Österreichs Bundeskanzler deponiert schwere Bedenken bezüglich Ausbau des Kernkraftwerks
in Mochovce
Wien (bpd) - Bundeskanzler Werner Faymann hat am 12.09. erstmals die Ministerpräsidentin der
Slowakischen Republik, Iveta Radicová, in Wien getroffen. Der Bundeskanzler zeigte sich nach dem Gespräch
erfreut über das freundschaftliche Gesprächsklima, das er mit seiner Amtskollegin hat.
Österreich ist der zweitgrößte Investor in der Slowakei, über 1.600 österreichische Firmen
sind am slowakischen Markt aktiv. Der Bundeskanzler lobte die ausgezeichneten Handelsbeziehungen zwischen den beiden
Länder.
Im Gespräch mit Ministerpräsidentin Radicová konnten auch mehrere heikle Punkte in sehr gutem
Klima besprochen werden.
Der Bundeskanzler hat zur Kernkraft seine Bedenken gegenüber dem 100 Kilometer von der österreichischen
Staatsgrenze entfernten Atomkraftwerk Mochovce nachdrücklich zum Ausdruck gebracht. "Wir haben aus aktuellem
Anlass das Thema Atomkraft besprochen, und hier ist die Haltung Österreichs eindeutig: Wir sind skeptisch,
was die deutschen Pläne betrifft und wir sind sehr kritisch, was Ausbauten von Kernkraftwerken in jedem Nachbarland
betrifft. Die Slowakei will das Kraftwerk Mochovce kapazitätsmäßig verdoppeln. Ich bestehe darauf,
dass Österreich in den Sicherheitsdialog voll eingebunden ist und alle Fakten zum Ausbau auch uns auf den
Tisch gelegt werden", so Faymann. Bei einem Unfall mache schädliche Strahlung nicht beim Schild "Achtung
Staatsgrenze" halt.
Atomkraft als erneuerbare Energie zu bewerten, wie es in der EU immer wieder passiert, sei geradezu grotesk, so
Faymann. "Gegen den weiteren Ausbau von Atomkraftwerken werde ich mich in der europäischen Union mit
allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln zur Wehr setzen. Es ist mir klar, dass wir mit unserer Position
eine Minderheit in der EU darstellen und ich weiß eine starke Atom-Lobby gegen uns. Die EU, jedes Land muss
entscheiden, in welchem Zustand es die Welt seinen Kindern und Enkelkindern hinterlässt. Österreich hat
sich dafür entschieden, seine Nachkommen vor Atommüll und Strahlung zu schützen. Und in erneuerbare
Energien zu investieren", so Faymann. Der Bundeskanzler hat aus aktuellem Anlass vor zwei Tagen auch mit der
deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu telefoniert und auch ihr gegenüber einmal mehr Österreichs
Position deutlich gemacht.
Weiters wurde der Komplex Finanzmarktarchitektur und Banken besprochen. Der Bundeskanzler hat für eine rasche
Einführung und Umsetzung einer europäischen Finanztransaktionssteuer geworben. "Bei der Finanztransaktionssteuer
geht es nicht nur darum, Budgets zu sanieren, obwohl damit ein großer Wurf getan wäre. Es geht auch
um soziale Gerechtigkeit, es geht darum, dass auch diejenigen einen Beitrag leisten, die von den Regierungen in
der Krise unterstützt worden sind", so Faymann. "Ich werde das in jedem Gespräch, mit jedem
Regierungschef Europas diskutieren, weil es für den sozialen Ausgleich, den sozialen Zusammenhalt, für
ein soziales Europa von höchster Wichtigkeit ist." Ministerpräsidentin Radicová hat ihre
Unterstützung im Kampf für eine europaweite Finanztransaktionssteuer zugesagt.
Der Bundeskanzler erörterte mit der Ministerpräsidentin weiters das österreichische Modell der Bankenabgabe,
wie es für eine Einführung 2011 geplant ist. In diesem Zusammenhang war auch die EU-Hilfe für Griechenland
ein weiteres Thema des Gesprächs in Wien. |