Mindestsicherung in Kraft / Transparenzkoto vor Einigung  

erstellt am
01. 09. 10

Hundstorfer: "Mindestsicherung ist eine Investition, die sich sehr lohnt"
Was mit heutigem Tag voll wirksam sei, ist die Neuberechnung der Notstandshilfe.
Wien (sk) -
Mit heutigem Tag, dem 1. September, startet die Mindestsicherung. Aus diesem Anlass lud Sozialminister Rudolf Hundstorfer gemeinsam mit AMS-Vorstand Johannes Kopf zu einem Pressegespräch, bei dem auf die Vorteile der Mindestsicherung hingewiesen wurde. Hundstorfer: "Die Mindestsicherung bringt einen einheitlichen Mindeststandard der Sozialhilfe, einen einheitlichen Vermögensbegriff und eine einheitliche Vermögensverwertung. Sehr wichtig ist uns auch, dass die Bezieher der Mindestsicherung eine E-Card bekommen und dass es bessere Leistungen für Alleinerziehende gibt." Weiters sei mit der Mindestsicherung ein erhöhter Anreiz verbunden, wieder ins Erwerbsleben einzutreten. Es gehe hierbei darum, in Menschen zu investieren. "Eine Investition, die sich sehr sehr lohnt, in Hinsicht der Arbeitsmarktintegration und der Verbesserung von Bildungsdefiziten aber auch gesundheitliche Verbesserungen herbeizuführen.

Was mit heutigem Tag voll wirksam sei, ist die Neuberechnung der Notstandshilfe. "Diese Neuberechnung der Notstandshilfe führt dazu, dass Betroffene zwischen 40 und 100 Euro mehr bekommen", betonte Hundstorfer. 80,2 Prozent der Notstandshilfebezieherinnen erhalten dadurch mehr Geld und 56,9 Prozent der notstandshilfebeziehenden Männer. "In Summe gesehen sind es 69.000 Menschen, die mit heutigem Tag in allen Bundesländern eine Verbesserung der Notstandshilfe bekommen." Alles in allem stehe die Mindestsicherung unter dem Titel, Selbstwertgefühl herbeizuführen und dadurch eine andere Lebensqualität.

Hundstorfer sagte, dass es ihm zwar lieber gewesen wäre, wenn alle Bundesländer mit heutigem Tag die Mindestsicherung übernommen hätten. "Die breite Masse derer, um die es geht, ist allerdings schon jetzt erfasst", so Hundstorfer. Allein in Wien sei die Hälfte aller Bezieher wohnhaft. In der Steiermark sowie in Oberösterreich gebe es schon jetzt ein "sehr hohes Niveau".

 

Wöginger: Transferkonto wirksames Instrument gegen Missbrauch
Hoffen auf Einigung auf den von Finanzminister Josef Pröll initiierten, sozialpolitischen Meilenstein
Wien (övp-pk) - ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger begrüßt die heute in Kraft getretene Mindestsicherung, die eine Vereinheitlichung der Sozialhilfe bedeutet und zwölfmal jährlich ausgezahlt wird: "Damit ist sichergestellt, dass niemand in Österreich von Armut betroffen ist." Der ÖVP-Sozialsprecher hofft in dem Zusammenhang auf eine Einigung auf das von Finanzminister Josef Pröll initiierte Transferkonto, das ein "wirksames Instrument gegen Sozialmissbrauch darstellt. Das Transferkonto wird für mehr Effizienz und Fairness im Sozialsystem sorgen und sicherstellen, dass jene, die Sozialleistungen benötigen, diese auch rasch erhalten", so Wöginger, der das Transferkonto als "sozialpolitischen Meilenstein" bezeichnet.

"Mit dem Transferkonto unterstreicht die ÖVP einmal mehr ihren Anspruch, die sozialpolitische innovative Kraft in Österreich zu sein", so Wöginger, der betont: "Die ÖVP hat immer klar gesagt, dass Verteilungsgerechtigkeit Hand in Hand mit Leistungsgerechtigkeit gehen muss. Das Transferkonto wird für diese Gerechtigkeit sorgen, ohne einzelne Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen", so Wöginger abschließend.

 

Ebner: Mindestsicherung ist leistungsfeindlich und Hängemattensozialismus in Reinkultur
Die heutige Einführung der Mindestsicherung wird noch einmal zu einem Trauertag für die österreichischen Steuerzahler werden
Wien (bzö) - "Die heute in Kraft tretende rot-schwarze Mindestsicherung ist lediglich ein bedingungsloses Grundeinkommen. Überdies zeigt die Umsetzung der Mindestsicherung, dass es auch keine einheitliche Regelung geben wird. Es ist eigentlich unfassbar, wenn man 744 Euro netto für das Nichtstun bekommt und andere, die 1.000 brutto verdienen, bekommen netto nur 849 Euro heraus. Das ist leistungsfeindlich und Hängemattensozialismus in Reinkultur", kritisierte heute BZÖ-Generalsekretär Christian Ebner. "Die heutige Einführung der Mindestsicherung wird noch einmal zu einem Trauertag für die österreichischen Steuerzahler werden", so Ebner.

