Die Situation von Frauen in Österreich im Zeitraum von 1998 bis 2008
Wien (pk) - Mit dem Frauenbericht 2010 ( III-174 d.B.) legt das Bundeskanzleramt einen umfassenden
Überblick zur Entwicklung der Situation der weiblichen Bevölkerung Österreichs im Zeitraum von 1998
bis 2008 vor. Es ist dies der vierte Frauenbericht seit 1975. Der erste Teil des Berichts enthält detaillierte
statistische Analysen der Statistik Austria. Der zweite Teil des Berichts widmet sich in vertiefenden Beiträgen
Fragen der Entwicklung der Frauenpolitik, der Erwerbsarbeit von Frauen und ihrer ökonomischen Situation sowie
dem Thema Gewalt gegen Frauen in Beziehungen.
Bundesministerin für Frauen und Öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek hält im Vorwort fest,
wesentliche Verbesserung für Frauen seien zwar erreicht worden, es bleibe aber noch viel zu tun. Die Gleichstellung
von Frauen und Männern sei noch nicht erreicht. Noch immer verdienen Frauen für gleiche Arbeit um bis
zu 18 % weniger als Männer. Der Frauenbericht sei ein klarer Handlungsauftrag an alle politischen EntscheidungsträgerInnen
auf allen Ebenen, und auch die Sozialpartner, die Wirtschaft und alle MeinungsbildnerInnen seien gefordert, meint
Heinisch-Hosek.
Die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung ist weiblich
In Österreich lebten zu Jahresbeginn 2009 rund 4,3 Mio. Frauen, dies entspricht einem Anteil von 51,3 % der
Gesamtbevölkerung. Bis zum 50. Lebensjahr gibt es etwas mehr Männer als Frauen, danach verschiebt sich
die Geschlechterproportion zugunsten der Frauen. Die Lebenserwartung der Österreicherinnen hat sich seit 1970
kontinuierlich auf derzeit 83 Jahre erhöht. Frauen leben damit durchschnittlich um 5,4 Jahre länger als
Männer.
Am Höhepunkt des Babybooms im Jahr 1963 lag die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau bei 2,8. Gegenwärtig
hat sich die Fertilitätsrate auf niedrigem Niveau (rund 1,4 Kinder pro Frau) stabilisiert. Das Durchschnittsalter
bei der Geburt des ersten Kindes ist dabei angestiegen (24,6 Jahre im Jahr 1988, aktuell 28,1 Jahre).
Der Anteil unehelicher Geburten liegt in Österreich bei knapp 40 %, für Erstgeburten bei über 50
%. Die Zahl der Eheschließungen ist seit vier bis fünf Jahrzehnten tendenziell rückläufig,
wobei das Erstheiratsalter sich stark erhöht hat. Aktuell heiraten Frauen im Durchschnitt mit rund 29 Jahren
und Männer mit knapp 32 Jahren das erste Mal. Die Zahl der Ehescheidungen hat sich in den vergangenen vier
Jahrzehnten verdoppelt, die Gesamtscheidungsrate liegt bereits nahe der 50 %-Marke. Die Zahl der alleinlebenden
Frauen im mittleren Erwachsenenalter (25 bis 49 Jahre) als auch die Zahl der alleinerziehenden oder in einer Lebensgemeinschaft
lebenden Frauen ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich angestiegen. Im Alter ab 50 Jahren lebt nur eine Minderheit
der Frauen in einer Partnerschaft.
Frauen holen auf in der Bildung – aber nicht in allen Bereichen
Ein deutlicher gesellschaftlicher Wandel lässt sich am Zugang von Frauen zu höherer Bildung ablesen.
Der Anteil der Personen mit lediglich Pflichtschulabschluss sinkt insgesamt, ist aber bei den Frauen immer noch
höher als bei den Männern. Seit einigen Jahren erwerben allerdings etwas mehr Frauen als Männer
einen Hochschul-, Akademie- oder Kollegabschluss.
Beim Schulbesuch sind Frauen an allgemein bildenden höheren Schulen und berufsbildenden höheren Schulen
stärker vertreten als Männer, ihr Anteil unter den MaturantInnen beträgt inzwischen 60 %. Unter
den Lehrlingen liegt der Frauenanteil hingegen nur bei 34,5 %. Etwa gleich viele Mädchen wie Burschen erwerben
einen Sekundarabschluss. Eine starke Ungleichheit zeigt sich in der Auswahl der berufsbildenden Schultypen. Mädchen
besuchen überdurchschnittlich oft wirtschaftsberufliche, sozialberufliche und kaufmännische, nur selten
aber technisch-gewerbliche Schulen. Auch in der Wahl der Lehrberufe zeigen sich starke Geschlechterunterschiede.
