IV-Konjunkturbarometer legt geringfügig zu – Allmähliche Rückkehr zur Normalauslastung –
Geringe Dynamik bei Beschäftigungs- und Ertragsentwicklung
Wien (pdi) - Die konjunkturelle Erholung in der Industrie verliert an Dynamik. Das IV-Konjunkturbarometer,
welches als Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage und der Geschäftslage
in sechs Monaten bestimmt wird, steigt geringfügig von +23 Punkten im Vorquartal auf nunmehr +25 Punkte.
„Das kräftige Lebenszeichen der Industriekonjunktur im zweiten und dritten Quartal dieses Jahres wird von
einer merklich geringeren Dynamik auf Sicht des nächsten Halbjahres abgelöst. Zwar partizipiert die österreichische
Industrie weiterhin vom internationalen Aufschwung, doch sind die Impulse aus der Euro-Abwertung aufgezehrt und
ein sich selbsttragender Aufschwung ist noch nicht in Sicht“, hält der Generalsekretär der Industriellenvereinigung
(IV), Mag. Markus Beyrer, das Hauptergebnis der IV-Konjunkturerhebung für das 3. Quartal 2010 fest.
Das zurückliegende Quartal war zum Teil von einer technisch bedingten Aufholbewegung geprägt – relativ
zu den extrem tiefen Krisenniveaus ist es nicht überraschend, wenn einzelne Branchen wie die Automobilindustrie,
die von der Großen Rezession besonders hart getroffen wurden, nun von zweistelligen Produktionszuwächsen
berichten. Im Ergebnis ist die Kapazitätsauslastung in der österreichischen Industrie auf mittlerweile
rund 83% gestiegen. Die Kapazitätsauslastung in der österreichischen Industrie hat damit den langjährigen
Mittelwert gerade wieder erreicht.
„Allerdings ist eine ordentliche Auslastung nur die notwendige Bedingung einer anziehenden Investitionstätigkeit
– hinzutreten müssten entsprechende Ertragserwartungen. Diese trüben sich nunmehr bereits zum zweiten
Mal in Folge ein. Daher werden im kommenden Jahr rund drei Viertel der Investitionen Ersatz- und Diversifikationsmotive
aufweisen, Kapazitätserweiterungen hingegen kaum Bedeutung erlangen und die Investitionskonjunktur weiterhin
schleppend verlaufen“, so IV-Generalsekretär Beyrer.
Die Ergebnisse im Detail
Die Einschätzung der derzeitigen Geschäftslage in der Industrie hat sich nochmals um +12 Punkte
auf +43 Punkte verbessert. Erstmals im laufenden Konjunkturzyklus liegt damit der Anteil der Unternehmen mit aktuell
gutem Geschäftsverlauf (47%) zwar über dem langjährigen Durchschnitt von 41%, aber weiterhin unter
dem Wert der letzten Halbdekade vor Beginn der Rezession mit 55%. Dazu IV-Chefökonom Dr. Christian Helmenstein:
„Dieser Befund unterstreicht, dass die gegenwärtige Phase der Erholung trotz kräftiger Produktionszuwächse
nicht den Charakter eines klassischen Aufschwungs aufweist.“
Bei der Erwartungskomponente mit Sechs-Monats-Horizont ist hingegen abermals eine Abschwächung zu verzeichnen
– der Saldo halbiert sich von +14 auf +7 Punkte. „Dementsprechend dürfte die Erholungsdynamik im Sommer ihren
oberen Scheitelpunkt erreicht und durchschritten haben. Dabei geht nicht nur der Anteil der Unternehmen, die eine
anhaltende Verbesserung erwarten, auf 17% zurück, sondern auch der Anteil jener Unternehmen, die eine erneute
Abschwächung erwarten, nimmt geringfügig auf 10% zu – dies deutet auf sich eintrübende Geschäftsaussichten
bei insgesamt geringerer Dynamik hin“, so Helmenstein. „Ein Rückfall in die Rezession ist auf Sicht des nächsten
Halbjahres dennoch auszuschließen, selbst dann, wenn sich die US-amerikanische Wirtschaft schlechter als
derzeit erwartet entwickeln sollte.“
Die Auftragsbestände weisen derzeit einen Saldo von +47 Punkten nach +40 Punkten auf – gut die Hälfte
(53%) der Unternehmen bezeichnet ihren Auftragsbestand wieder als gut. Der deutlich günstigere Verlauf der
Mengenkomponente der Konjunkturerholung wird in den kommenden Monaten produktions- und beschäftigungsstabilisierend
wirken. Der Erholungspfad, wenngleich deutlich flacher als zuvor, erscheint trotz der Möglichkeit, dass die
Finanzmärkte jederzeit wieder in eine Phase hoher Volatilität eintreten, einstweilen intakt.
