Fragestunde mit Innenministerin Fekter   

erstellt am
07. 10. 10

Bundesrat: Entwicklung der Kriminalität, Asyl
Wien (pk) - Erfolge bei der Kriminalitätsbekämpfung, neue Arten der Kriminalität, rechtsradikale Aktivitäten, der Einsatz zusätzlicher ExekutivbeamtInnen sowie das Asylrecht und die Anforderungen der Zivildienst-Trägerorganisationen waren Themen der Fragestunde in der Sitzung des Bundesrats am 06.10.. Innenministerin Maria-Theresia Fekter stand dazu den Bundesrätinnen und Bundesräten Rede und Antwort.

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Bundesrat Christoph KAINZ (V/N): Wie hat sich die Kriminalität im ersten Halbjahr 2010 entwickelt?

Innenministerin Maria Theresia FEKTER berichtete den BundesrätInnen über erfreuliche Rückgänge in sensiblen Deliktbereichen bei zugleich steigenden Aufklärungsquoten. Im ersten Halbjahr 2009 nahm die Zahl der Delikte um 29.196 ab, erfuhren die BundesrätInnen, die Aufklärungsquote stieg um 1 %. Bei Wohnungseinbrüchen sank die Zahl um 19 %, bei Autodiebstählen um mehr als 50 %. Im bisherigen Verlauf des Jahres 2010 wurden 2.000 Kraftfahrzeuge weniger gestohlen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, listete die Ministerin mit Stolz auf. Ihre Maßnahmen im Kampf gegen die Kriminalität seien von Erfolg gekrönt, sagte Fekter und dankte ihren BeamtInnen für die erfolgreiche Arbeit.

Die Tätigkeit der 2009 gegründeten SOKO-Ost und die Kooperation zwischen den Landespolizeikommanden von Niederösterreich, Burgenland und Wien verlaufe überaus erfolgreich, sagte sie. Große Erfolge verzeichne die "SOKO-Kfz" beim Kampf gegen Kfz-Verschiebungen und bei der Ausforschung der Tätergruppen. Auto-Diebstähle im Wert von 3,3 Mio. € konnten verhindert werden. Die Einrichtung einer "SOKO-Kfz-West" mit Sitz in Oberösterreich sei in Vorbereitung.

Gegen die Internetkriminalität sei eine eigene Arbeitsgruppe im Einsatz. Für die BürgerInnen, die die Wahrnehmungen, insbesondere über Kinderpornografische Aktivitäten im Internet melden wollen, stehe eine eigene Ansprechperson zur Verfügung. Beim Kampf gegen die Internetkriminalität setzt die Innenministerin auf die Kooperation mit der Justiz und mit den anderen europäischen Ländern sowie mit Interpol, weil sich kriminelle Provider häufig auf entlegenen Inseln verstecken.

Ein Schwerpunkt der Verbrechensbekämpfung in Wien liege bei der Drogenkriminalität. Die Ministerin berichtete von der erfolgreichen Verdrängung der Drogenszene vom Karlsplatz und vom Schwedenplatz und von erhöhtem Fahndungsdruck gegen den organisierten "Ameisenhandel" entlang der öffentlichen Verkehrslinien. Sie unternehme alles, damit internationale Drogenhändler nicht den Eindruck gewinnen können, Wien wäre ein idealer Markt für sie. Die BeamtInnen beobachteten derzeit massive Veränderungen im Wiener Drogenhandel, merkte Fekter an. Balkanbanden drängten mit neuen Substanzen auf den Markt. Bedauerlicherweise nütze die organisierte Kriminalität die Möglichkeiten aus, die ihnen die Drogengesetzgebung der neunziger Jahre biete. Die Ministerin wandte sich mit dem Wunsch an die MandatarInnen, darüber nachzudenken, ob man mit dem damals gut gemeinten Grundsatz "Therapie statt Strafe" und der Absicht, jungen Menschen Lebenschancen nicht zu verbauen, wenn sie mit kleinen Drogenmengen angetroffen werden, der organisierten Drogenkriminalität nicht Tür und Tor geöffnet habe.