Die Hälfte aller weiblichen, aber nur knapp ein Zehntel der männlichen Lehrlinge wählt eine Lehre
im kaufmännischen Bereich. Klassische Männerberufe findet man weiterhin im Metall- und Elektronikbereich.
Frauen sind seit 2000/2001 unter den Studierenden überrepräsentiert und haben im Studienjahr 2004/2005
auch bei den Abschlüssen ihre männlichen Studienkollegen überholt. Ihr Anteil an den Abschlüssen
mit Doktorat beträgt jedoch nur 42 %. Es zeigt sich auch in der Fächerwahl eine sehr starke geschlechtsspezifische
Segregation. In technischen Studiengängen öffentlicher Universitäten liegt der Anteil der Studentinnen
bei lediglich 21,5 %. Das Lehrpersonal an Schulen besteht zu rund 70 % aus Frauen, an den öffentlichen Universitäten
stellen Frauen nur knapp 40 % des Lehrpersonals im Mittelbau und gar nur 16 % der ProfessorInnen.
Beim lebenslangen Lernen sind Frauen generell aktiver als Männer, ausgenommen Frauen, die nach der Pflichtschule
keine anerkannte Berufsausbildung oder Schule abgeschlossen haben. Auch sind Frauen in der beruflichen Weiterbildung
oft stark benachteiligt. Erwerbstätige Frauen müssen berufsbezogene Kurse und Schulungen überproportional
oft in ihrer Freizeit absolvieren.
Frauen im Beruf: Segregierter Arbeitsmarkt, Teilzeitbeschäftigung
Die Erwerbsbeteiligung von Frauen ist in den letzten zehn Jahren gestiegen. Über 80 % der Frauen im
zentralen Erwerbsalter (25 bis 54 Jahre) und mehr als 90 % der gleichaltrigen Männer sind erwerbstätig
bzw. arbeitslos. 2008 standen 1,4 Millionen erwerbstätigen und 53.000 arbeitslosen Frauen in diesem Altersbereich
lediglich 193.000 ausschließlich haushaltsführende Frauen gegenüber.
Die Frauen-Erwerbsquote der 15- bis 64-Jährigen lag 2008 bei 68,6 % (1998: 61,4 %) und ist damit im Zehnjahresvergleich
stärker gestiegen als jene der Männer (1998: 80,2 % auf 81,4 %). Der Anstieg ist in erster Linie auf
eine starke Zunahme von Teilzeitarbeit zurückzuführen, mittlerweile arbeiten rund vier von zehn Frauen
Teilzeit, damit liegt die Teilzeitquote von Frauen in Österreich (2008: 41,5 %, 1998: 30,7 %) deutlich über
dem EU-Durchschnitt (31,1 %). Frauen wünschen sich wesentlich häufiger als Männer eine Ausweitung
ihrer Erwerbsarbeitszeit. Die Arbeitslosenquote von Frauen lag 2008 leicht über jener der Männer (3,6
%).
Der österreichische Arbeitsmarkt weist eine starke vertikale Segregation (niedrige berufliche Stellungen werden
häufiger Frauen zugewiesen, höhere Positionen hingegen von Männern dominiert) wie auch eine horizontale
Segregation auf, d.h. Frauen und Männer konzentrieren sich auf unterschiedliche Berufe und Wirtschaftszweige.
Frauen sind weitgehend im selben Ausmaß von Sonderformen der Arbeitszeit (Samstags- und Sonntagsarbeit, Abend-
und Nachtarbeit, Schicht-, Wechsel- oder Turnusdienst) betroffen wie Männer, verrichten darüber hinaus
aber den Großteil unbezahlter Arbeiten wie Haushaltsführung und Kinderbetreuung. Männern leisten
mehr Überstunden, bekommen diese aber auch häufiger in finanzieller oder anderer Form abgegolten als
Frauen.
Die Geburt eines Kindes stellt für Frauen nach wie vor einen nachhaltigen Einschnitt bzw. Rückschritt
in der Erwerbskarriere dar. Ein Wiedereinstieg in die Erwerbsarbeit ist oft schwierig, beispielsweise waren 36,3
% der davor erwerbstätigen Frauen selbst 32 Monate nach der Geburt des Kindes ohne Beschäftigung. Für
Frauen bringt Elternschaft eine Unterbrechung und meist eine deutliche Reduzierung der Erwerbsarbeit (geringfügige
Beschäftigung, Teilzeit) mit sich. Bei den Männern ist eher ein umgekehrter Trend zu verzeichnen.
