Teilnahme an Terror-Camps wird unter Strafe gestellt
Wien (pk) - Grünes Licht gab der Justizausschuss am 24.11. für das von Bundesministerin
Claudia Bandion-Ortner geschnürte strafrechtliche Kompetenzpaket, mit dem nicht nur eine neue Kronzeugenregelung
implementiert wird: Es zielt auch darauf ab, kriminell erwirtschaftetes Vermögen wirkungsvoll zugunsten des
Staatshaushalts einziehen zu können, mehr Transparenz in die Tätigkeit staatsanwaltschaftlicher Organe
zu bringen und Strukturen zur bundesweiten, spezialisierten und zentralisierten Bekämpfung von schwerer Wirtschaftskriminalität
und Korruption zu schaffen. Im Rahmen einer getrennten Abstimmung und unter Berücksichtigung eines S-V-F-Abänderungsantrags
wurde die Regierungsvorlage teils mehrheitlich, teils einstimmig angenommen.
Eine Ausschussfeststellung betreffend Berichtspflicht der Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen
und Korruption (WKStA) wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen angenommen, eine
weitere betreffend Terrorcamps mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ mehrheitlich verabschiedet.
Außerdem ebnete man den Weg zur Ratifizierung des Übereinkommens zur Errichtung der Anti-Korruptionsakademie
in Laxenburg bei Wien als internationaler Organisation. Die diesbezügliche Regierungsvorlage passierte den
Ausschuss mit Stimmeneinhelligkeit.
Terrorismusprävention und Kronzeugenregelung im Fokus
Im Zentrum der Diskussion über das von Justizministerin Bandion-Ortner präsentierte strafrechtliche Kompetenzpaket
stand – neben Fragen betreffend der Neugestaltung der Kronzeugenregelung – auch der per Abänderungsantrag
in die Paketlösung eingefügte Terrorcamp-Paragraf 278e.
Abgeordneter Johannes Jarolim (S) bezeichnete die Regierungsvorlage als guten und richtigen Schritt. Was den Bereich
des Sozialabgabenbetrugs anbelange, wollte er unterstrichen wissen, dass besonders komplizierte Fälle dieser
Art von der WKStA aufgegriffen werden.
G-Mandatar Albert Steinhauser konnte vor allem der neuen Kronzeugenregelung einiges abgewinnen. Und auch die Berichtspflicht
bei Einstellung von Verfahren sei ein positiver Schritt, zeigte sich der Abgeordnete überzeugt. Was die WKStA
anbelange, gelte es aber sicherzustellen, dass diese unbeeinflusst arbeiten könne. Steinhauser verwies in
diesem Zusammenhang auf die von seiner Fraktion unterstützte Ausschussfeststellung. Problematisch bewertete
er die mit der Verlagerung nach Wien verbundenen Erschwernisse für AnwältInnen, ZeugInnen und Beschuldigte
– ein Punkt, den auch V-Abgeordnete Anna Franz aufgriff. Ihr Fraktionskollege Peter Ikrath bezeichnete die Regierungsvorlage
dennoch als "großen Wurf", zumal damit Versäumnisse in der Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität
aufgeholt würden.
Kritik am Kompetenzpaket – und der damit verankerten Kronzeugenregelung - kam von Seiten der FPÖ: Abgeordneter
Peter Fichtenbauer (F) kündigte schlussendlich aber die Zustimmung seiner Fraktion zur Regierungsvorlage an.
Bei der Abwägung sei man zum Entschluss gekommen, dass man zustimmen müsse, zumal es doch um Verbesserungen
gegenüber dem Status quo gehe. Die FPÖ werde außerdem auch dem Abänderungsantrag zustimmen,
hielt der Redner fest.
B-Mandatar Herbert Scheibner bewertete die Regierungsvorlage als grundsätzlich positiv. Auch die von Seiten
der Grünen kritisch beäugte Bündelung von Wirtschaftsstrafsachen in Wien sei ein vernünftiger
Schritt, sagte er. Kritik müsse man daran üben, dass bei der Anwendung der Kronzeugenregelung große
Ermessensspielräume zum Tragen kämen, was mit Unsicherheit für den Betroffenen verbunden sei. Was
den Abänderungsantrag, mit dem der Terrorparagraf verankert wird, anbelange, so könne man ihn nachvollziehen.
Kritik müsse man vielmehr an der Ausschussfeststellung betreffend Terrorcamps üben, in der man die ursprüngliche
Intention der Einführung eines solchen Straftatbestands aushöhle, meinte Scheibner. So sei es etwa nicht
zu begrüßen, dass man hier auf das Kriterium der Wissentlichkeit – die es wiederum zu beweisen gelte
– abstelle.
Auch G-Abgeordnete Daniela Musiol konnte Abänderungsantrag und Ausschussfeststellung keine Zustimmung erteilen.
Wie man mit dem Widerstand gegen das Terrorpräventionsgesetz umgehe, sei schlicht nicht korrekt. Schließlich
gelte es die heute in die Paketlösung integrierten Paragrafen unter Einbeziehung von ExpertInnen zu diskutieren,
anstelle ein "Flickenwerk" herzustellen, stand für sie und ihren Fraktionskollegen Albert Steinhauser
fest.