Der jüngste Fall eines Kindes in Schubhaft veranlasste die Innenministerin zur Feststellung, es gehe ihr darum, ein Kleinkind, dessen Mutter in einem Krankenhaus medizinisch versorgt werde, nicht von seinem Vater zu trennen. Jeder Asylfall sei ein menschliches Schicksal, räumte die Ministerin ein, erinnerte aber zugleich daran, dass viele AsylwerberInnen auch nach rechtskräftig erstellten negativen Bescheiden und der jeweils genauen Prüfung der Möglichkeit eines humanitären Aufenthalts immer wieder aussichtslose Asylanträge stellen, statt freiwillig auszureisen und legale Möglichkeiten der Einreise und einer Aufenthaltsgenehmigung in Anspruch zu nehmen.

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Bundesrat Josef KALINA (S/W): In Österreich fällt in letzter Zeit eine Häufung von rechtsradikalen Aktivitäten auf - so gab es 2009 396 Anzeigen nach dem Verbotsgesetz; was haben Sie unternommen, um solche Aktivitäten wirksam zu bekämpfen?

Innenministerin Maria-Theresia FEKTER registrierte eine konstante Entwicklung in der rechtsradikalen Szene ohne überproportionale Zunahmen. Zunehmende Anzeigen seien darauf zurückzuführen, dass Präventionsmaßnahmen und die Information junger Menschen, aber auch von Wirten hinsichtlich geschlossener Veranstaltungen stark intensiviert wurden, was die Sensibilität gegenüber rechtsradikalen Aktivitäten und damit die Anzeigen stark erhöht habe. Nicht alle Anzeigen nach dem Verbotsgesetz seien der rechtsradikalen Szene zuzuordnen, wie die bedauerlichen Vorfälle in Ebensee gezeigt hätten. Sie, Fekter, setze bei der Prävention insbesondere auf Aufklärung in den Schulen sowie auf die Zusammenarbeit mit den Landesschulräten, sagte sie und zeigte sich stolz darauf, dass in ihrem Bundesland Oberösterreich jeder Schüler und jede Schülerin einmal an einem Besuch in der Gedenkstätte Mauthausen teilnimmt.

Das Verhalten des ORF, der sich weigert, Filmmaterial herauszugeben, das die Staatsanwaltschaft brauche, um zu klären, ob es sich bei einem Bericht über die rechtsradikale Szene um eine Dokumentation oder eine Inszenierung gehandelt hat, bezeichnete die Ministerin als einen Skandal.

Auf Fragen zur linksradikalen Szene wies die Ministerin auf zunehmende Delikte hin, die der linksradikalen Szene zuzuordnen sind, wobei sie zu bedenken gab, dass Delikte in diesem Bereich anders erfasst werden, weil Delikte nach dem Verbotsgesetz hauptsächlich der rechten Szene zuzuordnen seien. Präventive Maßnahmen richteten sich insbesondere darauf, die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit rechter und linker Gruppen dort zu schützen, wo gewalttätige Auseinandersetzungen drohen. Wenn die öffentliche Ordnung gefährdet sei, würden Veranstaltungen auch untersagt, teilte die Ministerin mit.

Genau beobachtet würden auch Personen, die im Kontakt mit radikalen islamistischen Gruppen wie der Al Kaida stehen. "Wir sind sensibilisiert und aufmerksam", sagte die Ministerin und begrüßte ausdrücklich die neuen Möglichkeiten des Datenaustauschs mit den USA über die Bewegung islamistischer Gruppen in Europa.

Der Polizeidienst ist gefährlich, unterstrich die Ministerin auf eine Zusatzfrage nach der Entwicklung persönlicher Attacken auf Exekutivbeamte. Die Täter werden aggressiver, sagte Fekter, konnte diesbezüglich aber keine Unterschiede zwischen rechter und linker Szene feststellen. Zu Übergriffen gegen PolizeibeamtInnen komme es bei Kontakten mit Drogensüchtigen, Mitgliedern der organisierten Kriminalität, aber auch bei Verkehrskontrollen, berichtete Ministerin Fekter.

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Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W): Wie gedenken Sie das sicherlich noch durch Abgänge wie Pensionierungen ansteigende Defizit von bisher über 700 ExekutivbeamtInnen in Wien auszugleichen?