Relative Einkommenssituation der Frauen hat sich nicht verbessert
Zur sozioökonomischen Situation der Frauen in Österreich hält der Bericht fest, dass im
Vergleich zu den anderen EU-Mitgliedstaaten sehr große geschlechtsspezifische Verdienstunterschiede bestehen.
Es gibt hier, wie die Studie festhält, einen beträchtlichen "Diskriminierungseffekt" für
Frauen im Berufsleben.
Die durchschnittlichen Bruttostundenverdienste der Frauen in Österreich lagen 2006 um 25,5 % unter jenen der
Männer, größere Unterschiede gab es nur in Estland und Slowenien. Im Zeitvergleich zeigt sich in
Österreich keine Verbesserung der relativen Einkommenssituation der Frauen. Während der Median der Bruttojahreseinkommen
von unselbständig erwerbstätigen Frauen im Jahr 1998 bei 60,4 % des entsprechenden Männereinkommens
lag, waren es 2007 59,4 %. Betrachtet man ganzjährig Vollzeiterwerbstätige, so erreichten Frauen 2007
78 % des Medians der Bruttojahreseinkommen der Männer. Frauen arbeiten öfter in Branchen mit niedrigen
Einkommen und verdienen auch innerhalb der einzelnen Branchen und Berufe deutlich weniger als Männer. Ebenso
liegen die Einkommen der Frauen in den unterschiedlichen hierarchischen Positionen (HilfsarbeiterInnen bis führende
Tätigkeiten) unter jenen der Männer, wobei bei ArbeiterInnen der Unterschied besonders groß ist.
Auch bei den selbständig Erwerbstätigen bestehen große Einkommensunterschiede zwischen Frauen und
Männer. Im Öffentlichen Dienst fallen die Einkommensnachteile weit geringer aus als bei selbständig
und unselbständig Erwerbstätigen in der Privatwirtschaft.
Die Pensionen, die Frauen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung beziehen, sind wegen niedriger Erwerbseinkommen
und lückenhafter Versicherungsverläufe nach wie vor deutlich niedriger als die der Männer. Pensionen
und andere Transferleistungen werden häufiger von Frauen als von Männern bezogen. 2008 wurden rund 61
% der Pensionen der gesetzlichen Pensionsversicherung an Frauen ausgezahlt, beim Bezug einer Ausgleichszulage lag
der Frauenanteil bei 69 %. Über zwei Drittel der PflegegeldbezieherInnen sind Frauen, Kinderbetreuungsgeld
wird ebenfalls nahezu ausschließlich von Frauen bezogen (2008: 96 %).
Der Lebensstandard von Frauen ist in vielen Fällen von der Höhe der Einkünfte des Partners abhängig.
Zwei von drei Frauen leben als Angehörige in einem Mehrpersonenhaushalt und haben keine eigenen Einkünfte
oder geringere Einkünfte als der Hauptverdiener im Haushalt. Die am stärksten armutsgefährdete Gruppe
sind die Alleinerzieherinnen. Ohne Erwerbstätigkeit lag das Armutsgefährdungsrisiko ihrer Haushalte bei
60 %. Eine der Schlussfolgerungen des Berichts lautet, dass Frauenerwerbstätigkeit ein zentraler Faktor der
Armutsvermeidung ist und durch flexible Arbeits- und Kinderbetreuungsmodelle sowie ausreichende außerfamiliäre
Betreuungseinrichtungen gefördert werden könnte.
Frauenspezifische Probleme des Gesundheits- und Pflegebereichs
Gesundheit und Krankheit, aber auch der Zugang zum Gesundheitssystem werden wesentlich von sozialen Faktoren bestimmt.
Geschlechtsunterschiede spielen dabei eine große Rolle, weiters Alter, die Familien- und Lebensform, die
ethnische Zugehörigkeit, Bildung und soziale Schicht. Frauen sind im Gesundheitssystem in Entscheidungspositionen
noch immer unterrepräsentiert, obwohl sie die Mehrheit der MitarbeiterInnen stellen.
