Das Musiktheater feiert seine Dachgleiche
Linz (lk) - Die größte Kultur-Baustelle Österreichs wächst: Das Musiktheater
am Volksgarten nimmt konkrete Formen an und feierte am 26.11. seine Dachgleiche. "Mit dem Erreichen der Dachgleiche
wird ein weiterer Meilenstein dieses Projektes gesetzt, das Projekt verläuft im Zeit- und Kostenplan,"
freut sich Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer, "besonders bewegend: Im Zuge der Gleichenfeier sind erstmals
Künstlerinnen und Künstler des Landestheaters und des Bruckner Orchesters im Rohbau-Auditorium des neuen
Hauses aufgetreten!"
Das Schlagwerk-Ensemble des Bruckner Orchesters eröffnete die Gleichenfeier im wahrsten Sinn des Wortes mit
einem Paukenschlag, das Ballett des Landestheaters tanzte einen Ausschnitt aus "Anna Karenina", Solisten
und Chor des Landestheaters sangen schließlich Ausschnitte aus "Die Meistersinger von Nürnberg"
und "Hello, Dolly!". Dem Anlass entsprechend theatralisch fiel auch der Gleichenspruch der 130 Bauarbeiter
aus, die sichtlich stolz waren, ihre Arbeit gut und im Zeitplan absolviert zu haben.
Musiktheater als Jobmotor
Das Musiktheater ist nicht nur aus kultureller Sicht eine wichtige Investition. Die Kulturbaustelle sichert Hunderten
Oberösterreicher/innen in dieser schwierigen Zeit ihre Arbeitsplätze.
Das Musiktheater ist insbesondere Jobmotor für oberösterreichische Unternehmen: 17 der 18 bisher rechtswirksam
abgeschlossenen Vergabeverfahren gingen an oberösterreichische Unternehmen sowie alle 18 abgeschlossenen Verfahren
an österreichische Unternehmen. Die heimische Wirtschaft hatte sich dabei jeweils gegen harten nationalen
und internationalen Wettbewerb durchzusetzen, zumal alle Vergabeverfahren EU-weit auszuschreiben waren. Die bisherige
Gesamtsumme der beauftragten Leistungen umfasst rund 79 Millionen Euro (ca. 80 Prozent der Gesamtleistungen).
Von dieser Summe entfallen
ca. 70,1 Millionen Euro auf Auftragnehmer aus Oberösterreich
ca. 8,9 Millionen Euro auf einen Auftragnehmer aus einem anderen Bundesland
Dabei sind Vergabeverfahren, die noch nicht rechtswirksam abgeschlossen sind, in dieser Aufstellung nicht erfasst.
Die noch offenen Verfahren umfassen ein geschätztes Auftragsvolumen von rund 20 Millionen Euro. Aus diesen
Zahlen ist die eminente Beschäftigungswirkung der bisher vergebenen Aufträge, gerade für den oö.
Raum, sehr anschaulich ablesbar.
Die aktuelle Entwicklung auf der Baustelle im Schnelldurchlauf
Seit dem Spatenstich vor eineinhalb Jahren hat sich das Musiktheater "prächtig" und zur Zufriedenheit
aller entwickelt:
- Am 15. April 2009 erfolgte der Spatenstich für das neue Musiktheater, seitdem sind die Arbeiten auf der
Baustelle plangemäß und zügig vorangegangen.
- Der Baugrubenaushub wurde bereits im August 2009 abgeschlossen und dabei eine Aushubkubatur von ca. 65.000
m³ bewegt. Die Baugrube selber wurde dabei mittels einer verankerten Spundwand mit einer Gesamtfläche
von 6.000 m² abgesichert.
- Seit September 2009 laufen die Baumeisterarbeiten in vollem Gange. Dies bedeutet, dass täglich ca. 130
Bauarbeiter auf der Baustelle im Einsatz sind.
- Der Rohbau mit seinen zwei Untergeschoßen und fünf Obergeschoßen sowie dem Bühnenturm
ist derzeit in Fertigstellung. Dabei wurden gesamt ca. 47.000 m³ Beton, 120.000 m² Schalung und 5.400
Tonnen Betonstahl verbaut.
- Die Rohbauarbeiten (bis Erreichung der Dachgleiche) liefen trotz harter Wintermonate im Wesentlichen im gesteckten
Zeitrahmen.
