Wehrpflicht steht zur Diskussion  

erstellt am
06. 10. 10

Faymann: An Österreichs Neutralität darf nicht gerüttelt werden
Vor möglicher Volksbefragung über ein "Bundesheer neu" müssen konkrete Varianten ausgearbeitet werden
Wien (sk) - Die Diskussion über die allgemeine Wehrpflicht stand im Mittelpunkt des Pressefoyers nach der Sitzung des Ministerrates am 05.10. "Eine Volksbefragung kann erst am Ende einer ernsthaften Diskussion und nach Vorliegen konkreter Varianten abgehalten werden", sagte Bundeskanzler Werner Faymann. Diese Varianten müssten in der nächsten Zeit vom Verteidigungsminister gemeinsam mit dem Außenminister ausgearbeitet werden. Dabei würden auch Vorschläge der verschiedenen Parteien und Interessensvertreter einfließen. Ebenso würden internationale Entwicklungen in der Diskussion berücksichtigt.

"Die Diskussion um die Wehrpflicht bedeutet nicht, dass alles, was heute im Bundesheer geschieht, falsch ist", so der Bundeskanzler. Und man könne keinesfalls etwas abschaffen, ohne dazu eine Alternative zu haben. "Die aktive Neutralitätspolitik Österreichs muss in jeden Fall gewährleistet bleiben", sagte Faymann. Ebenso müsse die Erfüllung der Aufgaben im Katastrophenfall und im Rahmen von internationalen Friedenseinsätzen sichergestellt sein. Erste Analysen hätten ergeben, dass zumindest 15.000 Mann für den Katastrophenschutz und 1.000 für Auslands- und andere Sicherungseinsätze gebraucht würden.

Die Diskussion über den Zivildienst sei auch zu führen, es dürfe dabei aber nicht die eine Institution in die umfassende Abhängigkeit der anderen genommen werden. "Zivildiener sind nicht einfach auf ewige Zeiten nur als billige Arbeitskräfte zu sehen", sagte Faymann. Es müsste im Falle einer Reform der bestehenden allgemeinen Wehrpflicht prinzipiell über neue Arbeitsplätze im Pflegebereich ebenso geredet werden wie über eventuelle Anreize für junge Menschen zu einem freiwilligen Sozialdienst, so der Kanzler.

 

Pröll: "Offene Fragen müssen geklärt werden"
Der Finanzminister steht geplanten Änderungen im System der Wehrpflicht positiv gegenüber…
Wien (övp-pd) - Im Anschluss an den Ministerrat sagte Finanzminister Josef Pröll zum Thema Wehrpflicht: "Ich sehe das Bundesheer als wichtiges Rückgrat der Gesellschaft. Wer dem Volk Fragen zur Wehrpflicht stellen will, muss zunächst einmal selbst einige offene Fragen klären. Nämlich: Wenn es ein Berufsheer geben soll, wie groß muss es sein? Was bedeutet ein Berufsheer für die Einsatzbereitschaft des Heeres in Katastrophenfällen? Ist die Wahrung der österreichischen Neutralität auch mit einem Berufsheer sichergestellt? Wie hoch sind die Kosten eines Berufsheeres im Verhältnis zur jetzigen Wehrpflicht? Wie geht es mit dem Zivildienst und mit dem Assistenzeinsatz weiter?" Der Finanzminister steht geplanten Änderungen im System der Wehrpflicht positiv gegenüber, allerdings müsse am Anfang der Debatte nicht die Frage an das Volk stehen, sondern die Beantwortung dieser Fragen durch den Verteidigungsminister.

 

Strache: Für Wehrpflicht und Volksbefragung - Direkte Demokratie stärken
Abschaffung der Wehrpflicht wäre auch Ende des Zivildienstes - Rettungsorganisationen droht dann Kollaps
Wien (fpd) - Ein klares Bekenntnis zur Wehrpflicht hat heute FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache abgegeben. "Die FPÖ war immer für die Beibehaltung der Wehrpflicht und ist es auch jetzt", so Strache, der vor den "Nebenwirkungen" bei einer allfälligen Abschaffung warnte. So werde dann der Zivildienst ebenso abgeschafft, wie effektive Katastrophenhilfe, gab Strache zu Bedenken.

Was den Wienerinnen und Wienern ganz klar vor der Wahl gesagt werden müsse, sei, dass mit der Abschaffung der Wehrpflicht automatisch auch der Zivildienst abgeschafft werde, was besonders für unsere älteren Mitbürger verheerende Auswirkungen hätte, so Strache. "Rettungsorganisationen, Pflegeeinrichtungen und sozialen Einrichtungen droht damit der Kollaps", warnte Strache.

