EU-Vorschlagsentwurf zur Stärkung der Milchbauern durchgesickert   

erstellt am
29. 10. 10

Erzeugergemeinschaften und Abnahmeverträge im Fokus
Wien (bmlfuw/aiz) - Mittels Erzeugergemeinschaften und Abnahmeverträgen möchte die EU-Kommission die Position der Milchproduzenten in der Lebensmittelkette stärken. Nachdem sie mit den EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der hochrangigen Gruppe für Milch lange Zeit über Verbesserungen diskutiert hat, plant EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos nun, in der zweiten Dezemberwoche einen Vorschlag zu unterbreiten, dessen erster Entwurf in dieser Woche durchgesickert ist. Die Dachverbände der EU-Bauern und ihrer Genossenschaften (Copa und Cogeca) erkennen darin laut eigenen Angaben viele ihrer Forderungen wieder und begrüßen somit den Vorstoß der Kommission.

EU-Mitgliedstaaten können Verträge vorschreiben
Gemäß dem Vorschlagsentwurf können EU-Mitgliedstaaten Verträge zwischen Landwirten und Molkereien vorschreiben, müssen es aber nicht. Diese Verträge sollen nicht nur Abnahmemengen und Zeitpunkte regeln, sondern auch die Preise für die Milch im Voraus festlegen. Um ihre Verhandlungsmacht zu verbessern, sollen Landwirte in Erzeugergemeinschaften kollektiv über die Preise verhandeln dürfen. Dies ist bisher nur in Ausnahmefällen möglich gewesen. In Deutschland etwa gibt das Marktstrukturgesetz Milcherzeugern schon jetzt die Möglichkeit, sich zusammenzuschließen und ihr Produkt gemeinsam zu vermarkten.

Keine Aushebelung des Wettbewerbs
Politische Preise durch Branchenverbände lehnt die EU-Kommission in ihrem Entwurf hingegen ab. Frankreich fordert, dass sich Landwirte, Molkereien und Lebensmittelhandel in einer Organisation zusammenschließen und einen Milchpreis über die gesamte Kette hinweg festsetzen. Eine solche Aushebelung des Wettbewerbs lehnt die Kommission jedoch ab. Sie möchte mit ihrem Vorschlag zwar Branchenorganisationen fördern. Preisfestsetzungen und eine Aufteilung von Absatzgebieten gehen der Kommission aber entschieden zu weit.

Genossenschaften werden von der Kommission als mögliche Lösung für Landwirte anerkannt. Dort, wo EU-Mitgliedstaaten Verträge vorschreiben, werden diese durch die Mitgliedschaft in einer Genossenschaft ersetzt, heißt es in dem Entwurf. An bewährten Strukturen will die Kommission mit ihrem Vorschlag nicht rütteln.

Copa/Cogeca: Bessere Preise für unsere Erzeuger
Copa und Cogeca begrüßten die Maßnahmen, die in weiten Bereichen mit ihren Forderungen übereinstimmen. "Wir begrüßen, dass die Kommission rasch auf die durch die Hochrangige Expertengruppe gemachten Empfehlungen zu langfristigen Maßnahmen für den EU-Milchsektor reagiert hat. Der Vorschlagsentwurf ist eine Antwort auf unsere Forderungen nach einer Verbesserung der Stellung von Landwirten in der Lebensmittelkette, durch die sie in die Lage versetzt werden, ein faires Einkommen über den Markt zu erwirtschaften und einen besseren Preis für ihre Erzeugnisse zu erzielen", sagte Copa/Cogeca-Generalsekretär Pekka Pesonen.

Brichart: Milchgenossenschaften als Erzeugerorganisationen anerkennen
Henri Brichart, Vorsitzender der Arbeitsgruppe "Milch" von Copa-Cogeca, betonte: "Dies kann durch rechtlich abgesicherte Regeln anerkannter Erzeugerorganisationen für Kollektivverhandlungen erreicht werden. Milchgenossenschaften müssen aufgrund ihrer Vorherrschaft in Europa als Erzeugerorganisationen anerkannt werden. Die Vorschlagsentwürfe müssen die Rolle der Genossenschaften anerkennen und dürfen sie nicht daran hindern, an Größe und Einfluss zuzunehmen. Wir begrüßen auch den Ansatz der Kommission in Bezug auf mögliche Verträge zwischen Landwirten und Verarbeitern. Diese werden den Erzeugern mehr Stabilität garantieren und ihre Positionierung in der Lebensmittelkette stärken. Die Verträge würden inklusive der Preise in den Rahmen der Regeln für Kollektivverhandlungen eingebunden."

Verbesserung der Markttransparenz
"Wir begrüßen weiters den Vorstoß der Kommission zur Untersuchung der Rolle von branchenübergreifenden Organisationen, wie sie bereits im europäischen Obst- und Gemüsesektor bestehen", so Brichart weiter. "Abschließend sind wir der Überzeugung, dass es von zentraler Bedeutung ist, dass die Kommission in ihrem Vorschlag eine Verbesserung der Markttransparenz, insbesondere zu den in der EU erzeugten Milchmengen, anstrebt", sagte Brichart.

Jedoch keinesfalls Verwaltungslast erhöhen
Pesonen betonte jedoch, dass jedwede neue Politik keine Erhöhung der Verwaltungslast für Landwirte und Marktteilnehmer des Sektors zur Folge haben dürfe. "Die Vorschläge sind auch insofern unvollständig, als sie keine EU-Marktverwaltungsmaßnahmen umfassen. Diese müssen zum Schutz der Landwirte vor extremer Marktvolatilität und zur Gewährleistung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Milchproduktion in Europa erhalten bleiben", sagte der Copa/Cogeca-Generalsekretär.
     
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