Heftige Kritik an AGES-Plänen beim Wirtschaftsparlament
St. Pölten (nlk) - Der Ruf nach "mehr Mut, wenn es um Reformen geht" und heftige Kritik an
den Plänen, die Wirtschaft für Kontrollen der Agentur für Gesundheits- und Ernährungssicherheit
zur Kasse zu bitten - das waren zwei der Kernpunkte des Berichts von Sonja Zwazl, der Präsidentin der Wirtschaftskammer
Niederösterreich, beim Wirtschaftsparlament am 25.11.
Aus für Hacklerregelung fällig
Die Budgetkonsolidierung sei unverzichtbar, es müssten noch weitere Reformen, insbesondere im Pensionsbereich
gesetzt werden. Unter anderem drängte Zwazl auf eine sofortige Erhöhung des gesetzlichen Frauenpensionsalters
um ein Jahr, also von 60 auf 61, und ein Aus für die so genannte Hacklerregelung. Im Schnitt gehen Frauen
heute mit 57, Männer mit 59 Jahren in Pension. Frauen haben durchschnittlich 27 Pensionsjahre vor sich, Männer
22. "Das kann auf Dauer finanziell nicht gut gehen", so Zwazl vor den rund 140 Delegierten. "Mir
braucht keine Regierung mit neuen Steuervorschlägen kommen, bevor sie nicht das Pensionsproblem ernsthaft
angeht."
Staat will AGES-Kosten einfach abwälzen
Dass die Betriebe nach den Plänen des Gesundheitsministers nun für die Kontrollen der AGES, der Agentur
für Ernährungssicherheit, zur Kasse gebeten werden sollen, kommt für Zwazl nicht in Frage. Das heißt
nämlich nichts anders, als dass die Firmen - im Ausmaß von über 43 Millionen Euro - ureigenste
Aufgaben des Staates "blechen" soll. "Wenn man einer solchen Logik folgt, dann müssten etwa
auch alle Gemeindebürger jeweils ihren örtlichen Polizeiposten erhalten", so Zwazl. "Da wird
dann auch einfach ein 'Polizeipostenerhaltungsbeitrag' kassiert, ohne dass man irgendetwas angestellt hat."
"Gspür" bei Gemeinden gefragt
Angesichts der angespannten Budgetsituation in Bund, Land und Gemeinden will Zwazl im kommenden Jahr genau darauf
achten, dass die Gemeinden die Betriebe nicht über Gebühr belasten - wobei sie auch auf Wirtschaftslandesrätin
Petra Bohuslav, mit der gemeinsam zuletzt die Verlängerung der gelockerten Vergaberegeln bis Ende 2011 erreicht
wurde, als Partnerin setzt. "Bei den Gemeinden ist da sicher viel Gspür gefragt, damit sie ihre eigenen
Finanzquellen nicht zum Versiegen bringen." Bohuslav selbst betonte in ihren Grußworten, dass Niederösterreich
eine gut wachsende Wirtschaft brauche. Mit einer Wachstumsprognose von 2,1 Prozent liege das Land über dem
Bundesschnitt von 1,8 Prozent. "Es schaut gut aus."
Daten und Fakten
Die Zahl der aktiven WKNÖ-Mitglieder beträgt aktuell 80.276. Gegenüber dem Jahr 2000 bedeutet das
ein Plus von über 55 Prozent. Trotz Senkung der Kammerumlagen wurden die Service- und Beratungsangebote für
die Mitglieder massiv ausgebaut, die Betreuungsquote stieg seit 2005 um mehr als 20 Prozent. Allein zu den drei
Jahresthemen des laufenden Jahres ("Bildung forcieren und Arbeitsmarkt gestalten", "Wirtschaft in
den Regionen stärken - fit für den Aufschwung", "Wirtschaftsmotor Energieeffizienz") wurden
laut WKNÖ-Direktor Franz Wiedersich bis dato über 320 Initiativen und Maßnahmen gesetzt.
Wirtschaftsparlament drängt auf Verbesserungen für die Unternehmen
Im Zuge des Wirtschaftsparlaments wurden im Rahmen zahlreicher Anträge auch klare Positionierungen und Forderungen
zu diversen politischen Themen vorgenommen, die hier im Überblick zu finden sind. Eine der zentralen Botschaften
betrifft ein klares "Nein" zu einer neuen Massensteuer auf Getränkeverpackungen.
Konkret wird der Entwurf für ein sogenanntes Ökobonus-Modell abgelehnt. Eine Flasche Mineralwasser würde
damit um bis zu 60 Prozent teurer, der Aufwand für die Betriebe massiv erhöht. Stattdessen wird ein weiterer
sinnvoller Ausbau der bestehenden Sammel- und Verwertungssysteme verlangt.
Gemeinsam mit dem Land NÖ will die Wirtschaftskammer erreichen, dass NÖ auch nach 2013 "Ziel 2"-Gebiet
bleibt, um das Fördergefälle zu den benachbarten EU-Erweiterungsländern so gering wie möglich
zu halten.
Mitarbeiterrabatte und..
Rabatte beim Bezug von Waren- und Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber Arbeitnehmern zu Werbe- und Präsentationszwecken
gewährt werden, sollen im Ausmaß von jährlich maximal 2000 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei
bleiben.
Abschaffung der Werbeabgabe
Das europäische Unikat der Werbeabgabe soll zur Ankurbelung der Wirtschaft und zur Beseitigung von
Standortnachteilen im internationalen Wettbewerb endlich abgeschafft werden.
Die Anschaffung der jeweils am Markt verfügbaren schadstoffärmsten Fahrzeugkategorie für den gewerblichen
Verkehr soll bei LKW mit 5.000 Euro, bei Klein-LKW bzw. Kleinbussen mit 2.500 Euro und bei Bussen mit 10.000 Euro
gefördert werden.
Um die Jugendlichen besser zu erreichen sollen teils sperrige Berufsbezeichnungen durch besser verständliche
und aussagekräftige ersetzt werden. Auch bei neuen Berufsbildern ist auf entsprechend attraktive Bezeichnungen
zu achten.
Höheres Gewicht für Busse
Weil moderne Busse aus technologischen Sicherheits- und Umweltgründen immer schwerer werden, soll das höchste
zulässige Gesamtgewicht für 2-achsige Autobusse von 18 auf 20 Tonnen erhöht werden.
Wahrung von Begutachtungsfristen
Darüber hinaus pocht die Wirtschaftskammer Niederösterreich in einer Resolution auf eine effektive Einbindung
bei der Ausarbeitung von Gesetzen sowie die Wahrung ausreichender Begutachtungsfristen bei legistischen Initiativen.
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