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Österreichischer Gemeindetag in Graz |
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Mödlhammer: Gemeinden sind Garanten für Lebensqualität und Effizienz Österreichischer Gemeindetag: Mehr als 2.000 Gemeindevertreter/innen tagen in Graz Graz (gemeindebund) - "Die Politik sollte nicht dauernd darüber nachdenken, wie sie die Gemeinden noch mehr belasten oder noch intensiver kontrollieren kann, sondern darüber, wie man die Rahmenbedingungen schaffen kann, damit die Gestaltungskraft der Gemeinden erhalten bleibt", sagte Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer am 10.09. vor rund 2.000 Bürgermeister/innen und Gemeindevertreter/innen beim Gemeindetag in Graz. "Seit Jahren nehmen die Belastungen und Aufgaben, die man den Gemeinden überträgt, zu. Bund und Länder schaffen an, die Gemeinden sollen das dann nicht nur umsetzen, sondern oft auch bezahlen", kritisierte Mödlhammer. Die finanzielle Lage der Gemeinden, so Mödlhammer, werde nicht nur aufgrund der Wirtschaftskrise immer dramatischer. "Die Einnahmen sinken, die Aufgaben und Ausgaben werden aber immer mehr. Vor allem im Bereich der Kinderbetreuung und der Pflege explodieren die Kosten, die Gemeinden sind nicht mehr in der Lage, diese Lasten alleine zu stemmen. "Dabei sind es die Gemeinden, die in den letzten Jahren als einzige Gebietskörperschaft den Stabilitätspakt auf Punkt und Beistrich eingehalten haben", so Mödlhammer weiter. "Ich bekenne mich dazu, dass auch die Gemeindebudgets saniert werden müssen. Das fällt aber schwer, wenn andauernd Versprechungen und Vorhaben von Bund und Ländern eingelöst werden müssen, die von den Gemeinden zu bezahlen sind." Besonders in der Finanzierung der Pflege gäbe es einen dringenden Handlungsbedarf. "Seit Jahren weisen wir darauf hin, welche enormen Kosten aufgrund der demographischen Entwicklung auf uns zukommen werden. Die Sozialkosten steigen in den meisten Gemeinden um zweistellige Prozentwerte im Jahr. Unsere Warnungen wurden viel zu lange in den Wind geschlagen. Jetzt brennt der Hut und wir müssen schnellstmöglich zu neuen Modellen der Pflegefinanzierung finden." Die Menschen würden Verständnis dafür haben, dass sie dazu einen Beitrag leisten sollen, wenn sie sicher sein können, dass es dafür eine überprüfbare Gegenleistung gebe. Mödlhammer warnte auch vor der Annahme, dass man alle Leistungen kostenfrei anbieten könne. "Es kann nicht so sein, dass besonders in Wahlkämpfen das Blaue vom Himmel versprochen wird und man den Menschen signalisiert, dass alles gratis sein muss. Die Menschen verstehen das besser, als viele Bundes- und Landespolitiker gemeinhin glauben." Die Gemeinden seien selbstverständlich bereit, auch den Sparstift anzusetzen. "Die Entwicklung der Steuereinnahmen zwingt uns ja auch dazu." Auch im Bereich der interkommunalen Zusammenarbeit gäbe es noch Potential, das Experten auf rund 100 Millionen Euro pro Jahr schätzen. "Ich halte aber schon fest - und alle Zahlen belegen dies sehr deutlich - dass es gerade die kleinen Gemeinden sind, die besonders sparsam wirtschaften. Sie haben deutlich geringere Verwaltungskosten pro Einwohner, sie haben auch einen erheblich geringeren Personalstand pro 1.000 Einwohner. Wer also glaubt, dass man mit der Zusammenlegung von Gemeinden Verwaltungskosten sparen kann, der irrt sich gewaltig. Je größer eine Gemeinde ist, umso höher werden die Kosten." Klare Wort fand Mödlhammer auch zur immer wieder diskutierten Forderung nach mehr Kontrolle