- In der Zwischenzeit wurden die weiteren Ausbauleistungen wie Haustechnik und Bühnentechnik ausgeschrieben
und an die ausführenden Firmen vergeben. Mit ersten Ausbauarbeiten und Grundmontagen der technischen Gebäudeausrüstung
wurde im Sommer dieses Jahres begonnen.
- Noch im Jahre 2010 beginnen erste Montagen der Bühnentechnik (Stahlbau Transportdrehscheibe).
- Im gesamten Baujahr 2011 wird an Bühnentechnik und Haustechnik, Ausbau- und Professionistenleistungen
des neuen Hauses gearbeitet werden. Mindestens 300 gewerbliche Dienstnehmer/innen werden dann auf der Baustelle
eingesetzt sein. Hierzu kommen 30 bis 40 Ingenieure und Techniker, welche die ganze Baudurchführung logistisch
organisieren und leiten.
- Im ersten Halbjahr 2012 sollte der Bau so weit fertig gestellt sein, dass mit dem Probebetrieb begonnen und
die technischen und akustischen Feinabstimmungen vorgenommen werden können.
- Die Vorlaufzeit für die Inbetriebnahme der Werkstätten kann dann ebenfalls anlaufen und das Haus
Zug um Zug in Benutzung genommen werden.
- In der Saison 2012/2013 soll das neue Haus nach einem entsprechenden Probebetrieb im April 2013 offiziell
eröffnet werden.
Das modernste Theater Europas -die zukunftsweisende Bühnentechnik
Die Bühne ist wohl eines der wichtigsten Teile des ganzen Musiktheaters - gerade hier präsentiert sich
das neue Musiktheater als "Theater des 21. Jahrhunderts" mit der vielleicht modernsten Bühnentechnik
Europas.
Die einzelnen Bühnenteile im Überblick:
UNTERMASCHINERIE
Diese besteht aus den bühnentechnischen Einrichtungen vom Bühnenniveau abwärts. Ihr Herzstück
ist im Bereich der Hauptbühne die Transportdrehbühne mit 32 Metern Durchmesser. Die Bauhöhe der
Transportdrehbühne beträgt ca. 5,8 Meter. Sie hat eine untere "Deckenkonstruktion", auf der
die Bühnenebene abgestützt ist und die mittels eines Zentrallagers und einer Umfangslagerung gelagert
ist. Auf der unteren Decke können auch fahrbare Personenlifte die Darsteller zu den Bühnenbodenklappen
der Bühnenebene bringen.
BÜHNENWAGEN
Komplettiert wird die Untermaschinerie durch den Einsatz von sechs Bühnenwagen, die auf der Bühnenebene
in Schienen fahren. Die Grundfläche der Bühnenwagen entspricht der Grundfläche der Bühnenhubpodien
(15 x 4 Meter). Die Bühnenwagen lassen sich jeweils in Gruppen bis zu drei Einheiten im Seitenbühnen-,
Probebühnen- sowie im Hinterbühnenbereich lagern.
OBERMASCHINERIE
Die Einrichtungen der Obermaschinerie dienen dem vertikalen Verfahren von Bühnendekorationsteilen.
Dies können sowohl fest gebaute Dekorationswände als auch Bühnentextilien sein. Da es sich bei der
Obermaschinerie um fördertechnische Anlagen handelt, mit deren Hilfe Lasten über Kopf verfahren werden,
kommt den sicherheitstechnischen Aspekten besondere Bedeutung zu.
SZENISCHE BÜHNENBELEUCHTUNGSANLAGE
Die Beleuchtung selbst ist nicht Gegenstand der Bühnenanlagen, wohl aber die für ihren Betrieb
nötigen mechanischen Anlagen wie Hubanlagen, Windenanlagen, Gestelle, Zugänge, Kabelmanagersysteme usw.
PORTALZONE
Der Übergang zwischen Zuschauerraum und Bühne hat zwei Portale. Das eine, den Besuchern nähere
Portal, ist die vom Architekten gestaltete fix gebaute Bühnenöffnung, etwa 16 Meter breit und 10 Meter
hoch. Das dahinterliegende technische Portal ist Gegenstand der Bühnentechnik und dient der Beleuchtungstechnik.
