Verfassungsausschuss gibt grünes Licht für S-V-Antrag
Wien (pk) - Bereits im September 2009 hat sich der Nationalrat in einer Entschließung einhellig
dafür ausgesprochen, die Kompetenzen des Rechnungshofs in Bezug auf die Gemeindeprüfung auszuweiten.
Nach monatelangen Verhandlungen ist nun ein konkretes Ergebnis in Sicht. SPÖ, ÖVP und BZÖ einigten
sich am 09.11. im Verfassungsausschuss des Nationalrats auf Basis eines Antrags der Koalitionsparteien darauf,
dem Rechnungshof ab 2011 die Prüfung aller Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern zu ermöglichen. Unter
bestimmten Voraussetzungen soll darüber hinaus auch eine Prüfung einzelner Kleingemeinden erlaubt sein.
Die Ausweitung der Prüfbefugnisse des Rechnungshofs wurde grundsätzlich von allen Fraktionen begrüßt,
wobei die Opposition weitergehende Schritte forderte, sich damit jedoch nicht durchsetzen konnte. Das BZÖ
stimmte dem vorliegenden Antrag dennoch zu, weil nach Ansicht von Abgeordnetem Ewald Stadler angesichts der riskanten
Veranlagungen einiger Gemeinden in der Vergangenheit eine rasche Lösung notwendig sei. Für eine Beschlussfassung
im Nationalrat ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Der Themenkomplex steht in jedem Fall auf der Tagesordnung
der nächsten Plenarsitzung, da dazu auch eine Fristsetzung vorliegt.
Grundlage für den Beschluss im Verfassungsausschuss bildete ein S-V-Antrag, zu dem die Koalitionsparteien
einen – bei der Abstimmung mitberücksichtigten – Abänderungsantrag vorlegten. Demnach ist der Rechnungshof
künftig uneingeschränkt befugt, Gemeinden mit mehr als 10.000 EinwohnerInnen (bisher 20.000) genauer
unter die Lupe zu nehmen. Außerdem darf er im Falle des Ersuchens einer Landesregierung oder eines Landtags
in Hinkunft auch einzelne Kleingemeinden prüfen, wenn diese auffällig hohe Schulden haben oder deren
Haftungsübernahmen aus dem Rahmen fallen. Die Zahl solcher Länder-Ersuchen ist allerdings strikt limitiert,
um, wie es in den Erläuterungen heißt, eine Überlastung des Rechnungshofs zu vermeiden.
Vice versa können die Länder in Hinkunft ihre Landesrechnungshöfe in Einzelfällen beauftragen,
größere Gemeinden über 10.000 Einwohner zu prüfen.
Mit dem S-V-Antrag mitverhandelt wurden vier Oppositionsanträge die zuvor in einem Unterausschuss vorberaten
worden waren. Dabei geht es nicht nur um die Frage der Gemeindeprüfung - FPÖ, Grüne und BZÖ
wollen die Rechnungshofkontrolle auch in anderen Bereichen, etwa bei unter staatlichem Einfluss stehenden Unternehmen
und bei gemeinnützigen Bauvereinigungen sowie in Zusammenhang mit Haftungsübernahmen und mit der Verwendung
von EU-Geldern, ausdehnen. Sie konnten sich mit ihren Forderungen aber nicht durchsetzen. Die drei Gesetzesanträge
wurden vertagt, der Entschließungsantrag der Grünen gilt als miterledigt.
Im Rahmen der Diskussion räumte ÖVP-Abgeordneter Wilhelm Molterer ein, dass es über die Ausweitung
der Rechnungshofkontrolle im Gemeindebereich einigen Diskussionsbedarf gegeben habe. Nicht alle Bürgermeister
seien glücklich, meinte er. Molterer selbst zeigte sich dennoch zufrieden und wies vor allem auf das Problem
der zunehmenden Ausgliederungen im Gemeindebereich hin.
Warum letztendlich die Einwohnerzahl einer Gemeinde als Kriterium für die Rechnungshofprüfung herangezogen
wurde, begründete Molterer damit, dass es sich hierbei um einen relativen stabilen Faktor handle, der, anders
als etwa Budgetzahlen, nicht so leicht gestaltbar sei. Sichergestellt wurde ihm zufolge auch, dass der Rechnungshof
wie bisher sämtliche Gemeindeverbände prüfen könne.
Abgeordneter Ewald Stadler (B) wies auf riskante Veranlagungen von Gemeinden in der Vergangenheit hin und bekräftigte,
man brauche eine rasche Lösung. Er könne mit der jetzigen Regelung leben, auch wenn man sich, wie er
meinte, "noch mehr wünschen kann". Stadler hofft auch, dass die vorliegende Gesetzesänderung
ein anderes Budgetbewusstsein bei den Gemeinden bewirkt. Sein Fraktionskollege Herbert Scheibner betonte, bei der
Beurteilung des Schuldenstands einer Gemeinde sei ein Vergleich mit ähnlichen Kommunen notwendig.
Grundsätzliche Zustimmung zur Gesetzesänderung kam auch von den Grünen. So meinte etwa Abgeordneter
Werner Kogler, in Summe habe man sich "gar nicht so schlecht getroffen". Allerdings spricht sich Abgeordnete
Daniela Musiol dafür aus, dem Rechnungshof auch amtswegige Prüfungen von kleinen Gemeinden unter 10.000
EinwohnerInnen zu ermöglichen, und kündigte einen entsprechenden Abänderungsantrag ihrer Fraktion
im Plenum des Nationalrats an. Zudem trat sie für eine weitere Ausweitung der Prüfbefugnisse des Rechnungshofs
ein.
Seitens der FPÖ meinte Abgeordneter Walter Rosenkranz, seiner Fraktion gefalle die Regelung nur als erster
Schritt, da die bestehende Kontrolllücke bei Gemeinden unter 10.000 EinwohnerInnen nicht geschlossen werde.
Der Rechnungshof solle von sich aus die Möglichkeit haben, jede Gemeinde zu prüfen, ohne "von der
politischen Wetterlage" in den einzelnen Bundesländern abhängig zu sein, argumentierte er.
Abgeordnete Christine Lapp (S) sprach von einem Kompromiss, dem man zustimmen könne. Sie sieht die ausgeweitete
Kontrollbefugnis des Rechnungshofes auch als eine zusätzliche Hilfe für die Gemeinden. |