|
Österreichischer Volksgruppentag |
|
erstellt am
19. 10. 10
|
Das Parlament als Bühne der Vielfalt
Österreichischer Volksgruppentag erstmals im Hohen Haus begangen
Wien (pk) - Zusammen mit dem Dachverband Österreichisches Volksgruppenzentrum hat Nationalratspräsidentin
Barbara Prammer für den 18.10. erstmalig zum Volksgruppentag ins Parlament geladen. Im Fokus stand dabei vor
allem die sprachliche und kulturelle Vielfalt, mit der diese Gemeinschaften die österreichische Gesellschaft
und Demokratie bereichern. Der Volksgruppentag im Parlament bot ein dementsprechend buntes Programm, das Geschichte
und Selbstverständnis der burgenlandkroatischen, slowenischen, ungarischen, tschechischen und slowakischen
sowie der Volksgruppe der Roma in den Mittelpunkt stellte.
"Die Qualität einer Demokratie ist am Umgang mit ihren Minderheiten zu messen", betonte Gastgeberin
und Nationalratspräsidentin Barbara Prammer im Rahmen ihrer Begrüßungsworte und verlieh ihrer Hoffnung
Ausdruck, dass Österreich diesem Anspruch immer gerecht werden möge. Die österreichische Gesellschaft
verdanke den Volksgruppen sehr viel, es freue sie deshalb umso mehr, dass dem sprachlichen und kulturellen Reichtum,
den diese Minderheiten für Österreich bedeuten, im Parlament Tribut gezollt wird. Diese Institution dürfe
aber nicht nur heute, sondern müsse auch an allen weiteren Tagen Bühne der Vielfalt sein. Dass anlässlich
des Volksgruppentags im Hohen Haus nicht nur ExpertInnen, sondern unter anderem auch Jugendliche aus den Volksgruppen
zu Wort gekommen waren, freute die Nationalratspräsidentin besonders.
Zwischen 9.30 und 12.00 Uhr bot sich BesucherInnen die Gelegenheit, Vorträge zu besuchen, musikalische Darbietungen
zu genießen oder der Vorführung des Films "Mri Historija" von Emmerich Gärtner-Horvath
beizuwohnen, in dem 15 Burgendlandroma ihre Lebensgeschichten erzählen. Am Nachmittag finden - nach Enthüllung
der Marmorskulptur "Romni" von Ulrike Truger im Oberen Vestibül - Lesungen, Podiumsdiskussionen
sowie Theater-, Film- und Musikvorführungen in verschiedenen Räumlichkeiten des Parlaments statt. Abschließende
Worte sprachen Nationalratspräsidentin Prammer und der Präsident der Handelskammer Bozen, Michl Ebner,
um 17.15 Uhr in der Säulenhalle.
Wer mehr über anerkannte Minderheiten in Österreich erfahren wollte, hatte dazu auch an den Informationstischen
der Volksgruppen die Gelegenheit. |
|
|
|
Schmied: Mehrsprachigkeit ist Stärke und Schatz unserer
Gesellschaft
Gesprächskultur und Wertschätzung für alte und neue Volksgruppen wichtig
Wien (sk) - Die Bedeutung von Mehrsprachigkeit als "Stärke und
Schatz unserer Gesellschaft" unterstrich Bundesministerin Claudia Schmied bei einer Podiumsdiskussion zum
Thema "Schule und Bildung" im Rahmen des Österreichischen Volksgruppentags im Parlament. Gesprächskultur,
Respekt, Interesse und Wertschätzung seien für die "alten" und "neuen" Volksgruppen
gleichermaßen wichtig, so Schmied. Das Wissen der Vertreterinnen und Vertreter der Volksgruppen um den "Reichtum
der Vielfalt und über Mehrsprachigkeit als Voraussetzung für sozialen Frieden und Erfolg" sei gerade
auch im Integrationsdialog im Kontext der Migration von enormer Bedeutung, bekräftigte Ministerin Schmied
in ihrem Impulsreferat.
Für Schmied ist weiters klar, dass es "popularisiert" werden müsse, dass "Muttersprache
zu fördern, heißt: Selbstwert und Selbstvertrauen der Kinder zu stärken, damit sie dann auch die
Mehrheitssprache leicht erlernen können". Für die Zukunft brauche es "ein Konzept für
Mehrsprachigkeit auf einer möglichst breiten Basis - und zwar für die autochthonen Volksgruppen wie für
die neuen Mitbürger". Die Ministerin plädierte hier die Entwicklung einer "Regionalsprachenkonzepts",
das für alle gleichermaßen zugänglich ist. Schmied machte deutlich, dass "Kulturförderung
als Unterstützung der von Volksgruppen geschaffenen Einrichtungen soziales Kapital absichern" könne.
