EU-Ausschuss: Spezifisches System in Österreich berücksichtigen
Wien (pk) - Der EU-Ausschuss des Bundesrats begrüßte am 04.11. grundsätzlich die
Pläne der EU zur Einlagensicherung und zum Anlegerschutz. Zum Thema Einlagensicherung wurden jedoch in Form
einer Mitteilung an die Kommission Nachbesserungen eingefordert. Beide Richtlinienvorschläge sind als eine
Antwort der Union auf die Finanz- und Wirtschaftskrise zu sehen.
Bundesrat verlangt Nachbesserungen
In dem einstimmig angenommenen Antrag auf Mitteilung an die Europäische Kommission treten die Ausschussmitglieder
für die Berücksichtigung des bewährten sektoriellen Einlagensicherungssystems in Österreich
ein. Zudem lehnen die BundesrätInnen eine Verpflichtung zur grenzübergreifenden Kreditvergabe ab. Sie
begrüßten zwar den Ausbau der risiko-orientierten Elemente der Einlagensicherung, meinten aber, dass
dies sogar in einem noch höheren Maß sinnvoll wäre. Ein risiko-orientiertes Einlagensicherungssystem
müsse letztlich dazu führen, dass Institute mit geringerem Risiko auch geringere Beiträge leisten
und Einlagensicherungssysteme mit insgesamt geringerem Risiko einen geringeren Einlagensicherungsfonds aufbringen
müssen. Der derzeitige Vorschlag berücksichtige dieses Prinzip noch in unzureichendem Maße, heißt
es in dem Antrag. Der Bundesrat teilt damit die Einschätzung des Nationalrats zu diesem Thema (siehe PK-Meldung
Nr. 761/2010)
Pläne der EU
Ziel des Richtlinienvorschlags zur Verbesserung der Einlagensicherung ist die Stärkung des Vertrauens der
AnlegerInnen in ein Sicherungssystem, das eine rasche Auszahlung der gesicherten Beträge garantiert. Damit
soll auch ein destabilisierender "run" auf die Banken bei sich abzeichnenden Schwierigkeiten vermieden
werden. Im Sinne der Vereinfachung sieht der Kommissionsvorschlag ein vollharmonisiertes Deckungsniveau von 100.000
€ vor.
Die Einlagensicherungen sollen nach Vorstellungen der EU-Kommission künftig innerhalb von 7 Tagen nach Eintreten
des Sicherungsfalls von sich aus die Erstattung der gesicherten Auszahlung vornehmen. Um eine rasche Auszahlung
zu ermöglichen, ist nach Auffassung der Kommission eine ex ante-Finanzierung notwendig, damit zum entsprechenden
Zeitpunkt die finanziellen Mittel bereits zur Verfügung stehen. So soll innerhalb von 10 Jahren ein Fonds
aufgebaut werden, dessen Zielgröße 1,5% der sicherungspflichtigen Einlagen ist. Dieser Fonds wird durch
regelmäßige risiko-orientierte Beiträge der Banken gespeist. Die Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit,
den Banken, die einem institutsbezogenen Sicherungssystem angehören, eine reduzierte Beitragsleistung zu gewähren.
Die ex-ante Finanzierung soll durch ein ex post-Element ergänzt werden, d.h. die Mitglieder eines Sicherungssystems
müssen einen bestimmten Sonderbeitrag (0,5% der sicherungspflichtigen Einlagen) leisten, wenn die zur Verfügung
stehenden Mittel nicht ausreichend sind.
Sind die finanziellen Mittel nach Leistung des ex-post Beitrags immer noch nicht genug, so soll der pan-europäische
Solidaritätsmechanismus in Gange gesetzt werden, wonach andere Einlagensicherungssysteme einen limitierten
Kredit zu gewähren haben (max. 0,5% der sicherungspflichtigen Einlagen), der nach 5 Jahren zurückzuzahlen
ist.
Um im Sicherungsfall einer Zweigstelle einer EU-Bank die EinlegerInnen zu unterstützen, sieht die Kommission
vor, dass künftig die Einlagensicherung des Gastlandes nicht nur Informationen für die EinlegerInnen
bereit stellt, sondern auch die Auszahlung im Wege einer Vorfinanzierung übernimmt und im Gegenzug entsprechende
Regressforderungen gegenüber der Einlagensicherung des Herkunftslandes hat.