der Gemeinden. "Wir sind die am besten kontrollierte Gebietskörperschaft überhaupt. Drei Ebenen haben das Kontrollrecht auf kommunaler Ebene. Wir brauchen keine zusätzliche Ebene durch den Rechnungshof, das führt nur zu noch mehr Bürokratie und ist zudem ein verfassungsrechtlicher Anschlag auf die Autonomie der Gemeinden." Abschließend richtete Mödlhammer - in Anwesenheit von Bundespräsident Heinz Fischer, Festredner Vizekanzler Josef Pröll und Landeshauptmann Franz Voves einen Appell an die Partner der Gemeinden auf Bundes- und Landesebene: "Wir sollten uns gemeinsam viel intensiver überlegen, wie wir die Rahmenbedingungen verbessern können, damit die Gemeinden ihren Gestaltungsspielraum wieder zurückbekommen. Dass sie auch weiterhin die Lebensqualität für die Bürger/innen schaffen können und nicht zu reinen Verwaltungskörpern werden. Dazu brauchen wir die entsprechenden Freiräume und natürlich auch die finanziellen Mittel." Der 57. Österreichische Gemeindetag endet heute, Freitag, mit Ansprachen von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer und der Festrede von Vizekanzler und Finanzminister DI Josef Pröll. http://www.gemeindebund.gv.at |
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Rede von Bundespräsident Heinz Fischer Meine sehr geehrte Damen und Herren! Ich bedanke mich sehr herzlich für die Einladung zum Gemeindetag 2010 und möchte Ihnen sagen, dass ich gerade in diesen schwierigen Zeiten die Arbeit der Gemeinden mit großer Sympathie und besonderer Aufmerksamkeit verfolge. Für den diesjährigen Gemeindetag haben Sie ein Motto gewählt, das nicht nur für uns alle, sondern auch für zukünftige Generationen von größter Bedeutung ist, nämlich "Energieeffizienz und Nachhaltigkeit". Wir alle wissen, dass die Übernutzung der Angebote der Natur und die Überfrachtung der Atmosphäre mit Emissionen die Menschheit vor die unabweisbare Notwendigkeit stellt, ihren Umgang mit den Ressourcen unserer Erde grundsätzlich zu überdenken und daraus auch konkrete Konsequenzen zu ziehen. Viele österreichische Gemeinden haben die Bedeutung dieses Themas, also die Fragen von Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, in ihrer ganzen Tragweite erkannt. Und es gibt auch bemerkenswerte konkrete Bemühungen. Im Burgenland ist z.B. Güssing eine Pioniergemeinde in Richtung Energieautarkie. Davon konnte ich mich bei einem Besuch selbst überzeugen. Drei Vorarlberger Gemeinden belegten die ersten drei Plätze beim European Energy Award für Energieeffizienz: Langenegg, Zwischenwasser und Mäder. Strem (Burgenland), Virgen (Osttirol) sowie Gleisdorf (Steiermark) wurden als österreichische "Klimaschutz-Gemeinden 2009" ausgezeichnet. Die Liste ließe sich fortsetzen. Oft entstehen solche Initiativen aus einer konkreten, kontroversiellen Situation - am Ende jedoch gewinnen alle: die Bürger, die Umwelt, und auch die lokale Wirtschaft. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreichische Behörden haben ressortübergreifend eine "Energiestrategie Österreich" ausgearbeitet, die im Frühjahr des heurigen Jahres vorgestellt wurde. Ihr Ziel ist, dass hohe Versorgungssicherheit gewährleistet bleibt, die CO2-Entlastung (ohne Nutzung von Atomstrom) vorangetrieben wird, die soziale Verträglichkeit erhalten bleibt und die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs nicht leidet. Kernelemente sind die Steigerung der Energieeffizienz, der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Sicherheit der Energieversorgung. Ziele in der österreichischen