Die RESSORTLEITERIN wies die Aussage zurück, in Wien würden 700 ExekutivbeamtInnen fehlen und machte auf die Tätigkeit des Bundeskriminalamts für Wien und auf die Übernahme ehemaliger Polizeiaufgaben, etwa die Zuständigkeit für Fundgegenstände durch die Gemeinde Wien aufmerksam. Von den 1000 BeamtInnen, die alljährlich ausgebildet werden, bekomme Wien bis 2013 jeweils 450 BeamtInnen, was bedeute, dass die Zahl der PolizistInnen in Wien bis 2013 signifikant auf mehr als 6500 PolizistInnen zunehmen werde.

Der Auffassung, die PolizeibeamtInnen würden zu Gunsten von mehr Personal auf Überstunden verzichten wollen, trat die Ministerin entgegen und berichtete von gegenteiligen Wahrnehmungen bei ihren Besuchen in Polizeidienststellen. Es sei laut Fekter gerechtfertigt, in Ballungsräumen mehr Polizei einzusetzen, weil sich die kriminellen Aktivitäten auf die Ballungsräume konzentrieren. Junge PolizistInnen, die in Wien eingesetzt werden, müssten allerdings bereit sein, mehrere Jahre in der Bundeshauptstadt tätig zu sein, hielt die Ministerin angesichts zahlreicher Ersuchen von BeamtInnen fest, in ruhigere Dienststellen außerhalb Wiens versetzt zu werden.

Eine kritische Zusatzfrage zur Entwicklung bei den Asylverfahren und bei der Betreuung der AsylwerberInnen beantwortete die Ministerin indem sie darauf hinwies, dass Österreich über ein gutes Asylsystem und kurze Verfahren verfüge und im internationalen Vergleich als ein Best-Practice Modell gelte. Bei jedem Verfahren werde die Möglichkeit eines humanitären Aufenthalts geprüft, betonte die Ministerin und wies diesbezügliche Kritik am Asylgerichtshof zurück. AsylwerberInnen, die negative Bescheide erhalten, müssten aber zur Kenntnis nehmen, dass Österreich ein Rechtsstaat sei, in dem Bescheide vollzogen werden - alles andere wäre rechtswidrig, und zwar auch dann, wenn Medien in einzelnen Fällen öffentlichen Druck ausüben. Die Zahl der AsylwerberInnen sei um ein Drittel zurück gegangen, die Mittel für Asylwerberorganisationen seien aber nicht im selben Ausmaß verringert worden. Forderungen nach mehr Geld für Flüchtlings-NGOs seien daher nicht gerechtfertigt, meinte die Innenministerin.

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Bundesrat Edgar MAYER (V/V): Wie weit können Sie die Anforderungen der Zivildienst-Trägerorganisationen erfüllen?


Im Jahr 2009 wurden die Anforderungswünsche der Trägerorganisationen zu 92 % erfüllt, im laufenden Jahr sogar zu 94 %, stellte Innenministerin FEKTER fest. 94 % stellten einen Rekord dar, fuhr sie fort, der aber nicht zu halten sein werde, zumal auch die Wünsche bezüglich der Qualität der Zivildiener – etwa bezüglich deren Ausbildung – immer größer würden. Die Kosten für das Ressort bezifferte Fekter mit 58,8 Mio. € für 2009, für das laufende Jahr seien 60,8 Mio. € budgetiert. Unter Zivildienern sei im Zusammenhang mit der Novelle zum Zivildienstgesetz – siehe den ersten Punkt der Tagesordnung der laufenden Sitzung des Bundesrats – starkes und steigendes Interesse am Polizeidienst feststellbar.

Auf eine Zusatzfrage zum Einsatz von Zivildienern beim niederösterreichischen Bauernbund sagte die Ministerin, Zivildiener kämen in allen gesellschaftlichen Bereichen zum Einsatz, beim Bauernbund im Zusammenhang mit in Not geratenen Familien bei der Pflege oder bei der Arbeit am Hof.

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Bundesrat Günther KALTENBACHER (S/ST): In welchem Stufenplan werden die von Ihnen am 19. September 2010 angekündigten 300 zusätzlichen PolizistInnen für die Steiermark tatsächlich realisiert werden?