Es besteht aus zwei Türmen und einer Brücke. Diese sind bewegbar, sodass die Größe der Bühne
in Höhe und Breite variiert werden kann, in der Breite zwischen 10 und 16 Meter. Diese Flexibilität erlaubt
es, große internationale Produktionen genauso zu spielen wie kleine Aufführungen, die nur eine Portalöffnung
von 10 bis 12 Metern benötigen.
ORCHESTERGRABEN
Im Orchestergraben wird nicht nur musiziert, er kann auch bespielt werden. Dazu ist eine Vorbühnendecke
nötig, von der aus Beleuchtung und Schnurgerüste diesen Bereich bedienen. Der Graben selbst hat drei
Orchesterpodien und eine Passerelle, auf der zwischen Orchester und Zuschauern gespielt und getanzt werden kann.
Die vier Podien können - einzeln oder gemeinsam - bis auf die Bühnenebene reichen und die Bühne
bis zur ersten Reihe ausdehnen. Umgekehrt können alle Podien bestuhlt und das Platzangebot vergrößert
werden.
Das Öko-Theater
Haustechnik - wenn gelungen, nur wenig wahrgenommen, aber …
Die Haustechnik ist ein wichtiger Teilbereich der Planungsarbeiten am Musiktheater, weil sie - falls Mängel
auftreten - die Freude am Theaterbetrieb sehr schmälern würde.
Unter der "Haustechnik" versteht man die Zusammenfassung der Bereiche in "Heizung, Klima, Lüftung,
Sanitär".
Das Klima im Zuschauerraum, Foyer, Bühne, im Künstlerbereich und in den Büros muss so gestaltet
sein, dass sich die Menschen wohlfühlen, und dass natürlich auch die Stimmbänder und die Musikinstrumente
der Künstler keinerlei Schaden nehmen. Zugluft ist unbedingt zu vermeiden.
- Die Klimabildung muss leise, ja geräuschlos erfolgen.
- Bei Luftumwälzungen müssen Staub und andere schädliche Stoffe verlässlich weggefiltert
werden.
- Die Klimaeinrichtungen dürfen die Brandsicherheit nicht gefährden.
- Der Energieaufwand soll minimiert werden. So sollen etwa die Transportwege der Luft klein gehalten werden,
weil dann auch die Ventilatorleistung klein sein wird.
- Be- und Entlüftung sind auch zeitlich zu regeln, um Energie zu sparen. Das erfordert sorgfältig geplante
Regeleinrichtungen.
- Die Planung muss Nutzungsbereiche (z. B. Bühne mit den Scheinwerfern) und die zugehörige Nutzungsdauer
(z. B. Vormittagsprobe) mit einbeziehen.
- Nachhaltigkeit - der sorgsame Umgang mit Rohstoffen - ist auch hier zu gewährleisten.
Versorgungsleitungen außerhalb des Bauwerks
Die Versorgung des Gebäudes mit Wärme für die Heizung erfolgt über einen Fernwärmeanschluss,
der aus der Abwärme der Stromproduktion der Linz AG gespeist wird. Alle für die Haustechnik nötigen
Zuleitungen wie Fernwärme, Wasser, Elektro und auch die ableitenden Kanäle sind außerhalb des Bauwerks
bereits fertig gestellt. Die erfolgten Straßenverlegungen von Blumauer-, Südtiroler- und Bahnhofstraße
beinhalten bereits die gesamte technische Infrastruktur für die geplanten bautechnischen Gewerke.
Frischluft in den Veranstaltungsräumen
Die Zufuhr von Luft in den Zuschauerraum erfolgt direkt aus dem Bodenbereich. Die entsprechend aufbereitete Luft
streicht von jedem Sitzplatz so langsam nach oben, dass keinerlei Zug entsteht. Auch die Musiker im Orchestergraben
müssen mit Frischluft versorgt werden. Ihre Pulte stehen auf vier voneinander unabhängigen, der Höhe
nach verstellbaren Podien, die je nach Operngattung positioniert werden können. Diese "Bühnen"
haben Ausströmöffnungen, durch welche die Frischluft von unten nach oben, großflächig an den
Musikern vorbeistreicht.
Stolz sind die Bauherrn, dass es gelungen ist, mit diesem höchst komplexen, öffentlichen Bauwerk dennoch
den Status eines "Niedrigstenergiehauses" zu erzielen.
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