Victor-Hess Preis 2010 geht an Wolfgang Dungel   

erstellt am
14. 09. 10

Wien (öaw) - Der Victor-Hess Preis des Jahres 2010 wurde an Wolfgang Dungel verliehen. Diese Auszeichnung, die jährlich vom Fachausschuss für Kern- und Teilchenphysik der Österreichischen Physikalischen Gesellschaft vergeben wird, prämiert seine Arbeit "Precision measurements of the CKM-matrix element |V_{cb}| and the form factors of semileptonic decays of B mesons".

Wolfgang Dungel verfasste seine Dissertation als Forschungsassistent am Institut für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und als Mitglied der internationalen "Belle" Kollaboration mit Sitz am Gelände der Japanischen Hochenergiephysikagentur KEK in Tsukuba, Japan. Das Hauptziel von Belle ist es, die Theorie der beiden japanischen Physiker Kobayashi und Maskawa zu untersuchen. Diese Theorie ermöglicht es im Rahmen des Standardmodells der Teilchenphysik eine Asymmetrie zwischen Materie und Anti-Materie zu beschreiben, die sogenannte "CP-Verletzung". Für diese Entwicklungen wurden Kobayashi und Maskawa 2008 mit dem Nobelpreis in Physik ausgezeichnet.

Die Analyse, die von Wolfgang Dungel im Rahmen seiner Dissertation durchgeführt wurde, untersucht eines der Elemente der CKM-Matrix, bezeichnet als |V_{cb}|, welche den Hauptbestandteil der Theorie von Kobayashi und Maskawa darstellt. Hierfür wurden Zerfälle von bottom quarks untersucht, bei denen jeweils ein charm quark, ein leichtes, geladenes Lepton sowie ein Neutrino entstehen. Das Neutrino stellte eine der Schwierigkeiten der Analyse dar: der Belle Detektor ist nicht in der Lage diese Teilchen nachzuweisen. Um den Zerfall trotzdem mit hoher Genauigkeit vermessen zu können, wurde eine spezielle Rekonstruktionsmethode entwickelt, in der sämtliche Informationen einbezogen wurden, die der Detektor zur Verfügung stellen kann. Aufgrund des hervorragenden Betriebs des Belle Detektors konnte diese Aufgabe mit hervorragender Präzision gelöst werden und die Resultate, welche kurz vor der endgültigen Publikation stehen, stellen die derzeit weltweit genaueste Bestimmung dieses Bestandteils der Teilchenphysik dar. Eine weitere Folge dieser Analyse ist es, dass nun ein funktionstüchtiger Algorithmus zur Berechnung des Weltmittelwerts der untersuchten Größen vorhanden ist und im Rahmen der internationalen Heavy Flavor Averaging Group angewendet wird.

Präzisionsmessungen wie die von Wolfgang Dungel im Rahmen der Belle-Kollaboration durchgeführte erlauben nicht nur ein besseres quantitatives Verständnis von Naturkonstanten, sondern schließen auch mögliche Abweichungen vom Standardmodell der Teilchenphysik aus. Im Prinzip ist es möglich, auf diese Art Spuren von neuer Physik jenseits des Standardmodells zu entdecken. Präzisionsmessungen in B-Zerfällen ergänzen daher die Suche nach Neuer Physik bei den höchsten Energien, und sind ein wichtiges Komplement zu den LHC Experimenten. Die weltweit genaueste Messung des CKM-Matrix Elementes |V_{cb}| im Rahmen der Dissertation Wolfgang Dungels liefert ein hervorragendes Beispiel für den Erfolg des Nachwuchses in der österreichischen Teilchenphysik.

Zusätzlich zu seiner wissenschaftlichen Tätigkeit vermittelt Wolfgang Dungel seine Begeisterung für die Physik auch der interessierten Öffentlichkeit, zum Beispiel durch die Mitorganisation der Masterclasses und die Teilnahme am FameLab 2009 und 2010, einem internationalen Wettbewerb für Wissenschaftsvermittlung. Seit 2009 ist er außerdem Mitglied in der European Particle Physics Outreach Group (EPPOG).

Der diesjährige Victor-Hess Preis wird zu gleichen Teilen vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung und der Bank Austria Creditanstalt gefördert.
     
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