Lediglich in Österreich mehr Ablehnung als Zustimmung
Wien (bmlfuw/aiz) - Wie eine neue Eurobarometer-Umfrage zu den Biowissenschaften und -technologien
ergeben hat, stehen die Bürger in Europa diesen Bereichen weitgehend offen gegenüber. So rechnen 53%
der Befragten künftig mit positiven Auswirkungen dieser Technologien, während nur 20% negative Folgen
erwarten.
Die Umfrage ließ jedoch auch erhebliche Wissenslücken erkennen, die durch verstärkte Kommunikationsmaßnahmen
geschlossen werden sollen, wie die Kommission betonte. So hatten die Befragten mehrheitlich von einigen in der
Umfrage behandelten Gebieten noch nie etwas gehört, beispielsweise von der Nanotechnologie (55%), den Biobanken
(67%) und der synthetischen Biologie (83%). Hinsichtlich einiger Bereiche wie genetisch veränderter Lebensmittel
herrschen weiterhin Skepsis und Bedenken vor.
Von den 53% EU-Bürgern, die eine positive Einstellung zu den Biotechnologien haben, zeigten sich die Menschen
in Estland (77%), Schweden (72%) und Finnland (69%) besonders optimistisch. Der einzige Mitgliedstaat, in dem die
Zahl der Menschen, die negative Auswirkungen erwarten, die Zahl der Optimisten übertraf, war Österreich
(41% gegenüber 35%), was durch das besondere mediale und politische Umfeld bedingt sein dürfte.
Einsatz von Biokraftstoffen deutlich begrüßt
In der gesamten EU sprachen sich die Menschen deutlich für den Einsatz von Biokraftstoffen aus. 72% der Befragten
unterstützten die Gewinnung von Treibstoffen aus Nutzpflanzen (Österreich: 76%), und 83% sprachen sich
für die Erzeugung von Biokraftstoffen aus nicht essbaren Rohstoffen aus (Österreich: 82%). Zudem wurde
eine überwältigende Unterstützung medizinischer Anwendungen der Biotechnologie deutlich, für
die strenge Vorschriften gelten sollten.
Eine klare Mehrheit der Europäer - 61% gegenüber 57% im Jahr 2005 - steht genetisch veränderten
Lebensmitteln weiterhin deutlich ablehnend gegenüber. In Österreich sind es sogar 70%. Als Argumente
führten die Befragten Sicherheitsbedenken, keine aus ihrer Sicht feststellbaren Vorteile und ein allgemeines
Unbehagen an. Die Übertragung von Resistenzgenen einer anderen Art, also beispielsweise eines Bakteriums oder
eines Tieres in eine Apfelsorte, um diese widerstandsfähiger gegenüber Schadorganismen zu machen, lehnen
57% ab (Österreich: 63%). Befürwortet wird ein derartiges Verfahren hingegen nur von 29% (Österreich:
24%). Neue "Light-Generationen" von Anwendungen der Gentechnik im Lebensmittelbereich werden hingegen
zaghaft unterstützt, wie beispielsweise die Übertragung von Genen aus wilden Apfelsorten beziehungsweise
-arten in essbare Apfelverwandte, die 47% der Befragten befürworten (Österreich: 46%) und 38% ablehnen
(Österreich: 42%).
Deutliche Mehrheit gegen das Klonen von Tieren
Auch das Klonen von Tieren für die Lebensmittel-Erzeugung stieß auf starke Ablehnung. 70% der Europäer
sprachen sich dagegen aus, 15% signalisierten ihre Zustimmung. In Österreich sind es 80% beziehungsweise 13%,
der Rest konnte sich nicht entscheiden.
Die im Februar 2010 durchgeführte Eurobarometer-Umfrage ist die siebte Erhebung dieser Reihe seit 1991 und
beruht auf repräsentativen Stichproben in 32 europäischen Ländern. Wie bei früheren Eurobarometer-Umfragen
im Bereich der Biotechnologie wurde der Fragebogen für die Umfrage von einem unabhängigen Team von Sozialwissenschaftern
erstellt, die auch die Ergebnisse auswerteten. Dieses Mal standen sie unter der Leitung der London School of Economics.
Geoghegan-Quinn: Öffentliche Information muss verbessert werden
"Diese Umfrage macht vor allem drei Dinge deutlich. Erstens stehen die Europäer den Biotechnologien
überwiegend positiv gegenüber, auch wenn sie hinsichtlich bestimmter Aspekte weiterhin Bedenken haben.
Zweitens fühlen sich viele Menschen in wichtigen Bereichen der Biotechnologie noch unzureichend informiert.
Dies stellt uns vor eine große Kommunikationsaufgabe. Diese Herausforderung möchte ich annehmen, und
ich will alle beteiligten Akteure dazu auffordern, dies ebenfalls zu tun. Drittens sollten alle Entscheidungen
zur Biotechnologie auf einer soliden wissenschaftlichen Grundlage beruhen und ethische, gesundheitliche und ökologische
Faktoren angemessen berücksichtigen. Denn wir können uns nicht von emotionalen Reaktionen oder kurzfristigen
wirtschaftlichen Überlegungen leiten lassen", betonte Maire Geoghegan-Quinn, EU-Kommissarin für
Forschung, Innovation und Wissenschaft. "Die Biotechnologie kann einen enormen Beitrag zur Erreichung der
Ziele unserer Strategie 'Europa 2020' leisten, was nachhaltiges Wachstum und eine bessere Gesundheit und Lebensqualität
angeht. Sie wird daher auch weiterhin ein wichtiger Gegenstand der EU-Forschungsrahmenprogramme bleiben",
so Geoghegan-Quinn. |