Graf zum Beitrag der Altösterreicher am Wiederaufbau der 2. Republik
Wien (pk) – Sie kamen nach Ende des Zweiten Weltkriegs auf Pferdewägen, in Güterwaggons
oder einfach zu Fuß nach Österreich – hunderttausende Menschen deutscher Muttersprache, die nach dem
Ende des 2. Weltkriegs aus ihrer angestammten Heimat in Südost- oder Osteuropa vertrieben wurden. Viele von
ihnen haben unter schwierigsten Umständen – bürokratischen Hürden und mannigfachen Benachteiligungen
- ihr Schicksal gemeistert, es mit Fleiß und Können zu Ansehen und Wohlstand gebracht und in einer bedeutenden
Weise zum Wiederaufbau Österreichs beigetragen. "Respekt und Anerkennung für die Leistungen der
Vertriebenen in Österreich", bekundete der Dritte Präsident des Nationalrats, Martin Graf, der am
Abend des 28.09. im Parlament Abgeordnete, Bundesräte und viele Gäste aus dem In- und Ausland zu einer
Veranstaltung begrüßte, die sich - erstmals im Hohen Haus – der Aufgabe widmete, die "Leistungen
der Vertriebenen nach 1945 in Österreich" zu würdigen.
Präsident Graf machte in seinen einleitenden Worten das schwere Schicksal jener Vertriebenen aus der Tschechoslowakei,
Jugoslawien, Rumänien, Ungarn und der Ukraine deutlich, die sich nach dem Verlust ihrer Heimat 1945 in Österreich
- zunächst als Staatenlose und unter ungeheuren Schwierigkeiten - eine neue Heimat schufen und dazu beitrugen,
ein Land, das damals wirtschaftlich am Boden lag, wieder aufzubauen und zu einem der wohlhabendsten Staaten der
Welt zu machen. Graf würdigte die Leistungen der AltösterreicherInnen in Wirtschaft, Technik, Wissenschaft
und Kunst und appellierte an die Anwesenden, das Thema Vertreibung nicht nur als ein Thema für Historiker
anzusehen. Die Vertreibung von Menschen und Volksgruppen sei immer noch ein Instrument der Politik, das Schicksal
der vertriebenen AltösterreicherInnen daher auch eine Mahnung für Gegenwart und Zukunft, sagte Präsident
Graf.
Unter der Moderation von Nationalratsabgeordnetem Walter Rosenkranz schilderte zunächst die Vertriebenensprecherin
der FPÖ, Abgeordnete Anneliese Kitzmüller, das Schicksal und den bemerkenswerten Lebensweg ihres Vaters,
der sich als Kind vertriebener Altösterreicher aus der Bukowina (Buchenland) eine berufliche Existenz in Österreich
schuf, erfolgreich studierte und sich durch sein Engagement in Politik, Kirche und Sport bleibende Verdienste um
die Entwicklung des Landes erwarb.
Historische Informationen über die Entstehung und Entwicklung der altösterreichischen Volksgruppe der
"Donauschwaben" in der Batschka, erhielten die TeilnehmerInnen der Veranstaltung vom Juristen Christian
Reinhardt, dessen Großmutter mit ihrer Familie aus der Batschka vertrieben wurde. Persönliche Erfahrungen
von der Vertreibung aus der Batschka berichtete Rudolf Reimann, der als Zehnjähriger im Jahr 1944 mit seiner
Familie auf einem Pferdewagen über Budapest und Ödenburg nach Niederösterreich kam. Der erfolgreiche
Bauingenieur und -unternehmer ist seit frühester Jugend in landsmannschaftlichen Organisationen der Donauschwaben
tätig, fungiert seit 1983 als Vorsitzender der Donauschwäbischen Arbeitsgemeinschaft und seit 1993 als
Bundesvorsitzender des Verbands der Volksdeutschen Landsmannschaften Österreichs (VLÖ), Dachorganisation
aller Heimatvertriebenen deutscher AltösterreicherInnen.
Der in Witkowitz (Mährisch-Ostrau) geborene Alfred Oberwandling arbeitete in Österreich zunächst
als Land- und Hilfsarbeiter, besuchte die Linzer Handelsakademie sowie die Hochschule für Welthandel in Wien
und absolvierte eine Managerkarriere in mehreren großen Industrieunternehmen. Seinen Ruhestand nutzte Oberwandling
ab 1994 für ein Geschichtestudium in Salzburg, das er 2001 mit einer Dissertation über die "Sudetendeutschen
in der oberösterreichischen Wirtschaft nach 1945" abschloss. Nunmehr leitet Alfred Oberwandling das Museum
der Heimatvertriebenen in Vöcklabruck.
Auf dem Büchertisch der Veranstaltung konnten die Gäste ein aktuelles Werk von Martin Graf und Anneliese
Kitzmüller zum Thema des Abends erwerben: "Die Wiederaufbauleistung der Altösterreicher in der Zweiten
Republik". |