Brinek, Kostelka und Stoisits genießen Ansehen bei den Menschen
Wien (pk) - Abgeordnete aller Fraktionen lobten im Volksanwaltsausschuss am 15.09. die Arbeit der
Volksanwaltschaft, mit der sich diese Einrichtung des Parlaments große Wertschätzung und Vertrauen bei
den Menschen erarbeitet habe. Nach der Behandlung allgemeiner Gesichtspunkte des Tätigkeitsberichts der Volksanwaltschaft
2009 in der letzten Ausschusssitzung vom 5.5.2010 wählten die Ausschussmitglieder für ihre Debatte unter
dem Vorsitz von Ausschussobmann Harald Stefan besondere Beschwerdefälle aus. Die Themenpalette reichte von
Justiz- und Polizeifragen über Reformbedarf bei der Einstufung Pflegebedürftiger, den offenkundigen Mangel
an Rehabilitätionseinrichtungen für Kinder und Jugendliche, Vorschläge zur Entlastung der Gerichte
bei der Sachwalterschaft und zur Beschleunigung von Obsorgerechtsverfahren bis hin zu Klagen von Grundwehrdienern
über desolate Unterkünfte sowie zu Einzelfragen in den Bereichen Staatsbürgerschaftsrecht, Visaerteilung
und Denkmalschutz. Im Grundsätzlichen erinnerten Sprecher der Oppositionsparteien an die schon lange diskutierte
Absicht, die Kompetenz der Volksanwaltschaft zu erweitern und schlugen dazu Gespräche mit dem Ziel eines diesbezüglichen
Fünf-Parteien-Antrags vor. - Der Bericht wurde nach einer lebhaften Diskussion einstimmig zur Kenntnis genommen.
Abgeordnete Carmen Gartelgruber (F) ging auf die Probleme von Kindern und Jugendlichen ein, die nach einer schweren
Krankheit oder nach einer Operation Rehabilitationsbedarf haben und beklagte die zu geringe Zahl an dafür
geeigneten Einrichtungen in Österreich; überdies forderte die Abgeordnete Unterstützung für
betroffene Familien.
Abgeordneter Hannes Fazekas (S) thematisierte die Situation bei den Staatsanwaltschaften.
Abgeordnete Gertrude Aubauer (V) befasste sich mit Beschwerden zum Thema Sachwalterschaft und drängte darauf,
die Diskriminierung von Männern bei der Seniorentarifgestaltung der Wiener Linien endlich zu beseitigen.
Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) klagte über die Verschleppung von Verfahren nach dem Opferfürsorgegesetz,
insbesondere in Kärnten, drängte auf eine Novellierung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, um Menschen,
die sich weiterbilden wollen, davor zu bewahren, ihren Arbeitslosenanspruch zu verlieren, wenn sie sich an einer
Hochschule inskribieren. Weitere Themen Zinggls bildeten die neuen Bestimmungen zum Bleiberecht, die viel zu komplizierte
Rechtslage bei Besuchsvisa und die Schwierigkeiten finanziell schlecht gestellter Personen, die Staatsbürgerschaft
zu erwerben.
Abgeordneter Ewald Sacher (S) brachte Probleme Pflegebedürftiger bei der Neueinstufung ihres Pflegegeldanspruchs
zur Sprache.
Abgeordneter Ernest Windholz (B) forderte insbesondere die Valorisierung des Pflegegelds und machte auf nach wie
vor ungelöste Personalprobleme im Innenressort aufmerksam, obwohl nicht nur die Volksanwaltschaft, sondern
auch der Rechnungshof auf Abhilfe drängte.
Abgeordnete Anna Höllerer (V) kritisierte einmal mehr Verzögerungen bei Obsorgerechtsverfahren und setzte
sich für die Heranziehung qualifizierter Gutachter ein, insbesondere auch von KinderpsychologInnen.
Volksanwalt Peter Kostelka teilte mit, dass in Österreich Bedarf an 250 Rehabilitationsplätzen für
Kinder bestehe und machte darauf aufmerksam, dass eine erfolgreiche Rehabilitation von Kindern, etwa nach Chemotherapie-Behandlungen
oder schweren Operationen, nur erfolgreich verlaufen könne, wenn mindestens ein Elternteil einbezogen werde,
was entsprechende bauliche Maßnahmen notwendig mache. "Spät genug" arbeite nun eine Arbeitsgemeinschaft
von Bund und Ländern an einer Lösung dieses gravierenden Problems.
