Gesetze zur Umsetzung des dritten Energie_Binnenmarktpakets in Begutachtung
- Leichterer Lieferantenwechsel, mehr Transparenz und Liberalisierung erhöhen Wettbewerb am Strommarkt
Wien (bmwfj) - Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner hat ein Gesetzespaket in die
Begutachtung geschickt, das für die Umsetzung des dritten Energiebinnenmarktpakets der Europäischen Union
notwendig ist. Dabei handelt es sich um Novellen des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes
(ElWOG) sowie des Energie-Regulierungsbehördengesetzes (E-RBG). "Mit den neuen Regelungen stärken
wir die Rechte der Kunden und beleben den Wettbewerb am Energiemarkt. Gleichzeitig wollen wir die Wettbewerbsfähigkeit
der Unternehmen ausbauen, um die Versorgungssicherheit mit Energie zu erhöhen und optimale Rahmenbedingungen
für Investitionen ins Energiesystem zu schaffen", betont Mitterlehner. "Damit ist dieses Paket ein
wichtiger Umsetzungsschritt der Energiestrategie Österreich".
Ein Schwerpunkt liegt in der Stärkung der Rechte von Haushalten und Gewerbebetrieben. Künftig soll beim
Lieferantenwechsel eine Drei-Wochen-Frist gelten, bisher basierte der Wechsel nur auf Marktregeln und dauerte bis
zu acht Wochen. Auch sozial Schwache sollen künftig besser geschützt werden - konkret durch eine Höchstpreisregelung
für Abschaltkosten, Vorauszahlungszähler und Mahngebühren. Bisher verrechneten die Anbieter bis
zu 70 Euro für Ab- und Anschaltungen, gemäß Entwurf wird dieser Betrag mit 30 Euro begrenzt. Vorauszahlungen
sinken auf maximal eine Monatsrate, bisher werden bis zu drei Raten verlangt. Darüber hinaus wird ein Recht
auf Grundversorgung für private Endverbraucher sowie kleine Unternehmen (weniger als 50 Beschäftigte,
Jahresumsatz von maximal zehn Millionen Euro) verankert.
Weitere Vorteile bringt die Einrichtung einer zentralen Anlauf- und Beschwerdestelle bei der Regulierungsbehörde
sowie die gesetzliche Verankerung des Tarifkalkulators. Die Gas- und Stromlieferanten müssen alle preisrelevanten
Daten elektronisch übermitteln, damit noch genauere Rankings möglich sind. Um die Transparenz weiter
zu erhöhen, sollen künftig auch auf Rechnungen sowie Werbematerial verpflichtend mehr Informationen aufscheinen.
Das gilt insbesondere für Preise, Tarife und die Zusammensetzung der Primärenergieträger
Mehr Energieeffizienz, höhere Versorgungssicherheit
Durch die Novelle des ElWOG wird der rechtliche Rahmen für die effiziente Einführung von intelligenten
Mess-Systemen für den Stromverbrauch geschaffen. Diese tragen zum effizienteren Einsatz von Energie bei und
ermöglichen die bessere Integration erneuerbarer Energieträger in die Stromnetze. Die Details zu Einführungszeitraum
und Flächendeckung legt der Wirtschaftsminister unter Einbeziehung der Stakeholder (Elektrizitätswirtschaft,
Konsumentenvertreter, E-Control) durch eine Verordnung fest. Die Regulierungsbehörde hat - wiederum in Absprache
mit den anderen Stakeholdern - für einheitliche technische Standards zu sorgen, damit nicht jeder Netzbetreiber
eigene Lösungen entwirft, die nicht kompatibel mit anderen Systemen sind.
