernimmt, wird ein Auftrag zur Aufarbeitung der Geschichte der Heimerziehung vergeben.

„Das vorliegende Maßnahmenpaket ist ein guter Anfang für die Aufarbeitung der physischen, psychischen und sexuellen Gewalt, die Bürgerinnen und Bürger in einigen unserer Einrichtungen erleben mussten. Wir haben aber noch viel Arbeit vor uns“, ist sich LR Gerhard Reheis bewusst.
     
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