Der Personalstand sei bisher – 150 Neuaufnahmen und 57 Versetzungen mit Pensionierungen gegengerechnet – um 52 Personen erhöht worden, führte FEKTER aus. In einer Zusatzfrage genannte abweichende Zahlen wertete die Ressortchefin als alte Planungszahlen, in denen z.B. Versetzungen nicht berücksichtigt worden seien. Bei den genannten 300 zusätzlichen MitarbeiterInnen seien die für das Schubhaftzentrum Vordernberg vorgesehenen BeamtInnen bereits eingerechnet. Zufrieden zeigte sich Fekter mit den früheren MitarbeiterInnen von Post und Telekom bei der Polizei; ihnen würde eine neue Lebensperspektive geboten. In der Steiermark seien derzeit 44 Personen aus diesem Kreis im Einsatz, wovon 19 in Ausbildung seien. Fekter brach eine Lanze für länderübergreifende Einsätze von PolizeibeamtInnen, sei die Polizei doch eine Bundespolizei und diese Vorgangsweise zur Abdeckung von Spitzen unerlässlich.


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Bundesrat Günther KÖBERL (V/ST): Worin liegen die Vorteile einer Anwesenheitsverpflichtung für AsylwerberInnen in der Erstaufnahmestelle?

Innenministerin FEKTER beschrieb die Vorgangsweise bei der Erstaufnahme und betonte, dass die Anwesenheit und Mitwirkung der AsylwerberInnen bei der grundlegenden ersten Einvernahme und bei den wichtigsten Verfahrensschritten für ein geordnetes Verfahren wesentlich sei – auch im Hinblick auf die im Zusammenhang mit den dafür eingesetzten über 160 Mio. € an Steuergeld. Fekter betonte, dass Österreich dabei eines der humansten Regime innerhalb Europas anwende, einschließlich der immer anzuwendenden Individualprüfung. Österreich liege damit hinter Malta, Zypern und Schweden an 4. Stelle, erklärte die Innenministerin.

Es gehe im Zusammenhang mit der Mitwirkungspflicht darum, Missbrauch zu verhindern und Österreich nicht zu einem Markt für den Menschenhandel werden zu lassen, betonte die Ressortchefin. Man müsse die "Kette des Menschenhandels" durchbrechen, betonte sie. Fekter stellte darüber hinaus klar, dass die ersten, wichtigen Verfahrensschritte innerhalb weniger Tage abgewickelt werden könnten, zumal es dabei vor allem um die Klärung der Zuständigkeit Österreichs und nicht um die Abwicklung des gesamten Asylverfahrens gehe.


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Bundesrat Manfred GRUBER (S/S): Nach welchen Kriterien werden Delikte in der von vielen Seiten bezweifelten und kritisierten Kriminalstatistik tatsächlich gezählt?

Die kritisierten Differenzen zwischen den Statistiken des Innenressorts und des Justizministeriums hingen damit zusammen, dass die Statistiken des Innenministeriums nach Kriterien des Strafgesetzbuchs, jene der Justiz hingegen nach Tätern geführt würden. Das bedinge, dass die Statistiken schwer vergleichbar seien. Innenministerin FEKTER verwies aber in diesem Zusammenhang auf ein Projekt, in dem ihr Ressort, das Justizministerium und die Universität Wien zusammen arbeiteten und an dessen Ende eine bessere Vergleichbarkeit gegeben sein werde, und zwar ab dem Jahr 2011. Zudem würden eine Reihe von Straftaten eines Täters bzw. einer Tätergruppe gegenüber dem gleichen Opfer als eine Tat gewertet – wenn etwa eine Gruppe Jugendlicher 27 Schneestöcke beschädige, werde das als ein Delikt gewertet. Manipulationsvorwürfe seien daher zurück zu weisen, betonte Fekter.

Bundesrat Manfred GRUBER (S/S) kam noch einmal auf den aktuellen Abschiebefall eines Vaters und seiner beiden Töchter in den Kosovo zu sprechen und nannte die Vorgangsweise der Fremdenpolizei als inhuman. Die Innenministerin verteidigte dem gegenüber das Vorgehen der Polizei abermals und betonte, dass die Betroffenen vorweg über die beabsichtigte Abschiebung informiert würden. Die Fremdenpolizei – deren Arbeit belastend sei – rüste sich bei ihren Einsätzen je nach Einzelfall, stellte Fekter klar.
     
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