Parlamentsgebäude vom Dach bis zum Keller untersucht
Wien (pk) - Die Untersuchungen des Parlamentsgebäudes sind abgeschlossen und bestätigen:
Die Lebensdauer des Hohen Hauses geht unweigerlich zu Ende, eine umfassende Sanierung ist unumgänglich. Jetzt
werden die möglichen Varianten ausgearbeitet. Tag der Entscheidung ist der 11. Februar 2011. Für Nationalratspräsidentin
Barbara Prammer stehen Transparenz und verantwortungsvoller Umgang mit Steuergeld bei diesem Projekt an oberster
Stelle.
Als Grundlage für die weitere Planung wurde im vergangenen Frühjahr eine umfassende Erhebung des Sanierungsbedarfs
veranlasst, die von Spezialisten aller bautechnischen Disziplinen durchgeführt wird. Zum ersten Mal wird der
Bauzustand des Hohen Haus vom Dach bis zum Keller derart gründlich und umfassend erforscht. Die Auswertung
dieser Untersuchungen soll im Oktober abgeschlossen sein. Erste, bereits vorliegende Ergebnisse haben deutliche
Mängel an der veralteten Substanz des Hauses zu Tage gefördert, die bislang nicht bekannt waren.
So wurden auch die Rohrleitungen eingehend untersucht. Dabei wurden u. a. – wie bei einer Endoskopie – Kameras
durch vier der Rohre geschickt, die Regen und Abwasser aus dem Haus in das Wiener Kanalsystem ableiten. (Siehe
dazu Fotos im Fotoalbum auf der Homepage des Parlaments!) Die bis zu 30 Meter langen gusseisernen Rohrleitungen
führen vom Dachboden bis zum Kellner des Hohen Hauses und stammen überwiegend aus der Zeit der Errichtung
des Gebäudes, sind also über 125 Jahre alt. Im Zweiten Weltkrieg entstandene Schäden wurden im Zuge
des Wiederaufbaus behelfsmäßig mit Blechstücken ausgebessert, die bei weitem nicht die Haltbarkeit
heutiger Kunststoffrohre haben.
Die ersten vorliegenden Untersuchungsergebnisse haben allein an den vier überprüften Rohren rund 30 Schäden
aufgezeigt: Risse, Löcher und undichte Verbindungsstücke lassen Wasser austreten und in den Wänden
des Gebäudes versickern, wodurch das Mauerwerk allmählich zersetzt wird. Eines der lecken Wasserrohre
befindet sich im Bereich der Säulenhalle und bedroht damit ein historisches Herzstück des Gebäudes.
Durch die Steinverkleidung der Halle würden Schäden dort erst sehr spät sichtbar werden, dafür
aber wertvolle, unter Denkmalschutz stehende Flächen umso stärker gefährden.
Die Feuchtigkeit in Wänden und Decken ist aber nicht nur aus konservatorischer Sicht problematisch: Ohne umfassende
Sanierung der Rohrleitungen kann Sickerwasser irreparable Schäden an der Substanz des Gebäudes verursachen.
Gesamtkonzept bis Februar 2011 fertig
Gleichzeitig mit dem "Gebäuderöntgen" wird unter Miteinbeziehung aller betroffenen Gruppen
der künftige Nutzungsbedarf erhoben. Dieser Prozess wird durch das Planungsunternehmen "Quickborner Team"
aus Deutschland geleitet. Durch diese Maßnahme soll sichergestellt werden, dass eine notwendige Sanierung
genützt wird, um das Parlamentsgebäude ohne größeren Zusatzaufwand im Betrieb effizienter
und ökologischer zu machen. Vorrang hat allerdings die Sanierung des Gebäudes: Am wichtigsten ist, die
zahlreichen Altersgebrechen des Hauses in den Griff zu bekommen, bauliche Eingriffe in die historische Substanz
sind nicht vorgesehen.
"Gebäuderöntgen" und Nutzungskonzept werden bis Februar 2011 zu einem Gesamtkonzept für
die Sanierung zusammengefasst, das von einer Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Architekten Frank +
Partner und Werner Consult Ziviltechniker GmbH ausgearbeitet wird. Dieses Gesamtkonzept soll als Grundlage für
die Diskussion und Entscheidungsfindung über die möglichen Sanierungsvarianten (notwendiger Mindestbedarf,
nachhaltige Generalsanierung etc.) dienen.
"Beim gesamten Sanierungsprozess wird höchster Wert auf Transparenz und Sparsamkeit gelegt", versichert
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen, Effizienz sowie die Einbeziehung
aller Fraktionen und anderer betroffener Gruppen seien weitere Grundsätze in diesem Prozess. |