Kritik an der Ausschussfeststellung betreffend Terrorcamps kam auch von V-Abgeordneter Karin Hakl. Sie zeigte Befremden
über die Legitimation von Terrorcamps, sofern die beabsichtigte Straftat auf die (Wieder-)Herstellung demokratischer
und rechtsstaatlicher Verhältnisse, die Unterstützung gesetzlich anerkannter Schutzziele oder die Ausübung
bzw. Wahrung von Menschenrechten ausgerichtet ist. Das könne man aus demokratiepolitischen Gründen nicht
gutheißen, stand für Hakl fest.
Justizministerin Claudia Bandion-Ortner kam zunächst auf die Vorteile zu sprechen, die mit der Bündelung
der großen Wirtschaftsstrafverfahren in Wien einhergingen. Dazu zähle, so die Ministerin, nicht zuletzt
die Möglichkeit, an einem Standort beste infrastrukturelle Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen zu
können. Für Aussagen nach Wien zu reisen, sei ZeugInnen und Beschuldigten durchaus zumutbar, doch gebe
es auch die Möglichkeit von Video-Konferenzen, räumte sie ein. Zu Planstellenverlagerungen werde es nicht
kommen, denn das Ressort habe neue Planstellen für den Ausbau dieser Einheit erhalten.
Was die Informationspflicht der WKStA anbelange, so könne man durchaus darauf vertrauen, dass es bei einer
reinen Informationspflicht bleibe. Die Kronzeugenregelung sei außerdem so angelegt, hielt Bandion-Ortner
in Richtung Abgeordnetem Scheibner fest, dass man nicht jeder Person, die als Kronzeuge fungieren möchte,
versichern könne, ob sie auch tatsächlich frei gehen werde. Hier gelte es, den Einzelfall zu prüfen.
Oppositionsanträge zum Themenbereich Strafrecht
Auf der Tagesordnung des Justizausschusses stand zudem eine Reihe von Oppositionsanträgen, die sich mit einzelnen
strafrechtlichen Bestimmungen auseinandersetzten.
So soll nach Auffassung der Freiheitlichen die strafrechtliche Verantwortlichkeit krimineller Bank- und Finanzdienstleistungsmanager
gewährleistet werden. Wer im Rahmen einer Versammlung an einer Schlägerei oder einem Angriff mehrerer
tätlich teilnehme, sei überdies mit einer bis zu einjährigen Freiheitsstrafe zu bedrohen, stand
für F-Abgeordneten Herbert Werner fest. Da auch Unbeteiligte bei solchen Schlägereien schon zu Schaden
gekommen wären, fordere man eine diesbezügliche Novellierung des Strafgesetzbuchs – ein Ansinnen, das
G-Mandatarin Daniela Musiol nicht verstehen konnte, zumal diese Forderung nicht mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit
vereinbar sei. Und auch S-Abgeordneter Hannes Fazekas wollte die Versammlungsfreiheit nicht unter gewisse Bedingungen
gestellt wissen.
In einem weiteren Antrag spricht sich die FPÖ außerdem dafür aus, Personen, die einen Beamten wissentlich
falsch verdächtigen, mit einer Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren zu belegen . Justizministerin
Bandion-Ortner konnte hier aber keinen Regelungsbedarf feststellen, zumal der Straftatbestand der Verleumdung bereits
bestehe. Die Anträge der FPÖ wurden nur von Seiten des BZÖ unterstützt und blieben damit in
der Minderheit.
Eine Änderung im Strafgesetzbuch forderte auch die Grüne Fraktion: Die Definition des Begriffs Folter
soll an die Definition der UN-Konvention angeglichen, die Anwendung von Foltermitteln mit bis zu zehn Jahren –
und im Falle von Dauerfolgen oder Tod des Opfers mit bis zu 15 Jahren – bedroht werden. Der diesbezügliche
Entschließungsantrag wurde unter Hinweis auf eine bereits angelaufene Überarbeitung der Folterdefinition
mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt.
Die Anträge des BZÖ betreffend verbesserter Kampf gegen Wirtschaftskriminalität und Verankerung
des Tatbestands der "Terrorismusausbildung" im Strafgesetzbuch wurden abgelehnt. Ebenso erging es einem
weiteren durch das Kompetenzpaket obsolet gewordenen Entschließungsantrag der Abgeordneten Martin Strutz,
Josef Jury und Maximilian Linder.
Kinder müssen vor sexueller Ausbeutung geschützt werden
Desweiteren sprach sich der Ausschuss einstimmig für die Ratifizierung des Übereinkommens des Europarats
zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch aus. Ebenfalls mit Stimmeneinhelligkeit
wurde der Ratifizierung des Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung
mit der Republik Mauritius der Weg geebnet.
Der Antrag des BZÖ betreffend Abschaffung der Verjährungsfristen von sexuellen Übergriffen auf Minderjährige
fand hingegen keine Mehrheit.
Die beiden F-Entschließungsanträge betreffend Gepäckscanner in der Justizanstalt Wien Josefstadt
und sinnvolle Sparmaßnahmen für die Budgeteinsparungen 2011 wurden vertagt. Was den ersten Antrag betreffe,
so sei er hinfällig, da bereits ein Gepäckscanner installiert wurde, erläuterte Justizministerin
Bandion-Ortner. Über Einsparungspotentiale im Justizbereich wolle man außerdem erst nach Vorliegen des
Budgetbegleitgesetzes sprechen, hielt S-Abgeordneter Peter Wittmann F-Mandatar Christian Lausch entgegen. |