Europäisches Patentamt: Aufregung um Biopatent   

erstellt am
15. 10. 10

Wien (patentamt) - Im Juli dieses Jahres hat ein europäisches Patent der britischen Firma Plant Bioscience für Aufregung in den Medien gesorgt. Das Europäische Patentamt hatte ein Auswahlverfahren patentiert, mit dem bei der Zucht von Brokkoli der Anteil eines bestimmten, vermutlich Krebs vorbeugenden Inhaltsstoffs, in den Pflanzen erhöht werden kann. Die Befürchtungen der Medien kreisten vor allem um die Patentierung von Pflanzen an sich. Eine Patentierung ist nur dann möglich, wenn die Erfindung, neben ihrer gewerblichen Anwendbarkeit, neu ist und sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Eine bloße Entdeckung ist nicht patentierbar.

Gemäß österreichischem Patentgesetz sind "im wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren" - darunter versteht man Verfahren, die vollständig auf natürlichen Phänomenen wie Kreuzung und Selektion beruhen - nicht patentierbar. Zurzeit herrscht, auch auf europäischer Ebene, allerdings noch Rechtsunsicherheit, was nun konkret unter "im wesentlichen biologischen Verfahren" zu verstehen ist. Die noch für 2010 erwartete Entscheidung der großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes hat zwar keine unmittelbar bindende Wirkung für nationale europäische Gerichte und Patentämter, wird aber trotzdem auch für Österreich richtungweisend sein. Nationale europäische Gerichte und Patentämter folgen in der Regel den Vorgaben und Auslegungen der Großen Beschwerdekammer. Im vorliegenden Fall wird sie zu entscheiden haben, ob ein konventionelles, nicht molekularbiologisches Verfahren zur Pflanzenzucht, das von einem molekularbiologischen Selektionsverfahren lediglich unterstützt wird, patentierbar ist oder nicht.

Für die Einhaltung ethischer Richtlinien sorgen hierzulande aber auch andere Gesetze, wie etwa das Gentechnikgesetz. Es soll bei Anwendung der Gentechnik ein möglichst hohes Maß an Sicherheit für die Gesundheit der Menschen (einschließlich der Nachkommenschaft) und der Umwelt (insbesondere der Ökosysteme) gewährleisten. Gleichzeitig sollen aber auch die Anwendungen der Gentechnik zum Wohle des Menschen durch die Festlegung eines rechtlichen Rahmens für deren Erforschung, Entwicklung und Nutzung gefördert werden.

In den Medien läuft die Debatte über Biopatente meist hoch emotionell, eine sachliche Annäherung an das Thema ist oft nur schwer möglich. Das gilt umso mehr, als sich die Biotechnologie inzwischen zum integralen Bestandteil der Wirtschaft entwickelt hat. Wissenschaftliche Disziplinen wie Medizin, Biologie, Chemie, aber auch Informatik werden durch die Biotechnologie nachhaltig vorangetrieben und verändert. Die gentechnische Veränderung von Pflanzen ist hingegen ein Thema, das sich zum Dauerbrenner in öffentlichen Diskussionen entwickelt hat. Besonders bei Nahrungsmitteln ist die Toleranz der Konsumenten gering.

Das Österreichische Patentamt reagiert auf die aktuelle Debatte und bietet am 17. November 2010 ein Spezialseminar zum heiß umfehdeten Thema: „Biotechnologie Patentierung: rechtliche und bioinformatische Grundlagen." Nähere Informationen zum Spezialseminar finden sie hier.
     
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