Hierzu beigetragen haben wesentlich die Bestellungen aus dem Ausland. Insbesondere bei der Dynamik des Auftragseinganges
wirkt die Euro-Abwertung während der ersten Jahreshälfte noch nach, sodass sich der Saldo von +32 Punkten
auf +48 Punkte stärker als im Gesamtaggregat verbessert. Allerdings wird die Wirkung dieses positiven Konjunkturimpulses
bereits in den kommenden Monaten rasch abklingen, sodass im Hinblick auf die erste Hälfte des kommenden Jahres
wechselkursseitig (nahezu) keine Unterstützung mehr zu erwarten ist.
Die verbesserte Auftragslage übersetzt sich auf Sicht der kommenden drei Monate in eine neuerliche Ausweitung
der Produktionstätigkeit in der Industrie, allerdings in stark gebremster Form, denn der betreffende Saldo
reduziert sich von +23 auf +11 Punkte.
Nach sechs Quartalen eines anhaltenden Beschäftigungsabbaus verzeichnete die Industrie während des letzten
Halbjahres wieder einen Beschäftigungsaufbau, obwohl die Arbeitsproduktivität im Vorjahr erheblich zurückgegangen
ist. Der Aufbau an Beschäftigung hält auf Sicht der nächsten drei Monate in der Tendenz an, verliert
jedoch an Dynamik (Saldo von +10 nach +12). Während sich einerseits die Einstellungsneigung der Unternehmen
auf dem Niveau der beiden letzten Quartale stabilisiert – 20% der Unternehmen sehen die Aufnahme zusätzlicher
Beschäftigter vor –, erwartet andererseits jedes zehnte nach zuvor jedem zwanzigsten Unternehmen, seinen Beschäftigtenstand
im laufenden Quartal verringern zu müssen.
Auf der Erlösseite rechnen die Unternehmen weiterhin mit einer hohen Wettbewerbsintensität bei den Verkaufspreisen
(Saldo +10 nach +8). Anteilsmäßig sehen wie zuvor 72% der Respondenten keine Veränderung der Absatzbedingungen,
während knapp ein Fünftel (19%) der Unternehmen erwartet, bessere Verkaufspreise erzielen zu können.
Aufgrund der weiter zunehmenden Kapazitätsauslastung ist erstmals seit eineinhalb Jahren trotz anhaltend hohen
Kostendrucks eine klare
Verbesserung der Ertragslage zu verzeichnen (Saldo von +26 nach +10). Dieser aktuelle Befund entspricht Werten,
wie sie vor der einsetzenden Aufschwungsphase Mitte des letzten Jahrzehnts zu verzeichnen waren, während in
Hochkonjunkturphasen typischerweise doppelt so hohe Salden ausgewiesen werden. Eine wesentliche Verbesserung der
finanziellen Stabilität der Unternehmen zeichnet sich angesichts der abklingenden Erholungsdynamik auf Sicht
von sechs Monaten allerdings nicht ab (Saldo +7 nach +8).
Die IV-Konjunkturumfrage: Zur Befragungsmethode
An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten sich 447 Unternehmen mit mehr als
296.600 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: den Unternehmen
werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten)
Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver
und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet. |