Wiener Erzbischof predigt bei Festgottesdienst im bedeutendsten Wallfahrtsort Ungarns
Wien (pew) - Kardinal Christoph Schönborn besucht am Samstag den ungarischen Wallfahrtsort Mariapocs.
Der Wiener Erzbischof folgt damit einer Einladung des griechisch-katholischen Bischofs von Hajdudorog, Peter Fülöp
Kocsis. Am Samstag um 10 Uhr findet in Mariapocs ein festlicher Gottesdienst in byzantinischem Ritus statt, Kardinal
Schönborn wird dabei die Predigt halten. Der Besuch des Wiener Erzbischofs – der auch Ordinarius für
die (unierten) Katholiken des byzantinischen Ritus in Österreich ist – stellt den Auftakt für eine „Initiative
der geistlichen Erneuerung“ unter den unierten Katholiken im nordöstlichen Ungarn dar. Mariapocs hat für
Wien eine besondere Bedeutung, weil die vielverehrte Marienikone im Wiener Stephansdom aus diesem Ort stammt. Auf
dem Weg in den ostungarischen Wallfahrtsort macht Kardinal Schönborn am Freitagnachmittag im Parlament in
Budapest Station, wo er mit ungarischen Politikern zusammentrifft.
In Mariapocs (das auf rumänisch auch Pociu, auf ukrainisch Powtsch genannt wird) befindet sich in der Wallfahrtsbasilika
eine Kopie der berühmten Ikone, die heute im Wiener Stephansdom verehrt wird. Die Ikone entspricht dem klassischen
byzantinischen Typus der „Hodegetria“, der „Wegweiserin“. Sowohl das Original im Stephansdom als auch die Kopie
im Ursprungsort sind als „weinende Madonnen“ bekannt. Die Original-Ikone befindet sich seit dem 1. Dezember 1697
im Stephansdom.
In der Entstehungsgeschichte der Ikone spiegeln sich die dramatischen religiös-politischen Auseinandersetzungen
im Ungarn des 17. Jahrhunderts. In der nordöstlichen Tiefebene gab es Spannungen zwischen reformierten, griechisch-katholischen
und orthodoxen Christen. Der Auftraggeber der Ikone wiederum, Laszlo Csigri, sollte als Kind im Rahmen des osmanischen
„Devsirme“ (Knabenlese)-Systems nach Konstantinopel kommen, um dort als muslimischer Kämpfer erzogen zu werden,
konnte aber entkommen. 20 Jahre hing die von dem örtlichen, aber in Italien ausgebildeten Maler Stefan Pap
„geschriebene“ Ikone wenig beachtet in der unierten Kirche. Ab dem 4. November 1696 ist das Tränenwunder bezeugt,
das auch von österreichischen Soldaten bestätigt wurde, die nicht katholisch waren. Der örtliche
österreichische Militärkommandant, Graf Giovanni Andrea Corbelli, veranlasste auf Wunsch der Kaiserin
Eleonora Magdalena die Überführung der Ikone nach Wien. Für die Übertragung hatte sich auch
der Kapuziner P. Marco d’Aviano eingesetzt.
Mariapocs ist heute nicht nur das geistliche Zentrum der unierten Katholiken des byzantinischen Ritus in Ungarn,
sondern auch das ungarische Nationalheiligtum schlechthin und der bedeutendste Wallfahrtsort des Landes. Die unierten
Katholiken im heutigen Ungarn haben die selben historischen Wurzeln wie die karpato-ukrainischen und die rumänischen
Unierten. Während in den anderen kommunistisch beherrschten Ländern die unierte Kirche schwer verfolgt
und in die Katakomben getrieben wurde, konnte die katholische Kirche des byzantinischen Ritus in Ungarn auch in
der Zeit des kommunistischen Totalitarismus öffentlich in Erscheinung treten. Die Zahl der Unierten wird in
Ungarn auf 400.000 geschätzt. Es ist eine sehr lebendige Kirche mit starkem Nachwuchs an geistlichen Berufungen. |