Das Instrument einer "Volksbefragung" begrüßte Strache als Zeichen der direkten Demokratie. "Selbstverständlich wird die FPÖ das Ergebnis einer Volksbefragung anerkennen", betonte Strache. Wenn Häupl aber jetzt kurz vor der Wahl seine Liebe zur direkten Demokratie entdecke, so solle er auch Themen wie Kopftuch, Burka, Minarett oder den Abriss der Kapelle im Geriatriezentrum Baumgarten mit abstimmen lassen, so Strache.

 

Stadler: Abstimmung zeigt, was von roten und grünen Ankündigungen zu halten ist
BZÖ ist klar die einzige Partei, die für Abschaffung der Wehrpflicht ist
Wien (bzö) - Bewusst hat das BZÖ in der Sondersitzung einen unselbstständigen Antrag für eine Volksbefragung zur Abschaffung des Wehrdienstes mit zuwenigen Unterstützungen eingebracht. Bei der folgenden Abstimmung waren ausschließlich BZÖ-Abgeordnete dafür. "Das zeigt, was von Ankündigungen der anderen Parteien zu halten ist; Grün und Rot haben nicht mitgestimmt. Wird die Probe aufs Exempel gemacht - bleibt man sitzen. Die einzige Partei, die für die Abschaffung der Wehrpflicht ist, sind wir!", kommentierte der stellvertretende BZÖ-Klubobmann Abg. Ewald Stadler das seltsame Abstimmungsverhalten.

Zum Thema der Sondersitzung warf er der FPÖ vor, keinerlei Einsparungsvorschläge gemacht zu haben. Die Regierungsparteien fragte Stadler: "Sie haben die Mehrheit, warum setzen sie unsere Ideen nicht um?" Zu den Inhalten der Sondersitzung merkte Stadler an: "Früher unter Jörg Haider gab es Vorschläge, wenn wir eine Sondersitzung einberufen haben - das ist der Unterschied zu Strache." Weder in der Einberufung noch in Straches Rede seien Einsparungsvorschläge gemacht worden.

Ganz anders ist das BZÖ, erinnerte Stadler. Vom Vorschlag das Amt des Bundespräsidenten abzuschaffen, über eine Zusammenlegung von Innen- und Verteidigungsministerium spannt sich der Bogen. Der stellvertretende BZÖ-Klubobmann regte auch an, längst überholte Verwaltungsbehörden wie Burghauptmannschaften oder das Amt für Eich- und Vermessungswesen abzuschaffen - "das können Private auch!" Im Sinne einer Verwaltungsreform seien auch der Bundesrat und Sonderbehörden mit richterlichem Einschlag wie Berufssenate nicht nötig.

Am Beispiel von Amstetten mit 22 Schulen, zwei Spitälern und über 20 Behörden zeigte Stadler die vielen unnötigen Verwaltungsorgane auf. "Aber es sind lauter schwarze und rote Bezirkskaiser, die ihren Job verlieren, wenn die Machtstrukturen geändert werden", kritisierte Stadler die fehlende Verwaltungsreform. Er verlangte im Sinne von Einsparungen auch, das tote Recht der Gebietsgemeinde wieder zu beleben - "das wäre moderne Verwaltung", so Stadler.

 

 Pilz: SPÖ-Abgeordnete haben Häupl Gefolgschaft verweigert
Grüne drohen weiter mit Volksbegehren, falls Befragung nicht kommt
Wien (grüne) - "Die SPÖ-Nationalrats-Abgeordneten haben Wiens Bürgermeister Häupl in Sachen Volksbefragung zur allgemeinen Wehrpflicht im Stich gelassen. Die gesamte SPÖ-Fraktion hat geschlossen gegen einen entsprechenden Grünen Antrag gestimmt. Damit sind sie dem Wiener Bürgermeister in den Rücken gefallen", so Peter Pilz, Sicherheitssprecher der Grünen. Der Konflikt zwischen Darabos und Häupl ist damit vorläufig für den Verteidigungsminister und gegen jede sicherheitspolitische und wirtschaftliche Vernunft entschieden worden.

Die Grünen werden die nächsten Nationalratssitzungen dazu nützen, um mit weiteren Anträgen doch noch eine Mehrheit für eine Volksbefragung zustande zu bringen. Wenn die Volksbefragung nicht bis Jahresende beschlossen wird, wird ein Volksbegehren zur Abschaffung der Wehrpflicht gestartet.
 
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