Kärnten vor Ortstafel-Lösung?  

erstellt am
20. 10. 10

Empfehlung: BAWAG-Prozess wiederholen
Generalprokuratur rät zu Teilaufhebung der Urteile
Wien (oe1.orf.at) - Wie der ORF in der Radiosendung "Mittagsjournal" am 19.10. meldete, hat die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zum Urteil im BAWAG-Prozess die teilweise Aufhebung der Urteile gegen Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner und die anderen Angeklagten empfohlen.

Beschwerden "teilweise berechtigt"
Die Generalprokuratur "zerpflückt" in ihrer 328 Seiten starken Stellungnahme, die der APA vorliegt, das erstinstanzliche Urteil im BAWAG-Prozess. Laut dem Cocquis, der dem Obersten Gerichtshof (OGH) als "Rechtswahrer" beigeordneten Behörde, kommt den Nichtigkeitsbeschwerden von Helmut Elsner, Johann Zwettler und Peter Nakowitz "teilweise Berechtigung" zu. "Wir haben daher die Aufhebung des Strafausspruchs empfohlen", meinte der Sprecher der Generalprokuratur, Wilfried Seidl, Dienstagmittag gegenüber der APA. Der Prozess müsste - sollte der OGH der Prokuratur folgen - somit zumindest in großen Teilen wiederholt werden.

Manche Urteile zur Gänze neu verhandeln
Besonders mangelhaft sind nach Ansicht der Generalprokuratur die von der ersten Instanz getroffenen Feststellungen in Bezug auf den Investmentbanker Wolfgang Flöttl, die Ex-BAWAG Vorstände Hubert Kreuch, Josef Schwarzecker, Christian Büttner, den Ex-BAWAG-Aufsichtsratspräsidenten Günter Weninger und den Wirtschaftsprüfer Robert Reiter. Deren Urteile wären nach Ansicht der Generalprokuratur bereits in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben, gegen die Betroffenen müsste - sollte der OGH dieser Rechtsmeinung folgen - zur Gänze neu verhandelt werden. Wie der Sprecher der Generalprokuratur gegenüber der APA betonte, ist der OGH an die Rechtsansicht der Prokuratur nicht gebunden.


Termin noch vor Weihnachten
Der Oberste Gerichtshof wird noch heuer über die Nichtigkeitsbeschwerden der BAWAG-Angeklagten und die Stellungnahme der Generalprokuratur entscheiden, und zwar am 22. und 23 Dezember. Neben Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner wird in dem öffentlichen Gerichtstag auch über die Rechtsmittel von Elsners unmittelbarem Nachfolger an der BAWAG-Spitze, dem in erster Instanz wegen Untreue zu fünf Jahre Haft verurteilten Johann Zwettler, sowie Ex-BAWAG-Generalsekretär Peter Nakowitz verhandelt. Elsners ehemalige "rechte Hand" hatte vom Erstgericht vier Jahre ausgefasst.


Bandion-Ortner gelassen
Wenig überrascht zeigt sich Bandion-Ortner in einer ersten Stellungnahme: Bei einem Verfahren in einem derartigen Umfang sei nicht zu erwarten gewesen, dass alles halten wird, so Bandion-Ortner. Wesentlich sei, dass wichtige Teile des Verfahrens halten, und darüber werde der Oberste Gerichtshof entscheiden. Und es gebe eben auch sehr wichtige Teile, die die Generalprokuratur nicht beanstande. Ein Rechtsmittelverfahren sei aber eine "ganz normale Sache". Dass Urteile nicht halten, könne jedem Richter passieren. Sie sehe der Entscheidung jedenfalls gelassen entgegen, sagt die Justizministerin.

Rechtsmittel eingelegt
Elsner war am 4. Juli 2008 von einem Wiener Schöffensenat unter dem Vorsitz der nunmehrigen Justizministerin Claudia Bandion-Ortner in sämtlichen Anklagepunkten für schuldig befunden worden, wobei ihm das Gericht eine Schadenssumme von 1,72 Mrd. Euro zulasten der BAWAG ankreidete. Dafür wurden neuneinhalb Jahre Haft verhängt. Gegen das Urteil meldete Elsner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.