Gewürdigt wurden von der Ministerin auch die Verdienste der Vertreter und Vertreterinnen der Volksgruppen
(z.B. Künstler, Botschafter, Wissenschafter), die "solidarisch zu ihrer Herkunft und kritisch gegenüber
Abgrenzung" viel zum Gelingen unserer Gesellschaft beitragen.
Zum Thema Volksgruppenrecht verwies Schmied auf jene drei Arbeitsgruppen im Bundeskanzleramt, die bis zum Jahresende
Maßnahmen erarbeiten werden, die zu einer Reform des Volksgruppenrechts führen sollen. Sie erwarte sich
u.a. Vorschläge im Bereich der Minderheitenschulgesetze im Burgenland und Kärnten sowie Konzepte zur
Lehrerausbildung, um sie für den mehrsprachigen Unterricht vorzubereiten. Den "idealen Volksgruppentag
2014" - 100 Jahre nach den Ereignissen von Sarajewo 1914 - stelle sie sich als "Fest des endgültigen
Abschieds vom Krieg der Völker, Sprachen und Kulturen" vor, so Schmied. Übereinstimmung sollte es
bis dahin auch darüber geben, dass es in mehrsprachigen Regionen eine "sichtbare und gelebte Kultur der
Mehrsprachigkeit gibt - von den Ortstafeln über die Medien bis hin zum öffentlichen Sprachgebrauch."
Bekräftigt hat Ministerin Schmied auch ihre Absage an einer Verländerung der Schulkompetenzen: "Ich
trete eindeutig für Bundeskompetenz ein". Es dürfe zu keinem "Fleckerlteppich im Bildungsbereich"
kommen, was letztlich auch ein Ende jeder Bildungsreform zur Folge hätte, so Schmied. |
|
|
|
Ostermayer: Lösung der Ortstafelfrage bis spätestens
2012
Neues Volksgruppenrecht soll sprachliche und kulturelle Vielfalt betonen
Wien (bpd) - Staatsekretär Josef Ostermayer erwartet eine Lösung der Ortstafelfrage bis spätestens
2012. Das sagte er bei einer Podiumsdiskussion im Parlament. Bei der Schaffung des neuen Volksgruppenrechtes gehe
es vor allem um einen möglichst breiten Konsens mit den einzelnen Volksgruppen. Es solle vor allem die sprachliche
und kulturelle Vielfalt betonen.
Einer Lösung der Ortstafelfrage sei man "noch nie so nahe gewesen wie jetzt", so Ostermayer. In
den letzten eineinhalb Jahren habe er auf zahlreiche Einzelgespräche mit Vertretern des Rates Kärntner
Slowenen und politischen Verantwortlichen gesetzt. "Der Eindruck, der bei allen Gesprächen entstanden
ist, ist durchaus positiv. Es herrscht breiter Konsens darüber, dass das Thema dauerhaft gelöst werden
soll", so der Staatssekretär.
Das neue Volksgruppenrecht soll nicht, wie bisher, auf den Begriff "Volkstum" abstellen. "Wir wollen
das Thema über Sprache und kulturelle Zugehörigkeit abbilden und aufarbeiten", so Ostermayer. Weiters
will der Staatsekretär vom reinen Schutzgedanken des Volksgruppenrechtes abgehen und den Gedanken der Entwicklungschancen
und die Vorteile von Zweisprachigkeit betonen.
Das neue Gesetz soll gemeinsam mit den Volksgruppenvertretern erarbeitet werden. "Zu diesem Zweck haben wir
drei Arbeitsgruppen eingerichtet, die sich mit den Themen Bildung und Sprache, Regional- und Wirtschaftspolitik
und Struktur und Rechtsfragen befassen", erläuterte Ostermayer. Bis Jahresende sollen die Vorschläge
der Arbeitsgruppen vorliegen, bis Ende nächsten Jahres soll die legistische Umsetzung beendet sein. |
|
|
|
Podiumsdiskussion über "Perspektiven der Jugend"
SchülerInnen messen zweisprachigem Unterricht große Bedeutung zu
Wien (pk) - Österreich habe allein schon wegen seiner Geschichte eine enorme Verantwortung, was Minderheitenrechte
betrifft. Das betonte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer bei einer Podiumsdiskussion zum Thema "Perspektiven
der Jugend" anlässlich des Volksgruppentags im Parlament. Im Anschluss an das zweisprachige Theaterstück
"Koroško kolo / Kärntner Reigen" der Gruppe Sanjelovec/Traumtänzer diskutierten Schülerinnen
und Schüler aus Kärnten, Burgenland, Wien und Südtirol unter anderem über die Bedeutung von
muttersprachlichem Unterricht, Vorurteile gegenüber Mitgliedern der österreichischen Volksgruppen, fehlende
zweisprachige Ortstafeln in Kärnten und den einen oder anderen schiefen Blick bei Verwendung der Muttersprache
in der Öffentlichkeit.