Pflege ist weiblich: aufgrund der höheren Lebenserwartung stellen Frauen den Großteil der zu Pflegenden,
aber auch mehrheitlich das Pflegepersonal, sei es als professionell Pflegende, als pflegende Angehörige oder
als legale und illegale Pflegerinnen aus Südost-und Osteuropa. Frauen nehmen den Bereich der Altenpflege zwar
mehr in Anspruch als Männer, leisten zu ihm aber durch meist geringfügig oder gar nicht bezahlte informelle
Pflegeleistungen einen unverzichtbaren Beitrag.
Zu Frauengesundheit und Pflege bedarf es noch weiterer gesundheitswissenschaftlicher Forschung. Vor allem in der
Epidemiologie, der Versorgungsforschung und der Evaluation fehlen noch Daten, die ein Monitoring von Effektivität
und Effizienz gesundheitspolitischer Maßnahmen erlauben, um im Gesundheitsbereich die Rücksichtnahme
auf genderspezifische Unterschiede zu ermöglichen.
Ländlicher Raum: Qualifizierte Frauen wandern ab
Frauen spielen bei der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit ländlicher Räume – im Besonderen
der peripheren Regionen – eine wesentliche Rolle, finden dort aber auch spezifische Nachteile vor. Die Definition
des "Ländliches Raums" im vorliegenden Bericht erfolgt nach dem Grad der Urbanisierung auf einer
fünfstufigen Skala, mit der Großstadt Wien, wo mit Jahresbeginn 20 % der österreichischen Bevölkerung
lebten, an einem Ende. Am anderen Ende stehen stark agrarisch geprägte Gemeinden (unter 20.000 EinwohnerInnen
und eine Agrarquote von 7 % oder mehr), wo nur rund 14 % der Bevölkerung Österreichs leben. Der Frauenanteil
betrug in Wien 52,2 %, in den stark agrarischen Gemeinden 49,8 %. Frauen im Alter von 18 bis 26 Jahren wandern
am häufigsten in die Städte ab. Das deutlich höhere durchschnittliche Qualifikationsniveau von Frauen
in den Städten resultiert zu einem großen Teil aus der Abwanderung hoch qualifizierter Frauen aus ländlichen
Regionen.
Stadt-Land-Unterschiede in der Bildungs- und Beschäftigungsstruktur zeigen sich auch in der Höhe und
Verteilung der Einkommen. Das mittlere Bruttojahreseinkommen von unselbständig erwerbstätigen Frauen
sinkt mit der steigenden Agrarquote des Wohnorts. In Gemeinden mit hoher Agrarquote ist die Frauenerwerbstätigkeit
aufgrund des hohen Anteil selbständig erwerbstätiger Frauen zwar am höchsten (69 % im Jahr 2008
vs. 62 % in Wien), doch handelt es sich dabei oft um mithelfende Angehörige in der Landwirtschaft. In ländlichen
Gebieten bietet der Dienstleistungssektor weniger Beschäftigung für Frauen als im städtischen Raum.
Starke Benachteiligungen ländlicher Gebiete zeigen sich bei der Kinderbetreuung, im ländlichen Raum steht
ein Großteil der Kindergärten weniger Stunden pro Tag zur Verfügung als in den Städten. Auch
im agrarischen Sektor erreichen Frauen selten Spitzenpositionen. 2007 wurden zwar 39 % aller bäuerlichen Betriebe
von Frauen geführt – ab einer Betriebsgröße von 200 Hektar waren es allerdings nur mehr 17 %. In
der Landwirtschaftskammer sind Frauen unterrepräsentiert, die regionalen Landwirtschaftskammern haben einen
Frauenanteil von lediglich 15 %.
Schwache sozioökonomische Lage von Migrantinnen
Zu Jahresbeginn 2009 lebten rund 725.000 Frauen ausländischer Herkunft in Österreich, knapp 17 % der
weiblichen Bevölkerung. Sieben von acht Frauen mit ausländischer Herkunft stammen aus anderen europäischen
Staaten, etwa die Hälfte davon aus anderen EU- oder EWR-Staaten bzw. der Schweiz. Weitere Hauptherkunftsländern
sind die Nachfolgestaaten Jugoslawiens und die Türkei.
Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit bekamen 2008 deutlich mehr Kinder als Österreicherinnen
und waren bei der Geburt des ersten Kindes deutlich jünger als österreichische Mütter. Der Anteil
der Eheschließungen zwischen österreichischen und ausländischen Staatsangehörigen ist in den
vergangenen drei bis vier Jahrzehnten deutlich angestiegen. Beim Zuzug nach Österreich überwiegen die
Männer, nur aus einigen osteuropäischen (vor allem Tschechien und Slowakei) und asiatischen Staaten (Thailand
und Philippinen) wanderten mehr Frauen als Männer zu. Gründe der Zuwanderung von Frauen waren überwiegend
der Familiennachzug und Ausbildung, die kurzzeitige Saisonarbeit sowie Asylwanderung wurde zu zwei Dritteln von
Männern bestritten.
Ausländische Frauen absolvieren tendenziell kürzer dauernde Ausbildungen, doch findet man bei ihnen nicht
nur einen höheren Anteil niedrig Qualifizierter, sondern auch mehr Akademikerinnen als unter den Österreicherinnen.
Die Beschäftigung im Ausland geborener Frauen konzentrierte sich dabei auf wenige Branchen. Sie waren in geringerem
Maße erwerbstätig als im Inland geborene Frauen, hatten eine höhere Arbeitslosigkeit (2008 knapp
7,8 %) als österreichische Staatsbürgerinnen (5,3 %) und verdienten 2007 nur rund zwei Drittel des Durchschnittseinkommens
von Österreicherinnen. 39 % der Haushalte von Migrantinnen mussten einen überdurchschnittlich hohen Teil
(mehr als ein Viertel) des verfügbaren Haushaltseinkommen für Wohnkosten aufwenden, gegenüber 18
% der von Österreicherinnen geführten Haushalte (2007). Dementsprechend waren Migrantinnen mehr als doppelt
so oft armutsgefährdet.
Mehr politische Repräsentanz, aber noch keine Gleichstellung
Die Repräsentation von Frauen in der Politik hat sich im gesamteuropäischen Trend seit den 1990er-Jahren
zwar verbessert, Frauen sind aber in Parlamenten und Regierungen nach wie vor unterrepräsentiert. In Österreich
lag der Frauenanteil im Nationalrat nach den Wahlen 2008 bei 27 %, nachdem er nach den Nationalratswahlen 2002
schon rund 34 % betragen hatte. Im EU-Durchschnitt waren 24 % der Abgeordneten in den nationalen Parlamenten Frauen.
Veränderungen gibt es im Wahlverhalten von Frauen und Männern. Wählten Frauen in den 1990er-Jahren
noch verstärkt Mitte-Links- und Männer eher Mitte-Rechts-Parteien, schwächt sich dieses geschlechtsspezifische
Muster im Wahlverhalten ab. Bei den Nationalratswahlen 2008 war sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern
eine Mehrheit für Mitte-Rechts-Parteien zu erkennen.
Frauen werden auch bei Wahlen selten als Spitzenkandidatinnen aufgestellt und finden sich auch selten in den Führungsgremien
von Gewerkschaftsbund, Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung. Ebenso sind in wirtschaftlichen
Führungspositionen nach wie vor nur wenige Frauen vertreten. Die Vorstände der größten börsennotierten
Unternehmen hatten 2008 lediglich einen Frauenanteil von 6 %.
Verfestigte Rollenbilder wandeln sich nur sehr langsam
Der zweite Teil des Berichts enthält vertiefende Beiträge zu Problemfeldern der Situation von Frauen
in Österreich. In der Entwicklung der Frauenpolitik wird feststellt, dass sich der Fokus zunehmend auf Fragen
der Gleichstellungspolitik verlagert. Das tradierte Rollenverhalten von Männern und Frauen wirke sich auf
Bildungs- und Berufslaufbahn und letztlich zuungunsten der ökonomischen Situation von Frauen aus, hält
die Studie fest. Mehrere kulminierende Faktoren, wie ein geschlechtsspezifisch segregierter Bildungsweg und Arbeitsmarkt,
Unterbrechungen des Erwerbslebens durch Zeiten der Kinderbetreuung, fehlende Kinderbetreuungseinrichtungen und
geringere regionale Mobilität bringen Frauen wesentliche Nachteile im Berufsleben und führen zu deutlich
niedrigeren Einkommen. Daraus folgt eine häufigere Überschuldung und eine schlechtere Absicherung von
Frauen im Alter. Ein weiteres Thema ist die Gewalt gegen Frauen in Beziehungen. Zum Schutz von Frauen sind in den
letzten Jahre einige gesetzliche Maßnahmen gesetzt worden, die aber in der Praxis nicht immer greifen, vor
allem, wenn Frauen im ländlichen Bereich oder Migrantinnen betroffen sind. |