Zudem steigt die Versorgungssicherheit durch langfristige Planungen und Investitionsanreize. So wird der Ausbau
der Leitungen durch die Festschreibung der "Anreizregulierung" im Gesetzesentwurf unterstützt. Demnach
müssen die Systemnutzungsentgelte für die Netzbetreiber eine angemessene Vergütung für die
Aufrechterhaltung der Infrastruktur sowie neue Investitionen in das Netz darstellen - sofern diese wirtschaftlich
und effizient getätigt werden. Zudem ist vorgesehen, dass die Übertragungsnetzbetreiber der Regulierungsbehörde
jährlich einen zehnjährigen Netzentwicklungsplan vorlegen. Darin müssen die Unternehmen darstellen,
wie sie die hohe Qualität der Leitungen sicherstellen wollen. Durch die Novelle sollen die Verfahren zur Feststellung
der Entgelte für die Energieversorgungsunternehmen reformiert werden: Demnach legt künftig die E-Control
per Bescheid die Kostenbasis fest, die als Grundlage für die Systemnutzungstarife dient. Die Tarife selbst
bestimmt die Regulierungskommission via Verordnung. Die Netzbetreiber haben künftig die Möglichkeit,
sich gegen die Bescheide der E-Control bei der Regulierungskommission und in weiterer Folge beim Verwaltungs- und/oder
Verfassungsgerichtshof zu beschweren. Damit wird der Rechtsschutz für die Netzbetreiber gemäß den
EU-Vorgaben erhöht.
Entflechtung der Netze von Erzeugung und Vertrieb des Stroms
Ein weiterer zentraler Punkt des dritten Energiebinnenmarktpakets ist die Entflechtung(Unbundling)der Übertragungsnetzbetreiber
von den übrigen Aktivitäten eines vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens. Dadurch kommt
es zur Trennung der Netze von Erzeugung und Vertrieb des Stroms, um so mehr Wettbewerb zu ermöglichen. Für
die betroffenen heimischen Unternehmen (Verbund, TIWAG, VKW) stehen im Entwurf drei Entflechtungsmodelle zur Auswahl:
- Die eigentumsrechtliche Entflechtung als Grundmodell: dabei wird das Übertragungsnetz vollständig
herausgelöst und verkauft.
- Der unabhängige Netzbetreiber (Independent System Operator - ISO): das Eigentum darf beim bisherigen Betreiber
bleiben. Das gesamte Netz wird aber von einem fremden Unternehmen gemanagt.
- Der unabhängige Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzbetreiber (Independent Transmission Operator -
ITO): dabei muss das Übertragungsnetz in eine separate Gesellschaft ausgelagert werden, darf aber im bestehenden
Konzern bleiben. Es gelten jedoch strikte Trennungsvorschriften. Der ITO muss beispielsweise über ausreichende
eigene personelle, technische und finanzielle Ressourcen verfügen, um unabhängig am Energiemarkt agieren
zu können. Auch im Außenauftritt muss eine klare Unterscheidung zur Muttergesellschaft gegeben sein.
Umbau der E-Control nach Vorbild der FMA
Aufgrund der EU-Vorgaben ist auch ein Umbau der Regulierungsbehörde E-Control notwendig: Demnach darf es nur
eine einzige nationale und unabhängige Regulierungsbehörde sowie eine unabhängige Berufungsinstanz
geben. Um diesen Vorgaben entsprechen zu können, hat sich das Wirtschafts- und Energieministerium im vorliegenden
Entwurf für die Konstruktion einer Anstalt öffentlichen Rechts nach dem Vorbild der Finanzmarktaufsicht
(FMA) entschieden. Der Vorstand soll künftig aus zwei Mitgliedern bestehen, das Vier-Augen-Prinzip ist angesichts
der steigenden Kompetenzen - wie zum Beispiel im Konsumentenschutz, bei der Kosten- und Tarif-Festelllung sowie
bei der Überwachung des "Unbundling" - wichtig und sinnvoll.
Die Begutachtungsfrist für die beiden Gesetze des Pakets endet am fünften November, bis 3. März
2011 müssen die meisten Bestimmungen laut den EU-Vorgaben in Kraft getreten sein. Für die Entflechtungs-Regelung
gilt eine Frist bis zum 3. März 2012.
|