In ihrem Impulsreferat hob Nationalratspräsidentin Prammer insbesondere die Notwendigkeit hervor, in politische
Bildung bzw. "Demokratiebildung" zu investieren. Demokratie sei die einzige Gesellschaftsform, die gelernt
werden müsse, meinte sie, es gehe unter anderem um Partizipation, das Aufbringen von Verständnis für
Minderheiten und das Bewusstmachen des Umstands, dass Menschenrechte unteilbar seien. Hier stehe man, so Prammer,
vor großen Herausforderungen. Allgemein machte Prammer geltend, dass Sprache wesentlich zur Identität
beitrage, und wertete es als enorme Bereicherung, zweisprachig aufzuwachsen.
Am Podium saßen neben Prammer und Moderatorin Ani Gülgün-Mayr (ORF) vorwiegend Schülerinnen
und Schüler aus zweisprachigen Schulen bzw. Schulen mit Unterricht in einer Volksgruppensprache. Sie werteten
es als großen Vorteil, auch in ihrer Muttersprache und nicht nur in Deutsch unterrichtet zu werden.
Fehlender Unterricht in der Muttersprache führe zu Assimilierung, gab etwa Lara Domeneghetti von der Südtiroler
Kunstschule Cademia zu bedenken und äußerte die Befürchtung, dass kleine Sprachgruppen wie die
ladinische auszusterben drohten. Auch die Burgenlandkroatin Lisa Racz wies auf das Problem der Assimilation von
Kindern und Jugendlichen hin. Teresa Wild, Schülerin des zweisprachigen Gymnasiums in Oberwart, zeigte sich
überzeugt, dass jemand, der zweisprachig aufwachse, toleranter gegenüber fremden Sprachen und gegenüber
Fremden im Allgemeinen sei.
Pavel Brezina machte auf die lange Tradition der tschechischen Komensky-Schule in Wien aufmerksam. Er selbst sei
als Kind von Tschechien nach Wien gekommen, schilderte er, und profitiere vom bilingualen Unterricht in allen Fächern.
Seine ganze Familie seien Tschechen, durch den Tschechisch-Unterricht von Kindheit an, könne er sich mit ihnen
problemlos verständigen. Alexander Sarközi, Schüler einer deutsch-englischsprachigen Schule im 22.
Wiener Gemeindebezirk, verwies darauf, dass Romanes erst seit kurzem eine "kodifizierte" Sprache sei
und damit unterrichtet werden könne. Als positives Beispiel für Sprachenvielfalt und gelungene Integration
im Unterricht hob Johanna Fritz ihre Schule, das GRG Ödenburgerstraße in Wien 21, hervor.
Die beiden Kärntner Schüler am Podium, Dominik Urak vom slowenischen Gymnasium und Fabian Türk von
der zweisprachigen Handelsakademie in Klagenfurt, sprachen auch politische Aspekte an. So wertete es Urak als unverständlich,
dass zweisprachige Ortstafeln in Kärnten nach wie vor umstritten seien, und plädierte dafür, die
slowenische Umgangssprache stärker zu fördern. Türk unterstrich, die Aufarbeitung der nationalsozialistischen
Vergangenheit in Kärnten sei Voraussetzung, um bestehende Ressentiments zwischen "Deutschkärntnern"
und Kärntner Slowenen zu beseitigen und eine Grundlage für ein künftiges Miteinander zu schaffen.
Er forderte zudem, den Staatsvertrag in vollem Umfang zu erfüllen.
Weitere Podiumsdiskussionen im Rahmen des Volksgruppentags fanden zu den Themen "Vertretung der Volksgruppen"
(Impulsreferat Staatssekretär Josef Ostermayer), "Schule und Bildung" (Impulsreferat Unterrichtsministerin
Claudia Schmied) sowie "Wirtschaft und regionale Zusammenarbeit" (Impulsreferat Staatssekretär Reinhold
Lopatka) statt. Zu den Podiumsteilnehmern gehörten unter anderem Rudolf Vouk, Rudolf Sarközi, Susanne
Weitlaner und Martin Ivancsics.
Parallel zu den Podiumsdiskussionen wurde mit Musikdarbietungen, der Puppentheatergruppe Lutke Mladje KDZ, Lesungen
sowie Filmen von Ingrid Konrad, Gisa Ruland, Milena Osip, Marika Schmiedt und Emmerich Gärtner-Horvath auch
viel Kulturelles geboten. |
|
zurück |
|
|