Die Diskriminierung von Männern beim Seniorentarif der Wiener Linien sei für ihn nicht nachvollziehbar,
sagte der Volksanwalt und sah auch offene Probleme bei der Vollziehung des Opferfürsorgegesetzes, Kostelka
stellte eine amtswegige Untersuchung in Kärnten in Aussicht. Reformbedarf sah der Volksanwalt auch bei den
Verfahren zur Feststellung des Pflegebedarfs, wobei er insbesondere unterschiedliche Entscheidungen auf Bundes-
und Landesebene problematisierte. Bei der Möglichkeit Studierender, Arbeitslosenunterstützung zu beziehen,
greifen laut Kostelka zwar erste Lockerungen, die Bestimmungen seien seiner Meinung nach aber nach wie vor zu restriktiv.
Volksanwältin Gertrude Brinek sah die Staatsanwaltschaft bei der Umsetzung der letzten Strafprozessordnungsnovelle
und durch neue Formen der Kriminalität vor großen Herausforderungen stehen. Einerseits wurde viel Arbeit
von der Polizei zur Staatsanwaltschaft verlagert, andererseits stünden die Staatsanwälte vor der Aufgabe,
die steigenden Transparenzerwartungen der Öffentlichkeit in Einklang mit einer ungestörten Strafverfolgung
zu bringen. Es gebe Beschwerden, u.a. auch wegen Nichteinhaltung der Geschäftsverteilung, insgesamt sei die
Staatsanwaltschaft aber auf einem richtigen Weg, hielt Brinek fest.
Angesichts zahlreicher Beschwerden im Bereich Sachwalterschaft sprach sich die Volksanwältin dafür aus,
die Gerichte durch neue wohlfahrtliche Maßnahmen zu entlasten. Vorformen der Sachwalterschaft könnten
von Angehörigen aufgrund von Vollmachten für Pflegebedürftige wahrgenommen werden, sagte Brinek,
und warb bei den Abgeordneten um Unterstützung ihres Vorschlags. Sicherzustellen sei jedenfalls, dass die
Betroffenen nicht auf der Strecke bleiben.
Beim Thema Obsorge hielt es die Volksanwältin für notwendig, die Gutachter zu evaluieren, die von den
Gerichten zur Absicherung ihrer Entscheidungen herangezogen werden. Es gehe darum, die Verfahren im Interesse der
Kinder zu beschleunigen und alles zu unternehmen, damit Kinder nicht zu Racheobjekten ihrer zerstrittenen Eltern
werden. Die Erfahrungen der Volksanwaltschaft mit Beschwerden über Obsorgeverfahren sollten jedenfalls in
die Entscheidungen zur Neuregelung der Obsorge einfließen, sagte Brinek.
Volksanwältin Terezija Stoisits erklärte den nach wie vor bestehenden Personalmangel bei der Polizei
mit den zunehmenden Lasten, die der Gesetzgeber der Exekutive aufbürde, ohne gleichzeitig für mehr Personal
zu sorgen. Keine Verbesserungen konnte die Volksanwältin auch beim Bleiberecht registrieren, wo Verfahren
wegen Personalmangels ebenfalls viel zu lange dauerten. Kritik übte Volksanwältin Stoisits auch daran,
dass bei der Erteilung von Besuchervisa dieselben strengen Maßstäbe angelegt werden wie für Visaersuchen,
die auf einen längeren Aufenthaltstitel in Österreich zielten. Darunter leiden Menschen, die aus Ländern
mit Visumpflicht ihre Verwandten in Österreich besuchen wollen. Bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft
regte die Volksanwältin an, den Behörden die Möglichkeit zu geben, die geltende Bindung an die finanzielle
Situation des Antragstellers großzügiger zu behandeln, wenn Menschen ohne eigenes Verschulden in eine
prekäre Lage geraten. Es sei ein Härtefall, wenn ein Asylant, der wegen Folter in der alten Heimat zum
Invaliden wurde, aus Geldmangel nicht Staatsbürger werden könne.
