Linz (jku) - Ob Digitalkamera, Notebook, PC, Handy, Plasmafernseher oder Spielkonsole -
eine rasante Entwicklung im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik aber auch kürzere Produktlebenszyklen
sind am Markt beobachtbar. Der Elektro-/Elektronikschrott und ein erheblicher Strom- und Materialverbrauch strapazieren
unsere Umwelt. Der Ruf nach "grüner Elektronik" in Bezug auf Energie, Problemstoffe, Abfall und
Recycling wird nicht nur von der Gesetzgebung, sondern auch vom Markt her immer größer. Die Johannes
Kepler Universität (JKU) Linz folgt diesem Ruf und beschäftigt sich als eine der ersten Universitäten
weltweit mit Elektronik, die man als Müll einfach auf den Komposthaufen werfen, zur Not sogar essen könnte.
Die vollkommene Bioverträglichkeit der elektrischen Bauteile ist das Hauptziel einiger JKU-Wissenschafter,
die sich schon seit längerem mit der Nutzung elektronischer Elemente aus biologischen Bauteilen beschäftigen.
Erste Forschungserfolge um die Teams von Univ.Prof. Dr. Siegfried Bauer, Leiter der Abteilung für Physik der
Weichen Materie, und o.Univ.Prof. Dr. Niyazi Serdar Sariciftci, Vorstand des Instituts für Organische Solarzellen,
können jetzt verzeichnet werden: Dr. Mihai Irimia-Vladu hat einen organischen Feldeffekttransistor entwickelt,
der von den Materialien her sogar essbar wäre. Damit wurde ein erster Schritt in Richtung "grüne
Elektronik" gesetzt: "Es ist uns erstmals gelungen, aus natürlichen Ausgangsstoffen wie beispielsweise
Beta-Karotin, Indigo, Koffein, Glucose, Farbstoffe, DNA, etc. organische Feldeffektransistoren zu entwickeln",
sagen Bauer und Sariciftci.
Die "essbaren Schaltkreise" werden auf bioabbaubaren Filmen aufgedruckt. Recycling wäre somit überflüssig
und ein einfaches Kompostieren würde ausreichen bzw. wären die Bauteile sogar essbar. Diese einfachen
Sensoren aus biologischem Material könnten beispielsweise nachvollziehen, ob Lebensmittel ohne Unterbrechung
der Kühlkette transportiert wurden, oder aber auch den Reifegrad von Obst, die Frische des Brotes oder Erschütterungen
eines empfindlichen Materials während des Transports feststellen. "Der Endverbraucher gibt den Sensor
dann zum Biomüll oder isst ihn einfach mit", betont Dr. Irimia-Vladu. Diese Sensoren könnten auch
als medizinische Implantate verwendet werden, die als "Innen-Überwacher" von Stoffwechselvorgängen
(Blutwerte, Temperatur, Wundheilungsverlauf, etc.) dienen und vom menschlichen Körper nach gewisser Zeit ohne
gesundheitliche Bedenken wieder abgebaut werden würden. Die genießbaren Schaltkreise könnten auch
auf Tabletten überprüfen, ob und wann diese vom Patienten aufgenommen wurden - wenn der Schaltkreis beispielsweise
nicht länger sendet, ist das Medikament resorbiert. Essbare Elektronik wäre genauso für Spielzeug
denkbar. "Die ersten Schritte sind gesetzt, doch für jede der genannten potenziellen kommerziellen Anwendungen
ist noch mit langjähriger Entwicklungsarbeit auch auf industrieller Seite zu rechnen", betont Bauer.
Die ersten JKU-Forschungsergebnisse wurden bereits in der renommierten internationalen Zeitschrift "Advanced
Functional Materials" veröffentlicht.
"Essbare Elektronik" als Diensterfindung der JKU wird von der Austria Wirtschaftsservice GmbH im Rahmen
des uni:ivent-Programms unterstützt. |