 

Donnerbauer: Von Generalprokuratur wird lediglich Rechtsmeinung vertreten
Entscheidung trifft OGH – Beanstandungen bei Verfahren dieser Größe nicht ungewöhnlich – 14 von 18 Untreuefakten wurden bereits bestätigt
Wien (övp-pk) - "Der Generalprokuratur kommt die Rolle eines Rechtspflegeinstituts zu, es handelt sich daher nur um eine Rechtsmeinung, die vertreten wird", erklärt ÖVP- Justizsprecher Heribert Donnerbauer anlässlich der Stellungnahme der Generalprokuratur zu den erstinstanzlichen Urteilen im BAWAG- Prozess. "Die Entscheidung trifft in Wirklichkeit nur der Oberste Gerichtshof", so Donnerbauer.

Grundsätzlich kommen alle Entscheidungen eines Schöffensenats zur Generalprokuratur, wenn eine Nichtigkeitsbeschwerde eingereicht wird. "Es ist zu betonen, dass das Urteil der damaligen Vorsitzenden des Schöffensenats, Justizministerin Claudia Bandion- Ortner, in den wesentlichen Teilen gleich gesehen wird", führt ÖVP- Justizsprecher Donnerbauer weiter aus. Nur in manchen Bereichen gebe es eine andere Rechtssicht. "Bei einem derart großen Verfahren ist es nicht ungewöhnlich, dass Teile des Urteils nicht halten. Man sollte auch nicht vergessen, dass der BAWAG-Prozess der bisher größte Wirtschaftsprozess der Nachkriegsgeschichte war", erinnert Justizsprecher Heribert Donnerbauer und weist darauf hin, dass man die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes erst abwarten müsse.

"Abgesehen davon, dass 14 von 18 Untreuefakten im Rahmen des Urteils laut Generalprokuratur zu bestätigen sind, sollte außerdem erwähnt werden, dass Helmut Elsner unabhängig von diesem Urteil zweieinhalb Jahre rechtskräftig verurteilt ist", betont ÖVP- Justizsprecher Donnerbauer abschließend.

 

Graf: Bandion-Ortner ist nach BAWAG-Urteilsmängeln rücktrittsreif
Neuer Prozess über alle BAWAG-Verfehlungen gefordert - Auch Kampusch-Fall zeigt unerträgliche Justiz-Missstände auf
Wien (fpd) - Nach der Empfehlung der Generalprokuratur, den BAWAG-Prozess neu zu führen und die Urteile aufzuheben, ist Justizministerin Claudia Bandion-Ortner für den damaligen Vorsitzenden im Banken-Untersuchungsausschuss, den freiheitlichen NAbg. Martin Graf, rücktrittsreif: "Die Führung des BAWAG-Prozesses war die einzige Tat, die Bandion-Ortner - zumindest in den Augen der ÖVP - für das Ministeramt qualifiziert hat. Dieser Prozess liegt jetzt in Trümmern. Bandion-Ortner soll daher die Konsequenzen ziehen und zurücktreten."

Die Empfehlung der Generalprokuratur füge sich in ein Gesamtbild, das sich aus immer neuen Erkenntnissen der letzten Jahre Stück für Stück zusammengesetzt habe, so Graf: "In diesem Prozess wurde offenbar erheblich geschlampt. Und das ist noch die freundliche Darstellung. Immerhin gibt es auch Behauptungen, der ehemalige BAWAG-Direktor Elsner sei gezielt möglichst umfassend verurteilt worden bzw. Bandion-Ortner sei ihr Ministeramt schon vor Abschluss des Prozesses versprochen worden."