Der BZÖ-Generalsekretär wies weiters darauf hin, dass die Mindestsicherungsbezieher auch noch von den Rundfunkgebühren befreit sind, keine Rezeptgebühren zahlen müssen oder auch keine Fahrtkosten zum Arbeitsplatz tragen müssen. "Alle, die fleißig arbeiten, werden benachteiligt. Die Mindestsicherung führt aber geradeaus in die Schwarzarbeit. Außerdem tragen SPÖ und ÖVP dafür die Verantwortung, wenn die Bezieher der Mindestsicherung am Ende keine Pension erhalten, weil sie keine Versicherungszeiten haben", sagte Ebner.

Spannend werde die Mindestsicherung in Wien wegen der "bekannt lockeren Vergabepraxis der Gemeinde, die immer wieder vom Rechnungshof kritisiert wird", so der BZÖ-Generalsekretär.

 

 Öllinger zu Transparenzkonto: "Die Regierung ist nackt"
Scheinaktionen verbessern nicht das Leben der Menschen in diesem Land
Wien (grüne) - "Der erste September 2010 sollte frei nach Hans Christian Andersen zum "österreichischen Tag der nackten Regierung" erhoben werden", meint Karl Öllinger, Sozialsprecher der Grünen. "Heute offenbart sich ganz besonders, dass die Regierung nur Scheinaktionen liefert und zu einer Politik, die das Leben der Menschen in diesem Land verbessert, gar nicht fähig ist." Die Mindestsicherung bringt weder die versprochene bundesweit einheitliche Regelung der Sozialhilfe noch eine soziale Absicherung, die Armut verhindert. Schließlich liegt sie um Euro 200,- im Monat unter der von der Statistik Austria erhobenen Armutsgefährdungsschwelle des Jahres 2008. Angesichts steigender Armutszahlen ist bezeichnend, dass die Regierung die E-Card für alle als größten Fortschritt in der Mindestsicherung feiern muss. Öllinger: "Die E-Card für alle ist ein fragwürdiger Fortschritt - denn dieser kommt um Jahre zu spät."

Die politische Nacktheit der rotschwarzen Koalition zeigt sich für den Grünen ebenso beim umstrittenen Transferkonto. "Die Transparenzdatenbank ist ein Musterbeispiel einer Maßnahme, die niemandem etwas bringt. Mit viel technischem Aufwand wird hier ein Überwachungsinstrument geschaffen, das nur einen Effekt haben kann: Neid zu schüren und Missbrauch von persönlichen Daten Tür und Tor zu öffnen."

 

Tumpel: Menschen am Rande des Arbeitsmarktes brauchen Unterstützung
Budget soll so in Ordnung gebracht werden, dass das nicht zu Lasten der Beschäftigung und der ArbeitnehmerInnen geht, die die Krise nicht verursacht haben.
Wien (ak) - Mit rund 281.260 Arbeitsuchenden ( 218.398 registrierten Arbeitslosen und 62.865 Personen in Schulungsmaßnahmen des Arbeitsmarktservice) ist die Arbeitslosigkeit in Österreich im Vorjahresvergleich um über 15.200 Betroffene oder um rund 5 Prozent gesunken. "Es ist gut, dass sich der Arbeitsmarkt in Österreich weiter erholt. Das ist auch ein Erfolg der beschäftigungs- und konjunkturpolitischen Anstrengungen", sagt AK Präsident Herbert Tumpel. Aber noch immer bringt der Rückgang keine nachhaltige Entspannung auf dem Arbeitsmarkt, ist die Arbeitslosigkeit unerträglich hoch und bedeutet für Viele massive finanzielle Einbußen. Die Arbeitsmarktentwicklung muss daher weiterhin ein zentrales Anliegen der Politik sein. Sorgen bereiten dem AK Präsidenten jene ArbeitnehmerInnen, die von der Wirtschaftskrise an den Rand des Arbeitsmarktes gedrängt wurden und werden. "Lange Arbeitslosigkeit bedeutet massive Verarmungsgefahren für die Betroffenen - ein Risiko, das mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung gemildert werden kann", sagt Tumpel und begrüßt, dass dieser Meilenstein bei der Armutsbekämpfung wenigstens in drei Bundesländern (Wien, Niederösterreich und Salzburg) endlich Realität wird. An die anderen Bundesländer appelliert Tumpel, die Mindestsicherung so rasch wie möglich umzusetzen. Außerdem dürfen die AMS-Maßnahmen zur Verhinderung von Langzeitarbeitslosigkeit nicht zurückgenommen werden. "Hier zu sparen ist kurzsichtig und unsozial. Gerade in der Krise brauchen Menschen am Rande des Arbeitsmarktes besondere Unterstützung."

