Landtagspräsidenten Mennel, Bernhofer, van Staa und Illmer: Reformen werden nur mit selbständigen
und bürgernahen Bundesländern gelingen
Innsbruck (lk) - "Verkleinerung der Landtage und Auflösung des Bundesrates werden immer
wieder aufgekocht wie Gulasch, besser werden sie dadurch nicht. Parlamente hat man in Österreich schon einmal
angegriffen, gelernt hat man aus dieser Erfahrung scheinbar nicht", kommentiert der Salzburger Landtagspräsident
Simon Illmer die Forderung von Landeshauptfrau Burgstaller und RH-Präsident aD. Fiedler.
"Der Salzburger Landtag kostet etwa 0,35 % des Jahresbudgets des Landes, da hat Verkleinerung nichts mit Sparen
zu tun. Burgstaller möchte nicht sparen, sie möchte sich einfach nicht mehr von 36 Leuten auf die Finger
schauen lassen", ist Illmer überzeugt. Wenn die Landeshauptfrau bei sich anfangen wolle, solle sie einmal
im Schulressort nachschauen und überlegen, warum hier in puncto Reform nichts weitergeht.
"Es gibt den weitverbreiteten Irrglauben, man könne alle Probleme, vor allem die finanziellen von Bund,
Ländern und Gemeinden, durch Zwangsauflösungen in den Griff bekommen. Die einen wollen die BHs auflösen,
die anderen Gemeinden zusammenlegen. Wollen wir wirklich jede und jeden zum Abholen des Passes oder des Führerscheins
von Braunau oder Rohrbach nach Linz schicken? Ehrenamt, regionale Wirtschaft und kleine Unternehmen sind auf kleine
Kreisläufe und Entscheidungsautonomie in ihrer Nähe angewiesen.
Dies alles kann man nicht von Wien aus steuern, wie das manchen Herrschaften vorschwebt" führt Oberösterreichs
Landtagspräsident Friedrich Bernhofer an. Wenn man den Bürgern ihre geschichtlich gewachsenen und vertrauten
Einheiten, in denen sie sich wohl und zu Hause fühlen, wegnimmt, werden sie umso mehr die großen und
anonymen, wie zum Beispiel die EU, ablehnen. Nur ein Europa der Regionen wird langfristig Zukunft haben. In diese
Kerbe schlägt auch der Tiroler Landtagspräsident Herwig van Staa. Van Staa, derzeit Vizepräsident
des Ausschusses der Regionen der EU, Präsidiumsmitglied des Kongresses der Gemeinden und Regionen im Europarat
und Vorsitzender des Rates der gesetzgebenden Regionalparlamente in Europa, will vor allem Burgstallers Argument
nicht gelten lassen, die EU habe Macht von den Mitgliedstaaten übernommen, deshalb könne man dort eine
Ebene einsparen. "Wer das glaubt, hat die EU nicht verstanden. Die wäre ja blöd, wenn sie dann die
Regionen - wie im Vertrag von Lissabon geschehen - stärken würde. Das tut die EU aber seit ihrer Gründung
laufend, denn in Brüssel weiß man, für das Projekt Europa braucht man starke Regionen", so
van Staa. Der Tiroler Landtagspräsident weißt darauf hin, dass die EU keine Gesetze mache. "Wer
macht denn die Gesetze der EU? Das ist niemand anders als die Staatschefs und Minister der einzelnen Mitgliedstaaten
und auch der Regionen. Dass ihnen dabei die Parlamente daheim nicht so auf die Finger schauen wie in der Innenpolitik,
kommt diesen Herrschaften ja sehr entgegen. 'Die in Brüssel haben beschlossen' hört man dann, dabei gewesen
will nachher keiner sein. Für mich heißt das: Mitsprache der nationalen und der regionalen Parlamente
in EUAngelegenheiten stärken, die Tätigkeit unserer eigenen Regierung in Brüssel besser kontrollieren,
statt Parlamente auflösen und schwächen", schlägt van Staa vor.
Vor allem das belgische Beispiel aus der aktuellen Diskussion sei hier entlarvend, Belgien mag zwar weniger Abgeordnete
pro Einwohner haben als Österreich, dafür leiste sich Belgien sowohl für seine drei Regionen als
auch für jede Sprachgruppe jeweils ein eigenes Parlament. Dort sei die wahre Staatsmacht in den Regionalparlamenten,
stellt van Staa klar.
Dabei sind sich die Präsidenten einig, dass die Länder keine Reformverhinderer sind. "Wir stehen
sinnvollen Reformen immer offen gegenüber. Über konkrete Veränderungen in Vorarlberg entscheiden
wir aber autonom", bringt die Vorarlberger Landtagspräsidentin Bernadette Mennel die Sache auf den Punkt.
Zur Reform des Bundesrates stellen die drei Landtagspräsidenten eindeutig klar: Eine Reform muss es geben,
es gebe aber auch einen Vorschlag der Bundesstaatsreformkommission, der auch LHF Burgstaller angehört. Dort
sei eine Beschickung des Bundesrates durch die Landeshauptleute und Landtagsabgeordnete vorgeschlagen worden. Letztere
seien aber dort in der Mehrheit, vielleicht das ein Grund, warum man über dieses Papier den Mantel des Schweigens
hüllt, sind sich die Präsidenten einig. |