Graf fordert nun einen neuen Prozess, der sämtliche Vorgänge rund um die ehemalige Gewerkschaftsbank aufarbeiten soll: "Wir warten seit Jahren vergeblich auf den von Bandion-Ortner und ihrem nunmehrigen Kabinettschef Krakow versprochenen BAWAG-II-Prozess. Die Verantwortung von Ex-ÖGB-Chef Verzetnitsch ist ebenso weiter ungeklärt wie die Schuldfrage der Refco-Geschäfte."

Die offensichtliche Fehlleistung im BAWAG-Verfahren sei jedoch nicht der einzige Grund für Bandion-Ortner, ihren Ministersessel zu räumen. "Genauso schwer wiegen die offensichtlichen Verfehlungen bei den Kampusch-Ermittlungen. Wenn gleich zwei ehemalige Höchstrichter - zuerst Adamovich, jetzt Rzeszut - an die Öffentlichkeit gehen und die zahlreichen Fehler im Ermittlungsbereich und hier vor allem bei der Staatsanwaltschaft anprangern, dann liegt offensichtlich einiges im Argen", so Graf, der sich der Forderung nach einem Untersuchungsausschuss zu den Kampusch-Ermittlungen anschließt.

 

Petzner fordert sofortigen Rücktritt von Bandion-Ortner und Krakow
"Habe als erster und einziger Politiker BAWAG-Urteile und U-Haft für Elsner in Frage gestellt und bekomme nun Recht!"
Wien (bzö) - "Ich erinnere mich nur sehr gut daran, wie ich als erster und einziger Politiker dieses Landes schon vor Monaten öffentlich in einer TV-Diskussion gefordert habe, dass der BAWAG-Prozess neu aufgerollt werden muss und die Urteile sowie die überlange Untersuchungshaft für Helmut Elsner in Frage gestellt habe. Damals wurde ich heftig dafür kritisiert. Heute gibt mir die Generalprokuratur Recht, hebt die Urteile in den wesentlichen Teilen auf und verlangt eine Prozesswiederholung. Es ist gut, dass sich spät aber doch gezeigt hat, dass die Rechtsstaatlichkeit sich durchsetzt", so der stellvertretende Klubobmann des BZÖ NRAbg. Stefan Petzner in einer ersten Stellungnahme zum Paukenschlag in der Causa BAWAG. Petzner: "Einige haben nun Erklärungsbedarf, andere Nachdenkbedarf, weitere Entschuldigungsbedarf und zwei Personen massiven Rücktrittsbedarf."

Neuerlich und umso vehementer fordert Petzner folglich auch den Rücktritt der verantwortlichen Justizministerin Claudia Bandion-Ortner sowie ihres Kabinettchefs Krakow. Petzner: "Die beiden sind längst zur untragbaren Belastung geworden, haben das Vertrauen in die Justiz nachhaltig beschädigt und haben im Ministerium einen wahren Scherbenhaufen angerichtet. Der sofortige Rücktritt dieser beiden Herrschaften muss die logische Konsequenz sein."

 

 Steinhauser: Bandion-Ortner-Erfinder Pröll muss Justizministerin abziehen
VP-Obmann muss Justiz weitere imageschädigende Debatten ersparen
Wien (grüne) - Der Empfehlung der Generalprokuratur, Teile des BAWAG-Urteils aufzuheben, ist eine justizpolitische Bombe und zeigt zugleich, dass der Rechtsstaat funktioniert. Da die Justizministerin ihren Aufstieg dem BAWAG-Prozess verdankt, wird das unweigerlich zu Debatten führen, ob Bandion-Ortner weiter als Justizministerin tragbar ist. "Der Erfinder Bandion-Ortners, ÖVP-Obmann Pröll, muss daher handeln und Bandion-Ortner aus dem Justizministerium abziehen, wenn er der Justiz weitere imageschädigende Endlosdebatten ersparen will".
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
sofern vorhanden! Die Reihenfolge der Beiträge richtet sich in der Regel nach deren
Mandatsstärke im Parlament bzw. nach der Hierarchie der Personen. Die Redaktion

 
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