In einer zweiten Verhandlungsrunde unterstrich Volksanwalt Peter Kostelka, wie wichtig es sei, bei der Einstufung
von Pflegegeldbeziehern auf die Qualität der Gutachter zu achten und stimmte dem Vorschlag des Abgeordneten
Johann Hechtl (S) zu, das Pflegepersonal in die Begutachtung einzubeziehen. Abgeordnetem Werner Herbert (F) gab
Volksanwalt Kostelka in dessen Forderung nach Sanierung von Bundesheerkasernen vollinhaltlich recht, sprach von
schweren Mängeln und inakzeptablen Verhältnissen bei der Unterbringung von Grundwehrdienern und drängte
vehement auf die Sanierung der Gebäude. Beim Thema Heeres-Disziplinarrecht unterstrich Kostelka das Recht
jedes Bundesheerangehörigen, sich mit Beschwerden an die Volksanwaltschaft zu wenden. Zu lange dauerten laut
Kostelka auch Arbeitsplatzbewertungsverfahren beim Bundesheer.
In seiner Antwort auf eine diesbezügliche Frage der Abgeordneten Sonja Ablinger (S) sprach Volksanwalt Kostelka
sein Bedauern darüber aus, dass das Additivabkommen zur Menschenrechtskonvention betreffend Folter in Österreich
noch nicht ratifiziert wurde. Kostelka erklärte dies mit der Notwendigkeit, die darin vorgesehene Ausweitung
der Gültigkeit des Abkommens auf psychiatrische Kliniken sowie Jugend- und Altersheime in der österreichischen
Rechtsordnung umzusetzen, was legistische Maßnahmen erforderlich mache.
Volksanwältin Gertrude Brinek informierte Abgeordneten Wolfgang Großruck (V), dass die Volksanwaltschaft
ihre Erfahrungen auf Länder- und Gemeindeebene in ihren Länderberichten dokumentiere und teilte dem Abgeordneten
mit, dass sie für eine Verwaltungsreform eintrete, die auf eine stärkere Kooperation zwischen Gemeinden,
auf die Nutzung von Know-how und Synergien sowie auf mehr Effizienz gerichtet sei. Das bedeute aber nicht, Gemeinden
zusammenzulegen oder Bezirke abzuschaffen, wovor Großruck in seiner Wortmeldung ausdrücklich gewarnt
hatte.
Den Strafvollzug in Österreich beurteilte die Volksanwältin in ihrer Antwort auf eine Frage des Abgeordneten
Oswald Klikovits (V) als "nicht schlecht". Die Justiz greife Anregungen der Volksanwaltschaft auf und
habe etwa WC-Anlagen in Zellen, die von mehreren Häftlingen belegt seien, baulich abgetrennt. Auch beim Strafvollzug
stehe die Justiz vor neuen Herausforderungen, etwa durch neue Formen der Kriminalität.
Volksanwältin Terezija Stoisits zeigte sich angesichts zahlreicher Beschwerden von Menschen, die an der Grenze
zwischen Bundesländern leben und über Verzögerungen bei Verwaltungsverfahren wegen unterschiedlicher
Normen in den einzelnen Bundesländern klagen, skeptisch darüber, "dass wir wirklich so viel Föderalismus
und so viele Bezirkshauptmannschaften brauchen". Mehr Effizienz durch eine Verwaltungsreform würde auch
zu Kosteneinsparungen führen, zeigte sich Stoisits überzeugt. Bei der von F-Abgeordnetem Werner Herbert
kritisierten doppelten Mautpflicht bei Wechselkennzeichen regte die Volksanwältin eine Fünf-Parteien-Initiative
an. Eine Möglichkeit, Ungerechtigkeiten bei der Zuerkennung von Betriebsprämien im Agrarbereich zu beseitigen
- Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) hatte darauf hingewiesen -, sah Volksanwältin Stoisits bei der kommenden
Änderung der EU-Agrarrechtsordnung. Mit dem Abgeordneten einig wusste sich Stoisits auch darin, dass unterschiedliche
Strafen wegen der Verwendung unzulässiger Pflanzenschutzmittel zwischen einzelnen Bundesländern nicht
nachvollziehbar seien. Die Kooperation zwischen Volksanwaltschaft und Bundesdenkmalamt sei sehr gut, teilte Volksanwältin
Stoisits mit, sprach von Erfolgen bei der Bewusstseinsarbeit und wies darauf hin, dass die Volksanwälte das
Bundesdenkmalamt wirkungsvoll unterstützen, wenn es unter politischen Druck gerate. Anlass für diese
Feststellung hatten Wortmeldungen der Abgeordneten Wolfgang Zinggl und Wolfgang Pirklhuber (beide G) gegeben, die
auf Beschwerden wegen des Abbruchs des "Parkhotels" und des Bahnhofs in Gmunden eingegangen waren. |