Position Österreichs in den EU-Verhandlungen
Wie Sigrid Part vom Bundesministerium für Finanzen erläuterte, werde das österreichische
spezifische System damit grundlegend reformiert. Zwar werde das sektorale Sicherungssystem nicht angetastet, dennoch
bedeutet der Übergang zu einer ex-ante Finanzierung eine neue Herausforderung, die auch die Verhandlungen
auf EU-Ebene schwierig gestalte. Die Kommission habe Sorge, dass die derzeitige ex-post Finanzierung die BankkundInnen
zu sehr verunsichere und damit einen "run" auf die Banken verursachen könnte.
Technisch schwierig werde es auch für die Banken werden, wenn die Auszahlung in Zukunft innerhalb von sieben
Tagen und nicht wie bisher innerhalb von 20 Tagen erfolgen soll. Diese kurze Frist werde auch von anderen Mitgliedstaaten
als nicht realistisch angesehen, erläuterte sie.
Part unterstrich abschließend, dass die Regelungen künftig für alle Mitgliedstaaten gleich sein
werden, wodurch es zu keinen Wettbewerbsverzerrungen kommen werde.
Seitens des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wird der Kommissionsvorschlag in vollem Umfang begrüßt,
wie dessen Vertreterin Ulrike Neufang betonte.
Trotz des positiven Zugangs sah Bundesrat Franz Perhab (V/St) in der Vorlage noch einige "Giftzähne",
die zu ziehen seien. Die sektorale Einlagensicherung habe in Österreich bislang sehr gut funktioniert, merkte
er kritisch an, auch befürchtete er, dass Einlagen ausländischer Banken von Österreich gesichert
werden müssen. Er warnte auch vor zu großen Belastungen, die auf die Banken durch Basel III, die Bankensteuer
und neue Sicherungssysteme auf EU-Ebene zukommen könnten.
Darauf reagierte Sigrid Part mit der Bemerkung, dass das Finanzministerium in den Verhandlungen auf EU-Ebene bemüht
sei, die einzelnen Belastungen auf ein ausgewogenes Maß zu beschränken. Vor allem setze man sich dafür
ein, dass das erhöhte Eigenkapital auch Berücksichtigung bei der Beitragshöhe zum Fonds für
die Einlagensicherung findet.
Neuerungen im Anlegerschutz
Neben einer verbesserten Einlagensicherung plant die EU-Kommission den Anlegerschutz zu heben und in diesem Sinne
die geltende Richtlinie zu überarbeiten. Vor allem soll der EU-Regulierungsrahmen für Finanzdienstleistungen
gestärkt und damit auch das Anlegervertrauen in das Finanzsystem wiederhergestellt werden. Darüber hinaus
will man Lücken im Regulierungssystem schließen und die Richtlinie allgemein an geänderte Bedingungen
anpassen. Geplant ist weiters, die Unterschiede zwischen dem Schutz der KundInnen für Wertpapierfirmen einerseits
und dem Schutz von BankeinlegerInnen andererseits abzubauen.
Zur Erreichung all dieser Ziele schlägt die EU-Kommission vor, die
- Entschädigungshöhe auf 50.000 € im gesamten EU-Raum zu harmonisieren.
- Zur Finanzierung des Entschädigungssystems soll es eine zwingende ex ante - Finanzierung ("Zielausstattung")
der Entschädigungssysteme durch jährliche Beitragszahlungen geben, aber auch die Möglichkeit eröffnet
werden, zusätzliche Beiträge einzuheben, falls die Zielausstattung zur Regelung von Entschädigungsansprüchen
nicht ausreicht.
- Eine Kreditaufnahme bei anderen Entschädigungssystemen (auch grenzüberschreitend im EU-Raum) ist
ebenfalls angedacht.
Der Richtlinienentwurf sieht die Pflicht zur Auszahlung einer "provisorischen Teilentschädigung"
vor, falls die (gesamte) vorläufige Forderung der AnlegerInnen nicht innerhalb einer bestimmten Frist ausbezahlt
wird. Außerdem soll es neben anderen Maßnahmen auch eine Ausweitung der Informationspflichten gegenüber
den KundInnen für Wertpapierfirmen und Investmentfonds geben.
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