und internationalen Energiepolitik zu formulieren ist eine Sache. Worauf es aber ankommt ist, die dazu notwendigen Maßnahmen auch tatsächlich umzusetzen. Und den Gemeinden kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Meine Damen und Herren! Zum Herbstbeginn 2010 möchte ich anmerken, dass es nach Eindämmung der ärgsten Turbulenzen auf den Finanzmärkten jetzt zu den Zielen der europäischen und österreichischen Politik zählt, die staatlichen Defizite auf akzeptable Werte zurückzuführen. Das heißt konkret: Das österreichische Defizit bis zum Jahr 2013 auf unter 3% abzusenken. Da dies weder allein ausgabenseitig, noch allein einnahmenseitig durchgeführt werden kann, ist ein Mix erforderlich. Hier aus einer großen Vielzahl von Möglichkeiten die sinnvollste und klügste Maßnahmenkombination auszuarbeiten ist eine ganz schwierige und komplexe Aufgabe, die im Spannungsfeld vieler Interessen und Gesichtspunkte in den kommenden Wochen erfüllt werden muss. Was mir besonders wichtig erscheint, ist das Verständnis der Bevölkerung dadurch zu erleichtern, dass man den Gedanken der sozialen Ausgewogenheit einen sichtbaren und angemessenen Stellenwert einräumt. Die Verteilung von Einkommen und Vermögen darf durch die Sanierung des Staatshaushaltes jedenfalls nicht zu Lasten der sozial Schwächeren verschoben werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Abschluss noch eine Bemerkung, die mir wichtig erscheint: In letzter Zeit haben die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes Anlass zur Kritik an einer ganzen Reihe von Ereignissen und Vorgängen in unserem Land gehabt. Die einzelnen Themen sind bekannt. In diesem Zusammenhang muss die Justiz beweisen, dass rechtsstaatliche Prinzipien in angemessener Zeit durchgesetzt werden können. Beim Messen mit dem Maßstab des Gesetzes darf niemand bevorzugt und niemand benachteiligt werden. Das ist nicht immer leicht, aber es ist ein absolut unverzichtbares Prinzip des Rechtsstaates. Aufklärung und entsprechende Reaktion auf schuldhaftes Verhalten sind in diesem Zusammenhang - wie schon gesagt - unbedingt notwendig. Dabei dürfen wir aber ein Fehlverhalten Einzelner - auch ehemals hochrangiger Persönlichkeiten - nicht generalisieren und dem ganzen Land zum Vorwurf machen, wie das jetzt immer häufiger geschieht. Wenn ich in Österreich alles in eine Waagschale lege, was kritikwürdig ist, und gleichzeitig alles in eine Waagschale lege, was positiv zu verbuchen ist, dann ist die positive Waagschale nach wie vor um ein Vielfaches schwerer als die Waagschale der Negativa. Davon bin ich fest überzeugt. Österreich hat international einen ausgezeichneten Ruf. Diesen guten Ruf werden wir schützen und verteidigen - und zwar nicht nur mit Worten, sondern durch unser Verhalten und durch Leistungen. Meine sehr geehrten Damen und Herren Bürgermeisterinnen und Bürgermeister! Ich habe im abgelaufenen Jahr seit dem letzten Gemeindetag besonders viele österreichische Gemeinden besucht und mit besonders vielen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern Kontakt gehabt. Diese Kontakte sind alle in einer sehr erfreulichen und harmonischen Weise verlaufen. Ich habe manches dazu gelernt und vieles gesehen, worauf man Stolz sein kann. In diesem Sinne möchte ich mich bei Ihnen allen nochmals sehr, sehr herzlich bedanken und hoffe auf weitere gute Zusammenarbeit mit den Gemeinden und den Bügermeisterinnen und Bürgermeistern unseres Landes. Ich danke Ihnen. |
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