Für Tumpel ist auch wichtig, dass das Budget so in Ordnung gebracht wird, dass das nicht zu Lasten der Beschäftigung und der ArbeitnehmerInnen geht, die die Krise nicht verursacht haben. Jedenfalls muss die Art der Konsolidierung von der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung abhängen. Jetzt sollen einmal jene einen Beitrag leisten, die die Krise mitverursacht haben oder bereits in den Genuss einer Unterstützung durch die Steuerzahler gekommen sind. Der AK Präsident verlangt insbesondere die Bekämpfung von Steuerbetrug und -hinterziehung, eine rasche Einführung einer Bankenabgabe, die Einführung einer Transaktionssteuer sowie die Beseitigung und Schließung von Steuerprivilegien und -lücken.

 

Gleitsmann: Mindestsicherung nur Hand in Hand mit der Transferdatenbank
Überversorgungen und Ungerechtigkeiten sollten vermieden werden
Wien (pwk) - Die österreichische Wirtschaft bekennt sich zur Einführung der bundeseinheitlichen bedarfsorientierten Mindestsicherung 12 Mal im Jahr. Damit ausreichend Anreiz zur Arbeit besteht, sollten jedoch alle Transfers in Summe nicht mehr ausmachen als die Höhe der Mindestsicherung. "Daher ist es jetzt besonders wichtig, alle Transfers an Geld- und Sachleistungen von Bund und Ländern möglichst rasch in der Transferdatenbank zusammenzufassen", betont Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Die Palette an Transfers sei weit und reiche vom Heizkostenzuschuss bis zur Rundfunkgebührenbefreiung.

"Damit Empfänger nicht von einer Beschäftigung abgehalten werden, darf die jährliche Mindestsicherung keinesfalls 12 mal 733 Euro übersteigen. Die in den Ländern derzeit darüber hinaus gewährten Leistungen sind sehr kritisch auf ihre Treffsicherheit zu überprüfen und Überversorgungen abzustellen", warnt Gleitsmann.

Vor dem Hintergrund der angespannten Budgetsituation sollten die Länder zudem ihre Verantwortung zur Betreuung der Mindestsicherungsbezieher sehr ernst nehmen. Dazu gehört es auch, dass sie Leistungen kürzen, wenn Transferbezieher nicht bereit sind, einen angebotenen Arbeitsplatz anzunehmen.

 

Caritas: Erster Schritt ist getan - weitere müssen folgen
Landau: Verschlechterungsverbot muss in jedem einzelnen Fall gelten
Wien (caritas) - "Die Einführung der Mindestsicherung ist ein erster wichtiger Schritt um Österreich ein Stück armutsfester zu machen. Eine wesentliche Verbesserung ist etwa mit der e-card für alle Bezieherinnen und Bezieher gelungen", zeigt sich Caritasdirektor Michael Landau vorsichtig optimistisch. Dennoch ist Landau verwundert über den Jubelchor von so manchem politischen Verantwortlichen, denn erst die Praxis wird zeigen, ob die Mindestsicherung tatsächlich den Härtetest besteht. Die als Mindestsicherung bezeichnete Reform der Sozialhilfe bringt nämlich Verbesserungen wie auch Verschlechterungen mit sich.

"Entscheidend wird sein, ob der Vollzug der Sozialhilfe auf den Ämtern der Länder verbessert wird, ob die tatsächlichen Wohnkosten in der Sozialhilfe berücksichtigt werden, ob bei existentiellen Nöten und extra Kosten wie einem kaputten Boiler oder Schulsachen zum Schulstart niemand allein gelassen wird. Und ebenso entscheidend wird sein, wie die Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt konkret gestaltet werden, denn die Situation am Arbeitsmarkt ist als Folge der Wirtschaftskrise nach wie vor mehr als angespannt. Es geht nicht um das Arbeiten-Wollen, sondern um das Arbeiten-Können", so Landau. Wichtig ist aus Sicht der Caritas, dass das Verschlechterungsverbot in jedem einzelnen Fall gelten muss.

Die hohe Arbeitslosigkeit und die Erfahrungen in der täglichen Arbeit der Hilfsorganisation zeigen, dass viele Menschen in Österreich unter Armut und Not leiden. Die Erfahrungen der Caritas Sozialberatungsstellen zeigen, dass angesichts der hohen Lebenshaltungskosten aktuell die Sozialhilfe in vielen Fällen nicht für das Allernotwendigste wie fürs Wohnen, Essen und Kleidung reicht. Das Ziel muss sein, dass sich die Mindestsicherung in Zukunft an den tatsächlichen Lebenskosten der Menschen orientiert. 
     

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